»Wir müssen reden« |
Die wirtschaftliche Lage und die Personalsituation sind in vielen Apotheken schwierig. / Foto: IMAGO/Ardan Fuessmann
Bei einer Pressekonferenz in Berlin warnten die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände und die Apothekengewerkschaft Adexa vor den Reformplänen des Bundesgesundheitsministeriums. Diese sehen unter anderem Filialen vor, in denen keine Apotheker anwesend sein müssen. Leistungen wie die Rezepturherstellung und die Abgabe von Betäubungsmitteln würden dann entfallen, so ABDA und Adexa.
»Wenn die vom Bundesgesundheitsministerium derzeit angedachten Eckpunkte zu einer Apothekenreform Realität würden, würde die Versorgung vor Ort in einem noch nie dagewesenen Maß ausgedünnt, ja sogar ganz aufs Spiel gesetzt«, so ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. »Anstatt die Apotheken zu stabilisieren und Neugründungen für junge Apothekerinnen und Apotheker wieder attraktiv zu machen, soll den Apotheken ihre Kernkompetenz genommen werden, es würden die Versorgung gefährdende Scheinapotheken ermöglicht.«
Auch Adexa-Bundesvorstand Andreas May sieht die Reformpläne kritisch: »Von den Änderungen, die Minister Lauterbach nach bisherigem Kenntnisstand plant, wären die Mitarbeitenden in den Apotheken besonders betroffen. Ein wichtiger Punkt: Die PTA sind nach ihrer jetzigen Ausbildung weder in der Lage noch willens, eine Arzneimittelabgabestelle zu leiten – ich will in diesem Zusammenhang bewusst nicht von Apotheke sprechen. Außerdem ist auch die PTA mittlerweile ein Mangelberuf. Dieser Vorschlag ist also aus mehreren Gründen keine Lösung gegen das Apothekensterben.«
Redebedarf gibt es auch bei der Vergütung: Angesichts einer immer schneller sinkenden Apothekenzahl fordern ABDA und ADEXA »eine spürbare Erhöhung« des seit 2013 stagnierenden Apothekenhonorars von 8,35 Euro pro rezeptpflichtigem Arzneimittel. Nur so könne der Fachkräfte- und Nachwuchsmangel durch angemessene Gehälter und Tarifverträge abgemildert werden. »Die Apotheken stehen zunehmend unter Druck: Neben den Personal- und Lieferengpässen sorgen eine Überbürokratisierung und der faktisch seit 2004 bestehende Stillstand beim Apothekenhonorar dafür, dass immer mehr Apotheken schließen«, so Overwiening. »Deutschland liegt bei der Apothekendichte im EU-Vergleich auf einem der hintersten Ränge.«
May sieht die Honorarerhöhung ebenfalls als unabdinglich an: »Fakt ist: Die Tarifverhandlungen für das Jahr 2024 stagnieren seit letztem Herbst. Als Gewerkschaft für die noch verbleibenden Betriebe ist uns daher wichtig: Die Apotheken brauchen dringend mehr Geld! Sie brauchen vor allem eine angemessene, dynamische Vergütung von den Krankenkassen für die tägliche, unverzichtbare Leistung der Apothekenteams! Damit Adexa endlich auskömmliche Gehälter und tarifliche Arbeitsbedingungen aushandeln kann.«
Wie wichtig den Bürgerinnen und Bürgern die Apotheke vor Ort sei, zeige eine von der ABDA initiierte Online-Umfrage, an der zwischen dem 22. April und dem 1. Juni 2024 knapp 41.000 Bürgerinnen und Bürger teilnahmen: Rund 94 Prozent der Befragten gibt an, nicht auf die Apotheke vor Ort als Institution in der Primärversorgung verzichten zu wollen. Jeweils 93 Prozent sind der Meinung, dass die in den Apotheken hergestellten Rezepturen sowie auch die Nacht- und Notdienste unbedingt erforderlich sind. Rund 94 Prozent der Umfrageteilnehmenden würden eine Vergütungserhöhung begrüßen.
Seit 1998 ruft die ABDA jedes Jahr den Tag der Apotheke aus. Jeweils am 7. Juni werden Gesellschaft, Politik und Medien auf das umfangreiche Leistungsspektrum und die herausragende Bedeutung der Vor-Ort-Apotheken hingewiesen. Zum diesjährigen 7. Juni sind alle Apotheken unter dem Motto »Wir müssen reden« aufgerufen, mit Politikerinnen und Politikern in der eigenen Offizin darüber zu sprechen, welche unverzichtbaren Leistungen die Apotheken vor Ort tagtäglich für Patientinnen und Patienten erbringen.