Wenn Schnelltests falsch liegen |
Ein selbst durchgeführter Schnelltest birgt immer Unsicherheiten und ist niemals ein Freifahrtschein. / Foto: Adobe Stock/nito
Anwendungsfehler, die das Testergebnis in irgendeiner Weise verfälschen können, kommen laut Robert-Koch-Institut (RKI) regelmäßig vor. Beispielsweise, wenn »vorher gegessen oder getrunken wurde oder die Zähne geputzt wurden«. Aber auch die zu geringe Spezifität eines Schnelltests könne bei falsch-positiven Ergebnissen das Problem sein, so das RKI.
Die Spezifität gibt an, wie viele Nicht-Infizierte korrekt ein negatives Ergebnis erhalten. Bei einem PCR-Test liegt diese bei nahezu 100 Prozent, bei einem Schnelltest nicht.
Die Sensitivität wiederum gibt den Anteil der mit dem Virus Infizierten an, die tatsächlich korrekt ein positives Testergebnis erhalten.
Bekommt eine Person ein positives Testergebnis, obwohl keine SARS-CoV-2-Infektion vorliegt, spricht man von einem falsch-positiven Ergebnis. Wird ein Infizierter nicht als solcher erkannt, ist das Ergebnis falsch-negativ.
Ein positives Ergebnis bei einem offiziellen Schnelltest muss an das Gesundheitsamt gemeldet werden, so das RKI. Allein bei Unsicherheiten, ob der Test korrekt durchgeführt wurde, könne das Testzentrum entscheiden, ob ein zweiter Schnelltest gemacht werde. Nach einem positiven Ergebnis kann dort oft auch der Abstrich für den viel zuverlässigeren PCR-Test folgen.
Dieser bestätige in durchschnittlich 50 bis 60 Prozent der Fälle das Schnelltest-Ergebnis, erläutert das RKI. 40 bis 50 Prozent der einen positiven Befund anzeigenden Schnelltests sind also falsch-positiv. Das RKI stützt sich dabei auf die Ergebnisse einer Sonderbefragung von Laboren.
Die Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) nennen ähnliche Zahlen: Ihr Vorstandschef Michael Müller sprach jüngst von einem Anteil von 30 bis 50 Prozent falsch-positiver Schnelltests. Die Zahl stamme aus ersten Auswertungen einzelner Labore und Meldedaten, teilen die ALM auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Sie schwanke allerdings und sei abhängig von der Qualität der verwendeten Tests und der Probenentnahme, von der Testsituation (Testzentrum, Arztpraxis, Apotheke oder Pflegeheim) sowie davon, ob Menschen mit oder ohne Symptome getestet würden. Fakt ist: Relativ viele Menschen stellen sich trotz eines positiven Schnelltests beim genaueren PCR-Test als nicht infiziert heraus.
Hinsichtlich der Ansteckungsgefahr, sieht das RKI eine größere Gefahr von falsch-negativen Tests ausgehen. »Es werden immer wieder Infektionsketten bekannt, die auf Treffen zurückgehen, bei denen alle im Schnell- oder Selbsttest zuvor negativ getestet waren.«
Das Problem: Die Schnelltests schlagen am besten bei einer hohen Viruslast an. Infizierte mit geringer Viruslast – etwa zu Beginn oder beim Abklingen der Erkrankung – werden möglicherweise nicht entdeckt.
Ein Rechenbeispiel: Geht man davon aus, dass in einer Gruppe von 10.000 Getesteten 1000 tatsächlich das Coronavirus tragen, dann könnten mindestens 50 dieser Infizierten im Selbsttest fälschlicherweise ein negatives Ergebnis bekommen. Sie nähmen an, nicht infiziert zu sein – und stecken so womöglich weitere Menschen an.
»Ein negatives Ergebnis im Antigen-Test schließt eine Infektion nicht aus, insbesondere, wenn eine niedrige Viruslast vorliegt«, so das RKI. Auch bei korrekter Durchführung sei es »lediglich weniger wahrscheinlich«, ansteckend zu sein. Zudem sei die Aussagekraft zeitlich begrenzt – schon am nächsten Tag kann das Ergebnis anders sein. Daher ist ein negatives Ergebnis kein Freifahrtschein, die Corona-Regeln zu missachten. Man könne sich nicht »freitesten« und solle unbedingt immer die anderen schützenden Verhaltensweisen beibehalten: Abstand, Handhygiene, Maske tragen, lüften. Das helfe auch dabei, sich nicht selbst anzustecken.
Virologen weisen seit Längerem auf diese Grenzen bei den Schnelltests hin – so auch Christian Drosten von der Berliner Charité. Beim Test eines Infizierten direkt zu Symptombeginn gebe es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass der Antigen-Schnelltest noch nicht positiv sei, so der Virologe Mitte April im Podcast »Coronavirus-Update« von NDR Info. Während ein PCR-Test schon seit zwei, drei Tagen ein positives Ergebnis anzeigen würde, werde man im Antigentest erst am nächsten Tag positiv. Man dürfe sich nach einem negativen Schnelltest nicht in falscher Sicherheit wiegen. Der Einsatz von Schnelltests bei Menschen mit Symptomen und die regelmäßige Anwendung etwa in Schulklassen und am Arbeitsplatz seien dennoch sinnvoll.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.