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Ohne tierische Produkte

Worauf es bei veganer Ernährung ankommt

Die Zahl der Menschen, die sich für eine Ernährung ohne tierische Produkte entscheidet, steigt. Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ernährten sich im Jahr 2021 zwei Prozent der deutschen Bevölkerung vegan – etwa doppelt so viele wie im Vorjahr. 
AutorKontaktFranziska Horvat
Datum 14.06.2022  09:00 Uhr

Vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen findet ein Umdenken statt. Eine Ernährungsumfrage im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung und des Bunds für Umwelt- und Naturschutz (BUND) für den »Fleischatlas 2021« zeigt, dass es unter den 15- bis 29-Jährigen doppelt so viele Vegetarier und Veganer gibt wie im Durchschnitt der Bevölkerung. Viele Menschen wählen in erster Linie aus tierethischen Motiven eine vegane Ernährung, aber auch Nachhaltigkeits- und Umweltaspekte spielen eine Rolle. Andere entschließen sich aus gesundheitlichen Gründen für eine Umstellung.

Eine Ernährung ohne tierische Produkte hat wahrscheinlich großes Potenzial, Erkrankungen wie Übergewicht, Typ-2-Diabetes, Hypertonie, Arteriosklerose, kardiovaskulären Erkrankungen, Gicht und einigen Krebsarten vorzubeugen. Das liegt auch daran, dass Vegetarier und Veganer durchschnittlich schlanker sind als die Allgemeinbevölkerung. Als Grund dafür wird vor allem die niedrigere Energiedichte pflanzlicher Lebensmittel angenommen. Für die vorbeugenden Effekte gegen die genannten Erkrankungen machen Wissenschaftler auch die hohe Aufnahme gesundheitsfördernder Inhaltsstoffe verantwortlich. Zudem nehmen Veganer meist weniger gesättigte Fettsäuren und Cholesterol zu sich, dafür mehr einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. 

Laut einer Auswertung der Adventist Health Study 2 mit über 60.000 Teilnehmern liegt das Diabetesrisiko der Veganer nur etwa halb so hoch wie das der Allesesser. Neben dem geringeren Körpergewicht wirkt sich auch die höhere Zufuhr von Ballaststoffen positiv auf den Blutzucker- und Insulinstoffwechsel aus. Es gibt Hinweise, dass eine pflanzliche Ernährung mit vielen Ballaststoffen zudem die richtige Art von Bakterien im Darm ernährt. Diese produzieren kurzkettige Fettsäuren, die zu einem gesunden Körpergewicht und einer besseren Insulinfunktion beitragen können.

Viele Veganer achten aber auch insgesamt auf eine gesündere Lebensweise. Sie rauchen weniger, trinken seltener Alkohol und bewegen sich mehr – Faktoren, die ebenfalls zum geringeren Erkrankungsrisiko beitragen können. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schreibt in ihrem Positionspapier zu veganer Ernährung: Es »[…] kann angenommen werden, dass eine pflanzenbetonte Ernährungsform (mit oder ohne einen geringen Fleischanteil) gegenüber der derzeitig in Deutschland üblichen Ernährung mit einer Risikosenkung für durch die Ernährung mit bedingte Krankheiten verbunden ist«.

Der Speiseplan

Viele Menschen sind skeptisch, ob eine vegane Ernährung den Bedarf an allen wichtigen Stoffen deckt und tatsächlich die Gesundheit fördert. Mittlerweile zeigen aber zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen, dass eine gut geplante vegane Ernährung alle Nährstoffbedürfnisse des Körpers erfüllen kann. Wie sich eine rein pflanzliche Ernährungsweise möglichst nährstoffdeckend in die Praxis umsetzen lässt, zeigt die Gießener vegane Lebensmittelpyramide. Diese haben Wissenschaftler am Forschungsinstitut für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE) im Jahr 2018 entwickelt. Auf wissenschaftlichen Berechnungen basierend zeigt sie auf, welche Lebensmittelgruppen Veganer täglich in welchen Mengen essen sollten. Ein Vergleich mit den allgemeinen Ernährungsempfehlungen für eine vollwertige Mischkost lässt erkennen, dass die Basis jeweils gleich ist und die Empfehlungen für die Lebensmittelauswahl sehr ähnlich sind. Gemüse, Obst, Vollkornprodukte und Kartoffeln bilden auch bei der veganen Ernährung die Grundlage. Die 25 Prozent an tierischen Produkten werden durch Hülsenfrüchte oder daraus hergestellten Produkten, Milchalternativen, Nüsse und Samen ersetzt.

Automatisch gesund?

Eine vegane Ernährung ist jedoch nicht zwingend gesund, denn mittlerweile gibt es fast das ganze Sortiment an ungesundem Fast- und Junkfood auch in einer veganen Variante. Eine vollwertige vegane Ernährung enthält hingegen vor allem unverarbeitete Lebensmittel mit einem hohen Anteil an Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Obst, ergänzt durch Milchalternativen und kleine Mengen Nüsse, Samen und pflanzliche Fette. Ob »vegan« gesund ist, das hängt also auch hier von der Qualität der gewählten Nahrungsmittel ab. Die aktuelle Studienlage zeigt aber, dass Veganer viele Ernährungsempfehlungen der Fachgesellschaften besser umsetzen als die Allgemeinbevölkerung. Das gilt besonders für den Konsum von Gemüse, Obst und (Vollkorn-)Getreide.

