Wie lange hält der Schutz der Covid-19-Impfungen an? |
Schutz vor Ansteckung mit Symptomen ist nur ein Aspekt bei der Frage nach der Dauer des Impfschutzes. Ein anderer ist der Schutz vor einer schweren Erkrankung, die mit Hospitalisierung, Beatmung oder gar Tod einhergehen kann. »Dieser Schutz ist bei allen Impfstoffen nach einem halben Jahr noch fast genauso hoch wie zu Beginn«, betont Sander.
Das RKI schätzt die Impfeffektivität alle zugelassenen Impfstoffe gegen Covid-19 in seinem Wochenbericht für die Kalenderwochen 35 bis 38: Demnach beträgt der Schutz vor Hospitalisierung bei den 18- bis 59-Jährigen 93 Prozent und in der Altersgruppe ab 60 Jahren etwa 89 Prozent. Der Schutz vor Behandlung auf der Intensivstation liegt in der jüngeren Gruppe demnach bei 96 Prozent und in der älteren bei 94 Prozent, den Schutz vor Tod beziffert das Institut in den beiden Altersgruppen mit 97 und 88 Prozent.
»Der Schutz vor der schweren Erkrankung bleibt intakt – mit Ausnahme von alten und immunsupprimierten Menschen«, betont Sander. »Und deswegen wird diesen Menschen jetzt auch ein Angebot für die dritte Impfung gemacht.« Tatsächlich veröffentlichte die Ständige Impfkommission (STIKO) kürzlich eine Empfehlung, der zufolge Menschen mit geschwächtem Immunsystem eine Auffrischungsimpfung bekommen sollten. Für ältere Menschen gilt diese Empfehlung noch nicht – dennoch können sich diese nach ärztlicher Beratung hierzulande bereits boostern lassen.
Sander erläutert, dass seine Dauer und Stärke sowohl von individuellen Faktoren als auch der Art der Impfung und des Erregers beeinflusst werden: »SARS-CoV-2 ist ein sehr ansteckender Erreger, der die Atemwege infiziert, sich dort repliziert und direkt weitergegeben werden kann. Deswegen ist es sehr viel schwieriger, dagegen einen kompletten Immunschutz aufzubauen als gegen andere Erreger, die erst einmal durch den Blutstrom müssen.«
Welche Rolle zudem das Aufkommen der Delta-Variante spielt, veranschaulicht Watzl anhand eines Vergleichs mit einem Regenschirm: »Je nachdem, wie gut der Impfstoff und mein Immunsystem waren, desto größer oder kleiner ist der Regenschirm. Wenn es ganz normal regnet, bleibe ich trocken. Aber bei einem starken Sturm, der auch von der Seite kommt, werde ich trotz Regenschirms nass.« Die Delta-Variante mit der wesentlich höheren Viruslast und einem hohen Ansteckungspotenzial stelle einen solchen Sturm dar.
Heißt das, dass jedes Jahr ein neuer Regenschirm nötig ist, man also ähnlich wie beim Grippe-Virus eine jährliche Impfung braucht? Sander glaubt das nicht: »Das Grippe-Virus ist sehr variabel und baut sich jedes Jahr neu zusammen, so dass der Impfschutz vom letzten Jahr nicht mehr wirken kann. Das liegt aber am Virus.« Coronaviren seien dazu nicht fähig: Sie mutierten zwar und tauschten einzelne Bausteine aus, was die Antikörper-Antwort schwächen könne. Eine dritte Impfung würde aber dennoch langwierigen Schutz aufbauen.
Zudem werde jeder über kurz oder lang mit dem Erreger in Kontakt kommen, was den Impfschutz nochmals auffrische. In welchem Maße die derzeit beobachteten Durchbruchsinfektionen die Immunantwort der Infizierten verbessern, sei indes noch unklar, so Sander: »Ich gehe davon aus, dass es eine Booster-Wirkung geben wird. Aber wie gut die ist, ist noch Gegenstand der Forschung.«
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.