Wie gefährlich sind Pubertätsblocker? |
Auch Jakob Maske betont, dass Pubertätsblocker nicht ungefährlich sind. Eine Nebenwirkung sei zum Beispiel, dass das Wachstum gehemmt werde. Die Wirkung der Pubertätsblocker ist reversibel – wenn man sie absetzt, beginnt die Geschlechtsreife. »Das Wachstum ist aber unter Umständen nicht wieder aufholbar.«
Die Medikamente könnten sich auch auf die Stimmung, den Kreislauf und vor allem auf die Libido auswirken, sagt Maske. Letzteres sei »kontraproduktiv«, wenn der Wunsch sei, dass das Kind durch die längere Bedenkzeit doch das biologische Geschlecht akzeptiere. Wenn kein sexuelles Interesse am anderen Geschlecht vorhanden sei, fühle sich das Kind eher bestätigt, dem falschen Geschlecht anzugehören.
Dass Jugendliche, die ihre Pubertät mit Medikamenten unterbrachen, danach das biologische Geschlecht behalten wollen, scheint die Ausnahme: Eine Studie aus den Niederlanden, die im Oktober in »The Lancet Child & Adolescent Health Journal« publiziert wurde, lässt das Gegenteil vermuten: 704 von 720 Jugendlichen, die Pubertätsblocker eingenommen hatten, nahmen als Erwachsene Hormone ein, die ihr Geschlecht veränderten.
Spricht das nun dafür, dass Pubertätsblocker nur diejenigen bekamen, die sie wirklich brauchten? Oder haben die Pubertätsblocker einen Weg geebnet, den die Kinder ohne diese Medikamente nicht beschritten hätten? Die Hauptautorin der niederländischen Studie findet die Ergebnisse beruhigend: Die überwiegende Mehrheit verwende weiterhin Hormone zur Geschlechtsanpassung, »was im Kontext der wachsenden öffentlichen Besorgnis über das Bedauern von Geschlechtsanpassung beruhigend ist«, schreibt Marianne van der Loos von der Freien Universität Amsterdam.
In den Niederlanden gibt es schon seit Ende der 1990er Jahre ein Protokoll zur Behandlung juveniler Geschlechtsdysphorie. Nach einer »gründlichen Diagnostik«, so van der Loos, bekommen die Jugendlichen zuerst Pubertätsblocker, um Zeit zu gewinnen und ihnen Belastungen zu ersparen. Ab 15 oder 16 Jahren können diejenigen, die weiterhin das Geschlecht wechseln wollen, mit einer dauerhaften Hormonbehandlung beginnen.
In anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien werde versucht, den Einsatz von Pubertätsblockern und Hormonbehandlungen unter 18 Jahren einzuschränken oder zu verbieten, heißt es in dem Artikel. Dabei hätten Kurzzeitstudien »die positiven Auswirkungen einer Behandlung zur Unterdrückung der Pubertät auf die geistige und körperliche Gesundheit von Jugendlichen gezeigt«. Allerdings fehlten Langzeit-Daten.
Ob Gender-Wechsel nun ein Modethema ist oder sich nur mehr Betroffenen an die Öffentlichkeit trauen statt »lebenslang in der falschen Haut zu leben« – Kinderarzt Maske will das nicht entscheiden. Wichtiger ist ihm ein anderer Punkt: »Jedes Kind braucht eine individuelle Beratung vor Beginn einer solchen Therapie und muss dann engmaschig betreut werden.«