Wenn sich Halbwissende für besonders schlau halten |
Doch warum existiert eine solche kognitive Verzerrung überhaupt, wenn sie doch so viele negative Folgen haben kann? Zum einen stärkt Selbstüberschätzung das Selbstwertgefühl und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, wie der Hamburger Experte Erb erklärt. »Und wer sich selbst mehr zutraut, erreicht meist auch mehr.« Von sich überzeugte Unwissende kämen im Beruf oft weiter als klügere Tiefstapler. Das liege auch am Einfluss auf andere: Selbstüberschätzer würden oft als besonders kompetent und entschlussfreudig wahrgenommen.
In der Fachliteratur hat der Dunning-Kruger-Effekt kaum Eingang gefunden – wohl auch, weil er gar zu trivial scheint. Darüber hinaus gibt es durchaus kritische Stimmen zur Originalarbeit von 1999. Der Mathematiker Eric Gaze vom Bowdoin College in Brunswick (USA) gab im vergangenen Jahr bei »The Conversation«, einer Plattform für Beiträge von Forschern und Akademikern, zu bedenken, dass der mathematische Ansatz, mit dem der Effekt nachgewiesen wurde, möglicherweise falsch ist. Die Rechenmethode übertreibe die Überschätzung der unteren 25 Prozent der Teilnehmer, so Gaze.
Dunning erklärte dazu, dass für die Kritik nur die ursprüngliche Studie berücksichtigt werde. Danach sei der Zusammenhang aber in einer Reihe weiterer Analysen geprüft worden. Wenn es auch womöglich statistisch bedingte Einschränkungen gebe, an dem Zusammenhang an sich zweifle er nicht, sagt Erb. »Ich glaube an den Dunning-Kruger-Effekt.«