Wenn Husten auf die Nerven geht |
| Caroline Wendt |
| 24.10.2025 08:00 Uhr |
Zärtlich husten: Indem man in eine geballte Faust hustet, sodass sich die Wangen leicht aufblasen, kann man einen leichten Überdruck erzeugen und so nervigen Reizhusten lindern. / © Getty Images/Kobus Louw
»Man muss zwischen gutem und schlechtem Husten unterscheiden«, sagte der Pulmologe aus Ulm bei einer digitalen Pressekonferenz des Unternehmens Opella. Husten sei ein überlebenswichtiger Schutzreflex, der uns etwa beim Verschlucken oder beim Einatmen von Schadstoffen wie Rauchgasen helfe. »Ohne Hustenreflex wären wir deutlich schlechter geschützt«, so der Experte. Auch der trockene Husten, der häufig zu Beginn einer Infektion auftritt, zählt laut Barczok zu diesem »guten Husten«. In der Therapie sei es daher wichtig, diesen Abwehrmechanismus möglichst zu erhalten.
Nach der ersten trockenen Phase wird der Husten oft produktiver. Dann können pflanzliche Schleimlöser wie Eukalyptus oder Thymian sowie synthetische Wirkstoffe wie Acetylcystein oder Ambroxol helfen. Doch Vorsicht: »Was bei produktivem Husten sinnvoll ist, kann bei trockenem Husten kontraproduktiv sein«, sensibilisierte der Experte. Ein »normal« flüssiges Sekret werde durch Sekretolytika zu dünnflüssig und sacke ab, statt abgehustet zu werden.
Nach der akuten Phase kann sich eine subakute Phase anschließen, in der sich Patienten bis zu acht Wochen mit trockenem Reizhusten quälen. Dieser Husten hat sich vom ursprünglichen Infekt gelöst. »Das bezeichne ich als schlechten Husten«, so Barczok. Er bringe keine Erleichterung und trage nicht zur Genesung bei. Im Gegenteil: Solch ein Husten mache krank, weil er die Betroffenen zermürbe.
Was spielt sich eigentlich bei einem Dauerhusten pathophysiologisch in unseren Atemwegen ab? Der Mediziner verglich das Problem mit Karies: »Solange die Zähne intakt sind, ist alles gut – erst bei Löchern entstehen Schmerzen.« Ähnlich verhalte es sich mit der Lungenschleimhaut: Ist sie durch einen Infekt geschädigt, reagieren die Hustenrezeptoren besonders empfindlich. »Die Nervenenden liegen frei und können deshalb leicht gereizt werden.« Zwar könne sich die Schleimhaut grundsätzlich wieder regenerieren, dafür brauche sie jedoch Ruhe – die sie bei ständigem Husten nicht bekommt. »So landen die Patienten in einem nicht enden wollenden Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt«, so der Lungenfacharzt.
Der Mediziner ging weiter ins Detail: »Bevor man hustet, holt man tief Luft und jagt sie dann mit Orkanstärke aus den Bronchien heraus.« Dabei entsteht in den Atemwegen ein Unterdruck – denn wo vorher Luft war, ist plötzlich nichts mehr. Dieses Vakuum könne dazu führen, dass die Bronchien schier in sich zusammenfallen. Statt rund sind sie nun oval, und die Nervenenden der gegenüberliegenden Seiten berühren sich. »Die melden dann nach oben: ›Da steckt was – bitte husten!‹«, so Barczok. Die Schleimhäute schwellen daraufhin an, und der Husten verstärkt sich weiter. Zudem würden die Nervenfasern immer empfindlicher und es entstünden sogar neue.
Um das Kollabieren der Bronchien zu verhindern, empfiehlt der Lungenfacharzt einfache Übungen aus der Atemtherapie. Beim Husten solle man versuchen, einen leichten Überdruck im Rachenraum zu erzeugen, etwa indem man in eine geballte Faust hustet – sodass sich die Wangen leicht aufblasen. »Dieser Überdruck sorgt dafür, dass die Bronchien ein Stück weit auseinandergehalten werden und sich bestenfalls nur zärtlich küssen«, erklärt Barczok.
So komme die Schleimhaut zur Ruhe – und man schaffe zugleich günstige Voraussetzungen für Arzneimittel, die in die gleiche Richtung wirken. »In einen dauerkreisenden Husten lässt sich nur schlecht mit Medikamenten eingreifen, werden sie aber mit einer guten Hustentechnik kombiniert, besteht eine gute Chance«, so Barczok. »Man darf Husten nicht einfach blocken, man muss ihn filtern und weiterentwickeln«, so sein Credo.
Reizlindernde Stoffe wie Isländisch Moos oder Eibisch benetzen die Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum und lindern das trockene Gefühl im Hals. In tieferen Atemwegspartien entfalten sie Barczok zufolge jedoch kaum Wirkung.
Die verschreibungspflichtigen Antitussiva Codein, Dihydrocodein und Noscapin wirken in erster Linie über Rezeptoren im Zentralen Nervenzentrum (ZNS). Bei den Hustenstillern aus dem OTC-Bereich sieht es etwas heterogener aus: Während Dextromethorphan seine Wirksamkeit ebenfalls über zentrale Rezeptoren vermittelt, verfügt Pentoxyverin wahrscheinlich sowohl über einen zentralen als auch über einen peripheren Wirkmechanismus. »Der Nachteil dieser zentral wirkenden Mittel ist, dass sie den Hustenreflex undifferenziert unterdrücken – und damit auch den sinnvollen Husten erschweren«, so Barczok. »Damit erreicht man zwar Ruhe, aber es ist eine Grabesruhe – das will ich beim Husten nicht«, so Barczok.
Um gezielt den unsinnigen Reizhusten zu behandeln, empfiehlt der Experte den Wirkstoff Levodropropizin (zum Beispiel in Mucosilent®). Dieser Arzneistoff wirkt peripher, also direkt an den Hustenrezeptoren in den Bronchien. Dort reduziert er die Erregbarkeit der Nervenenden und unterbricht so den Teufelskreis des Dauerhustens – ohne den sinnvollen Hustenreflex zu blockieren. Levodropropizin ist als Lösung oder Tropfen zum Einnehmen erhältlich und kann sowohl von Erwachsenen als auch von Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren angewendet werden.