Wie die Haut vor Gefäßschäden warnt |
Hautverfärbungen im Blick: Was bedeuten blaue, rötliche oder weiße Hautmale? / © Getty Images/hjalmeida
Durchblutungsstörungen in Armen und Beinen sind nicht gerade selten. Bis zu 10 Prozent der Menschen in Deutschland haben nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) Gefäßschäden entweder an den Arterien oder den Venen. Sowohl bei einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) als auch bei einer Veneninsuffizienz können sich dauerhaft rote Stellen an Zehen, Fuß oder Unterschenkeln bilden, die mit der Zeit schmerzen oder anschwellen. Sind die Hautpartien akut entzündet oder tritt Fieber auf, sollten Betroffene ärztlichen Rat am besten von einem Gefäßspezialisten einholen, rät Dr. Thomas Karl, Leiter der Kommission Hygiene, Wunde und septische Gefäßchirurgie der DGG in einer aktuellen Pressemitteilung.
Worin unterscheiden sich die rot verfärbten Hautmale? Grundsätzlich spricht man von einer PAVK, wenn Arterien des Beckens und der Beine so stark von Plaques – also Ablagerungen von Blutfett- und Eiweißbestandteilen, von Calciumverbindungen und Bindegewebe sowie von Mikrothromben – eingeengt sind, dass das Gewebe nicht mehr optimal mit Blut und Sauerstoff versorgt werden kann. An Gefäßablagerungen können sich besonders leicht Blutgerinnsel bilden. Diese Mangelversorgung lässt Krämpfe und Schmerzen im Bein entstehen, wo sich die Gefäßeinengung befindet. Und das macht sich auch an der Haut bemerkbar. Die Rotverfärbung, ebenso wie der Schmerz, ist Ausdruck von massiven Arteriosklerose-bedingten Engpässen in den Blutgefäßen.
Die Beschwerden treten immer mal wieder und dann auch immer häufiger nach etwa der gleichen Gehstrecke auf und können sich im Laufe der Zeit intensivieren. Und auch wenn die pAVK (noch) keine Symptome verursacht: Sie vervierfacht das Risiko, in den nächsten zehn Jahren an einem kardiovaskulären Ereignis zu sterben. Der Grund: Herzinfarkt, Schlaganfall und pAVK sind unterschiedliche Erscheinungsformen derselben Grunderkrankung – der Arteriosklerose. Die Blutgerinnsel können in alle Körperregionen gespült werden.
Verfärben sich die roten Flecken ins Bronzefarbene, deutet das hingegen eher auf Störungen in den »gegenläufigen« Gefäßen, also den Venen, hin. »Die Venenklappen schließen in einem solchen Fall nicht mehr richtig«, erläutert Karl, der in Heilbronn das Zentrum für Gefäß- und Endovascularchirurgie der SLK-Kliniken leitet. Dadurch staut sich Blut in den Beinen. Der Druck, der so entsteht, lässt den Blutfarbstoff Hämoglobin ins Gewebe austreten. Eisenpigment verfärbt dann die Haut bräunlich. »Infolge der Venenschwäche können auch Krampfadern entstehen«, so Karl, »ebenso bindegewebige Verhärtungen, Geschwüre und offene Wunden.«
Mit Ausnahme der kleinen rot-bläulichen Gefäße, die als Besenreiser durch die Haut schimmern, »sind Krampfadern nie nur Schönheitsfehler«. Im Laufe von Jahren können sich sichtbare Krampfadern an der Beinoberfläche immer mehr erweitern und zu einer Schwellungsneigung und einem Schweregefühl im Bein führen. Bereits vorgeschädigte, also erweiterte Venen dehnen sich bei Wärme noch mehr aus und verlieren dadurch weiter an Elastizität. Die Venenklappen, die eigentlich den Blutrückfluss in die Beine verhindern sollen, schließen noch schlechter als ohnehin schon. Das Blut sackt bis zur Knöchelregion hin ab. Hinzu kommt eine erhöhte Durchlässigkeit der Venenwände, sodass Flüssigkeit im Gewebe liegen bleibt, oftmals direkt sicht- und tastbar in der Knöchelregion. Ausdruck dessen sind Schwellungen und Schmerzen im Bein. In jedem Fall ist bei einer Veneninsuffizienz laut Karl einen Kompressionstherapie erforderlich.
Sollten sich Zehen blau verfärben, kann eine dringend behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegen. Dazu zählen unter anderem eine Herzinsuffizienz, eine Venenthrombose oder auch eine Durchblutungsstörung der Arterien. »Beim sogenannten Blue-toe-Syndrom, einer speziellen Form der arteriellen Durchblutungsstörung, verstopfen Ablagerungen der Gefäßwand die kleinsten Blutgefäße im Fuß. Hier handelt es sich um einen Notfall!«
Wird ein Fuß leichenblass, begleitet von Gefühls- und Beweglichkeitsstörungen, kann ebenfalls eine kritische Durchblutungsstörung vorliegen. »Dann ist allergrößte Eile geboten. Betroffene sollten sofort eine Gefäßchirurgie aufsuchen«, betont der DGG-Experte. Können die Gefäße nicht wieder durchlässig gemacht werden, könne gar eine Amputation nötig sein.
Mit dem sogenannten Tricolore-Phänomen – den drei Farben weiß, blau, rot – an Fingern und Hand zeigt sich das Raynaud-Syndrom, eine Durchblutungsstörung, die Frauen viel häufiger trifft als Männer. Der anfallsartige Farbwechsel wird oft bei Kälte oder emotionaler Belastung getriggert und verläuft typischerweise in drei Phasen: Zunächst setzt ein Gefäßkrampf ein, der eine Minderversorgung mit Sauerstoff auslöst – die Haut wird blass. »Daraufhin weiten sich die Venen, was zu einer bläulichen Verfärbung führt«, erläutert Karl. Zuletzt folgt eine verstärkte Durchblutung, die die Haut rötet. »Im Normalfall ist das Raynaud-Syndrom harmlos«, ordnet der Experte ein. Die Therapie bestehe darin, Auslöser wie etwa eine Kälteexposition zu meiden.
Erscheinen auf der Haut schwarze Flecken, versetzt uns das oft in Unruhe –zu Recht. Denn nicht nur schwarzer Hautkrebs zeigt sich auf diese Weise. »Auch abgestorbenes Gewebe, das nicht mehr durchblutet wird, kann schwarz aussehen«, heißt es in der Pressemitteilung der DGG. Treten solche Nekrosen an Zehen oder Füßen auf – vor allem bei Menschen mit Diabetes –, sollte man sich sofort in eine Gefäßchirurgie begeben. Die abgestorbenen Partien müssen entfernt werden. »Ist der Prozess weit fortgeschritten und kommt noch eine Infektion hinzu, lässt sich eine Amputation leider oft nicht mehr vermeiden«, betont der Gefäßspezialist.
Ob schwarz, braun, blau, weiß oder rot: Für alle Hautveränderungen, die als Folge verengter Arterien oder schwacher Venen entstehen, sind Gefäßzentren die richtige Anlaufstelle, informiert die DDG. Zur Klärung, ob tatsächlich eine Durchblutungsstörung vorliegt, dienen Anamnese, klinische Untersuchung und apparative Diagnostik wie Ultraschall, Kernspin- oder Computertomografie. »Mit einem Stent, einem Bypass oder einer Ausschälplastik können wir die arterielle Durchblutung wieder verbessern«, so Karl. Bei Krampfadern kommen Operation, Verödung oder Laser infrage – das entlastet nicht nur das Venensystem, sondern verschönert häufig auch die Optik.