WHO empfiehlt Malaria-Impfstoff für Kinder |
Zusammen mit anderen Schutzmaßnahmen wie Moskitonetzen ist die Effektivität der Malaria-Impfung hoch, schätzt die WHO. / Foto: Adobe Stock/panyawat
Das Vakzin »RTS,S/AS01« solle an Kinder in Afrika südlich der Sahara und in anderen Malaria-Regionen verabreicht werden, hieß es letzten Mittwoch von der UN-Behörde in Genf. »Dies ist ein historischer Moment«, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Zusammen mit bisherigen Präventionsmaßnahmen könnten nun jährlich Zehntausende junge Leben gerettet werden.
Die Empfehlung beruht auf Pilotversuchen mit rund 800.000 Kindern in Ghana, Kenia und Malawi. Unter den jungen Geimpften sind tödliche Krankheitsverläufe laut der WHO um 30 Prozent zurückgegangen. Das Vakzin sei sicher, betonte Tedros.
Jedes Jahr gibt es rund 200 Millionen Malaria-Infektionen, überwiegend in Afrika. Viele Menschen stecken sich mehrmals im Jahr an. 400.000 Menschen sterben jährlich dadurch, vor allem Kinder unter fünf Jahren. 94 Prozent der Malaria-Todesfälle verzeichnen afrikanische Länder.
Vor rund 20 Jahren wurde der Schutz vor Mückenstichen in Malaria-Gebieten intensiviert, unter anderem durch den Einsatz von Moskitonetzen für die Nacht, die mit Insektiziden behandelt sind. Dadurch gingen die Infektionszahlen zurück. Seit ein paar Jahren stagnierten sie aber.
Malaria wird durch Plasmodium-Parasiten ausgelöst, die durch infizierte Mücken auf Menschen übertragen werden. Infizierte bekommen oft Fieber und Schüttelfrost und leiden an Übelkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen und Müdigkeit. Bei schweren Verläufen kommen unter anderem Atemnot, Krämpfe und Blutungen hinzu, die meisten schwer betroffenen Menschen sterben ohne ärztliche Behandlung. Der Impfstoff wirkt gegen den tödlichsten mehrerer Malaria-Parasiten, Plasmodium falciparum.
Eine nachhaltige Lösung dieses Problems ist nur mithilfe von gut wirksamen und verträglichen Impfstoffen zu erreichen. Diese zu entwickeln, erwies sich als äußert schwierig. Höhen und Tiefen begleiteten die Entwicklung von Schutzimpfstoffen gegen Malaria.
Den Impfstoff RTS,S/AS01 entwickelte das britische Pharmaunternehmen Glaxo-Smith-Kline (GSK). Unterstützt wurde das Unternehmen von der Malaria-Impfstoff-Initiative der gemeinnützigen Organisation PATH, die auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung Geld erhält. 2015 erhielt der GSK-Impfstoff ein positives Votum von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Danach begannen die Pilotversuche.
Der Impfstoff enthält zwei relevante Bereiche (Epitope) eines Proteins des Malariaerregers Plasmodium falciparum. Diese Epitope wurden an ein Hepatitis-B-Oberflächen-Antigen fusioniert. Zusätzlich enthält der Impfstoff auch ein freies Hepatitis-B-Oberflächen-Antigen. Die Vakzine schützt demnach auch vor Hepatitis B, aber nicht gegen Plasmodium vivax, den außerhalb von Afrika vorherrschenden Malariaerreger. Die RTS,S-Vakzine wird gentechnisch hergestellt. Die resultierenden virusähnlichen Partikel werden mit einem liposomalen Adjuvans (AS01) kombiniert.
Von 2009 bis 2014 wurde RTS,S/AS01 im Rahmen einer Phase-III-Studie in elf Endemiegebieten in sieben afrikanischen Ländern an insgesamt 15.460 Säuglingen und Kleinkindern getestet. Drei Dosen des Impfstoffs, die im Abstand von je einem Monat verabreicht wurden, führten in den ersten 200 Tagen zu einer Wirksamkeit von knapp über 50 Prozent. In der insgesamt 18-monatigen Nachverfolgungsperiode reichte die Gesamteffektivität, je nach Falldefinition und Altersgruppe, von 5 bis 45 Prozent.
Zwei Jahre nach dem initialen Dreidosen-Impfschema erhielt ein Teil der Studienkinder eine einmalig Booster-Impfung. Nach weiteren zwei Jahren, also vier Jahre nach der Grundimmunisierung, lag die Wirksamkeit der Impfung ohne Booster bei 28 Prozent, in der Boostergruppe bei 36 Prozent.
In Kombination mit bewährten präventiven Maßnahmen wie dem Gebrauch von insektizidbehandelten Moskitonetzen schätzt die WHO die Effektivität der Impfung im »wahren Leben« auf etwa 90 Prozent.