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Pest, Grippe, Cholera, Corona

Wie Menschen mit Pandemien umgehen – früher und heute

Restaurants schließen, Schulkinder lernen zu Hause und wer kann, arbeitet im Homeoffice. Die SARS-CoV-2-Pandemie bringt uns ganz neue Erfahrungen. Doch einige Maßnahmen zur Eindämmung sind schon lange erprobt. Ein Blick in die Geschichte.
dpa
02.04.2020  15:00 Uhr

Eine ansteckende Krankheit breitet sich aus, eingeschleppt von Reisenden aus Asien. Als eine der ersten ist die Hafenstadt Venedig in Norditalien betroffen. Schon bald erlassen die Stadtoberen Quarantäne-Maßnahmen und riegeln den Zustrom von Fremden und Händlern ab. Was womöglich klingen mag wie ein Szenario aus der aktuellen Corona-Pandemie, ist tatsächlich aber ein Rückblick auf die Pest im 14. Jahrhundert. Kaum eine andere Seuche hat in der Geschichte so viel Angst und Schrecken ausgelöst wie der »Schwarze Tod«, der in Europa zig Millionen Menschen dahingerafft hat.

»Mit Seuchenbedrohungen hat man in der Geschichte bis in unsere eigene Gegenwart immer wieder zu tun gehabt«, sagt der Medizinhistoriker Karl-Heinz Leven. Die Pest, die durch ein Bakterium ausgelöst wird, und das neue Coronavirus lassen sich zwar medizinisch nicht vergleichen. Doch die Geschichte biete ein »Reservoir von Beispielen« im Umgang der Gesellschaften mit Seuchen, erklärt der Professor der Universität Erlangen-Nürnberg.

Quarantäne schon bei der Pest

So war etwa die Bekämpfung der Pest einer der Startpunkte für den Ausbau eines öffentlichen Gesundheitswesens in Europa. »Die Seestädte im Mittelmeer haben, unmittelbar als der Schwarze Tod 1347 aus dem Orient mit Schiffen eingeschleppt wurde, gar nicht reagieren können«, erklärt Leven. Todesraten von 30 bis 40 Prozent seien die Folge gewesen. Doch bei Epidemien in den Folgejahren entwickelten Städte wie Florenz, Venedig und Marseille Gegenmaßnahmen: Etwa wurden Waren und Reisende auf vorgelagerten Inseln eine Zeit lang in Obhut genommen. Die Dauer der Internierung variierte, häufig waren es um 40 Tage. Daher stammt auch der Begriff Quarantäne, er leitet sich ab von dem französischen Wort «quarante» für die Zahl 40.

Häuser wurden versiegelt und Kranke in spezielle Pest-Lazarette gebracht. »Auch dort bestand also so eine Art Ausgangssperre wie heute, bei der die Leute zuhause blieben und das öffentliche Leben erstarrte, wenngleich die Umstände andere waren«, sagt Leven. Unmut regte sich auch damals über solche Einschränkungen – bei der Kirche und der Wirtschaft.

Solidarität und Hilfsbereitschaft

Doch auch Solidarität und Hilfsbereitschaft wurden in Krisenzeiten gelebt. Leven erinnert etwa an den Mailänder Erzbischof Carlo Borromeo, der bei einer späteren Pest im 16. Jahrhundert die Kranken und unter Quarantäne Stehenden aufrief, die Messe von ihren Fenstern aus zu verfolgen. »Heute sehen wir die Bilder aus Italien, die zeigen, wie Menschen auf ihren Balkonen stehen und singen. Das ist quasi die säkulare Form der damals eingeführten Messen«, sagt Leven.

Auch während der Cholera in Hamburg 1892 war Solidarität zu beobachten. »Es gab Bürgerkomitees, die die Gesundheitsfürsorge in die Hand nahmen«, sagt der Direktor des Medizinhistorischen Museums der Hansestadt und Professor Philipp Osten. »Die haben Desinfektionskolonnen organisiert und abgekochtes Trinkwasser ausgegeben.«

Verschwörungstheorien kein neues Phänomen

Auch Gerüchte und Verschwörungstheorien kennt die Seuchengeschichte zur Genüge. Aufklärung und Transparenz sehen Historiker daher als wichtige Lehren. Beispiel Spanische Grippe, die Schätzungen zufolge im März 1918 zwischen 25 und 50 Millionen Menschen das Leben kostete. »Das Bagatellisieren oder das Wegschauen und Verleugnen einer Seuchengefahr ist ein Problem«, sagt der Medizinhistoriker Volker Roelcke. Berichte zeigten, dass die zuständigen Behörden die Gefahr in Amerika, wo die Grippe ausbrach, zunächst ignorierten.

»Erst zwei, drei Monate später, als es eine größere Zahl von Betroffenen gab, haben die Behörden reagiert – aber nicht davon abgesehen, zum Beispiel amerikanische Soldaten nach Europa zu schicken«, erklärt der Professor der Universität Gießen.

Die Kurve abflachen

Und auch die »soziale Distanz« feierte während der Spanischen Grippe schon erste Erfolge. In St. Louis kam es nach Angaben des Münchner Historikers Nicolai Hannig zu Schulschließungen und Isolationen. Eine US-amerikanische Studie belegte später: Während dort die Zahl der Infizierten nur langsam anstieg, schnellten in Philadelphia, wo es selbst nach den ersten Fällen noch öffentliche Paraden gab, die Zahlen in die Höhe.

Die Vorsorgemaßnahmen, die man damals ergriffen hat, sind recht vergleichbar mit unseren heutigen, sagt Hannig, der zur Geschichte von Naturkatastrophen und ihrer Bewältigung forscht. Er plädiert allerdings dafür, künftig noch genauer auf Probleme zu achten, die erst aus der Vorsorge entstehen – etwa die langfristigen Folgen von Quarantäne und Kontaktverboten für Wirtschaft und Gesellschaft.

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