Wie sich das Spielen verändert hat |
»Deutschland ist schon immer ein großes Gesellschaftsspielland gewesen«, sagt Christin Lumme vom Deutschen Spielearchiv, dessen Sammlung 40.000 Spiele aus fünf Jahrhunderten umfasst. »Corona hat dem sicherlich noch einen Schub gegeben.« Das Schöne an Gesellschaftsspielen sei, dass am Spieltisch alle gleich seien. Kinder lernten dabei, sich an gemeinsame Regeln zu halten, zu gewinnen, aber auch verlieren zu können. In der Corona-Zeit hätten viele Familien mehr Zeit dafür gehabt, weil viele andere Freizeitaktivitäten nicht möglich gewesen seien, sagt Lumme. Auch Online-Plattformen hätten geboomt, auf denen Menschen Brettspiele digital zusammen spielen können.
Am Weltspieltag wollen die Organisatoren nun die Bedeutung des Spielens für Kinder wieder mehr in den Mittelpunkt rücken. »Gerade bei Kindern ist Spielen die Hauptbeschäftigung«, sagt Forscher Volker Mehringer. 10.000 bis 15.000 Stunden verbrächten Kinder bis zum Alter von 6 Jahren schätzungsweise damit – und dabei lernten sie unbewusst und mit großen Spaß. »Sie schaffen sich optimale Lernbedingungen. Eltern können Impulse setzen. Aber Kinder brauchen vor allem den Freiraum, nach der eigenen Lust zu entscheiden und sich Sachen herauszupicken, die sie herausfordern«, sagt Mehringer.
Aus Erwachsenensicht mag ein bestimmtes Spiel sich nicht immer sofort erschließen. Auf den zweiten Blick sehe man dann oft, wie sehr Motorik, Fantasie und abstraktes Denken dabei ausprobiert würden, sagt Mehringer. Trotzdem fehle bei Eltern oft die Akzeptanz für das freie Spielen, meint die Expertin Neumann. Stattdessen setzten diese auf Lernspiele. »Das ist paradox, weil es bei denen gar nicht ums Spielen geht.« Doch gerade das freie Spielen sei wichtig fürs spätere Leben, sagt sie: »Wenn man als Kind nicht gelernt hat, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen, wird man es als Erwachsener auch nicht können.«