Wie sicher sind die Corona-Impfstoffe? |
Aber sind nicht gerade die Risikogruppen – also ältere Menschen oder solche mit einer Vorerkrankung – bei einer Impfung besonderen Gefahren ausgesetzt? Alle Risiken könne man in diesem Stadium der Impfstoffentwicklung nicht ausschließen, sagt Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie an der Technischen Universität München (TUM) und am Helmholtz Zentrum München. Allerdings seien bereits einige besondere Patientengruppen in den klinischen Studien berücksichtigt worden.
Das Unternehmen Moderna etwa testete seinen Impfstoff auch an Menschen über 65 Jahren, solchen mit Diabetes, schwerem Übergewicht oder einer Herzerkrankung. Sicherheitsbedenken sind nach Angaben des Unternehmens nicht aufgetreten. «Das Risiko einer seltenen, schweren Nebenwirkung ist nicht gleich Null, aber es ist im Vergleich zu anderen Risiken, die wir täglich in Kauf nehmen, etwa beim Autofahren, doch sehr gering», sagt Protzer.
Sorgen, dass speziell die mRNA-Impfstoffe besondere Sicherheitsrisiken mit sich bringen und etwa das menschliche Erbgut verändern, halten Experten für unbegründet. »Beim Menschen befindet sich das Genom in Form von DNA im Zellkern«, heißt es etwa beim Paul-Ehrlich-Institut, das für die Sicherheit von Impfstoffen zuständig ist.
Ein Besonderheit der RNA ist, dass sie chemisch sehr labil ist. »Wenn die mRNA in die Zellen gelangt, wird sie sehr schnell wieder abgebaut«, erläutert Protzer. Eine nachhaltige Interaktion mit der menschlichen Zelle ist allein aus diesem Grund unwahrscheinlich. Um die Haltbarkeit zu erhöhen, wird die Impf-mRNA in einer Art Schutzhülle verpackt. »Was diese Zusatzstoffe bewirken, müssen wir beobachten«, sagt Protzer. »Man geht von einer guten Verträglichkeit aus, aber da fehlen noch Langzeit-Erfahrungen.«
Mit Blick auf die Sicherheit der mRNA-Impfstoffe ist ein weiterer Punkt wichtig: Obwohl bisher keiner dieser Impfstoffe für Menschen zugelassen ist, wurde die Technologie nicht erst im Zuge der Corona-Pandemie entwickelt, einige Erfahrungen damit liegen bereits vor. Die Idee für diese Art von Impfstoffen stammt aus der immunologischen und infektiologischen Grundlagenforschung und aus der Krebsforschung. Ziel dabei ist es, den Körper zu einem Angriff auf Tumorzellen zu veranlassen, auch in diesem Bereich laufen bereits klinische Studien. »Die Pandemie hat die Technologie nun enorm beflügelt«, sagt Bogdan.
Die neuen mRNA-Impfstoffe haben eine weitere Besonderheit. Anders als abgeschwächte und abgetötete Viren, die das Immunsystem mit vielen verschiedenen Oberflächen-Strukturen reizen, lösen die mRNA-Vakzine einer sehr spezifische Immunantwort aus. Das kann von Vorteil sein, weil womöglich unerwünschte Reaktionen verhindert werden.
Andererseits besteht die Gefahr, dass diese sehr spezifische Immunantwort nicht ausreichend schützt. Ebenso unklar ist, was passiert, wenn das Coronavirus mutiert, sich also etwa das Spike-Protein des Erregers verändert – wirkt dann der Impfstoff noch? Um diese Fragen sicher beantworten zu könne, brauche es eine längere Nachbeobachtungszeit. »Das ist für die Impfstoff-Forschung aber keine neue Herausforderung.«
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.