Kritische Nährstoffe

Veganer sind in der Regel gut mit Beta-Carotin, Vitamin E, Vitamin B1, Folsäure, Vitamin C, Kalium und Magnesium versorgt. Auch die Zufuhr von sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen liegt deutlich höher als bei Menschen, die Mischkost bevorzugen. Dennoch gibt es einige Nährstoffe, die in veganen Speiseplänen zu kurz kommen können. Das bedeutet, dass die Aufnahme häufiger unter der empfohlenen Zufuhr liegt. Zu den potenziell kritischen Nährstoffen zählen Proteine, Vitamin B12, Calcium, Eisen, Zink, Vitamin B2, Selen, die langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) sowie die auch in der Allgemeinbevölkerung kritischen Nährstoffe Jod und Vitamin D. Die Zufuhr ist deshalb oft niedriger, weil pflanzliche Lebensmittel im Durchschnitt weniger dieser Nährstoffe enthalten als tierische. Hinzu kommt, dass einige Nährstoffe aus pflanzlicher Kost schlechter bioverfügbar sind als aus tierischen Quellen. Hemmend auf die Verwertbarkeit wirken beispielsweise Phytinsäure (in allen Vollkorngetreiden, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen) oder Oxalsäure, die in Rhabarber, Mangold oder Spinat steckt, da beide Mineralstoffe wie Zink, Eisen oder Calcium binden und so dem Körper teilweise vorenthalten.

Gekonnte Kombi

Vor allem tierische Lebensmittel wie Fleisch, Milch und Käse sind für ihren hohen Proteingehalt bekannt. Aber auch viele pflanzliche Lebensmittel wie Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse punkten mit reichlich Eiweiß. Unterschiede existieren jedoch in der Proteinqualität. Ein Maß, um diese zu bewerten, ist die Biologische Wertigkeit – das heißt, wie gut ein Nahrungsprotein in körpereigenes Eiweiß umgewandelt werden kann. Je genauer die Menge jeder einzelnen Aminosäure im Nahrungsmittel dem Bedarf des Menschen entspricht, desto wertvoller ist dieses zur Bildung von Körpereiweiß. Besonderer Bedeutung kommt dabei dem Gehalt an unentbehrlichen Aminosäuren zu, die der Körper nicht selbst herstellen kann und die daher mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Separat betrachtet haben pflanzliche Proteine eine geringere biologische Wertigkeit als tierische. Durch die Kombination unterschiedlicher pflanzlicher Proteinträger über den Tag verteilt lässt sich der Wert für den Körper jedoch deutlich steigern, da sich die Aminosäuren gegenseitig ergänzen. Ernährungsexperten sind sich einig, dass Veganer hinsichtlich der Proteinaufnahme gut versorgt sind, wenn sie pflanzliches Eiweiß aus Hülsenfrüchten, Getreide, Gemüse, Kartoffeln und Nüssen abwechslungsreich kombinieren.

Gut durchdacht

Vegan lebende Menschen müssen ihre Ernährung sorgfältig planen, um auch die kritischen Nährstoffe in den nötigen Mengen aufzunehmen. Vitamin B2 (Riboflavin) ist beispielsweise auch in dunkelgrünem Blattgemüse (Spinat oder Grünkohl), verschiedenen Kohlsorten, Mais, Amaranth oder Haferflocken enthalten. Calcium steckt nicht nur in Milch- und Milchprodukten, sondern unter anderem in Nüssen, Grünkohl und Brokkoli. Eisen können Veganer über Getreideprodukte, Nüsse und Samen, Trockenobst sowie verschiedene Gemüsearten wie Fenchel, Zucchini oder Feldsalat zu sich nehmen. Gute Zinkquellen sind Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse. Die höchsten pflanzlichen Zinkgehalte weisen Haferflocken, Sojabohnen, Paranüsse, Linsen und Vollkornweizen auf.

Durch geschickte Lebensmittelkombination und küchentechnische Verfahren kann zudem die Verwertbarkeit aus pflanzlichen Lebensmitteln verbessert werden. Die Verfügbarkeit des Eisens lässt sich zum Beispiel durch kleine Mengen an Vitamin C oder anderen organischen Säuren aus Obst, Gemüse oder Sauerkraut um das Zwei- bis Vierfache steigern – Mit einem Glas Orangensaft zum Essen oder Paprika zum Vollkornbrot leicht umsetzbar. Auch bei Zink fördern organische Säuren die Aufnahme. Tannine, zum Beispiel aus Kaffee oder Tee, verschlechtern hingegen die Verfügbarkeit. Durch Einweichen, Keimen und Fermentieren von Lebensmitteln sinkt der Gehalt an Phytinsäure. Daher ist beispielsweise der Verzehr von Sauerteigbroten oder Tempeh (fermentierte Sojabohnen) günstig.

Nahrung ergänzen

Viele Experten raten zudem, einige kritische Nährstoffe über angereicherte Produkte beziehungsweise Nahrungsergänzungsmittel aufzunehmen, da eine ausreichende Versorgung sonst schwierig werden könnte. Die »Gießener vegane Lebensmittelpyramide« empfiehlt beispielsweise mit EPA und DHA aus Mikroalgen angereicherte Pflanzenöle, calciumreiche Mineralwässer und mit Calcium angereicherte pflanzliche Milchalternativen. Bei Jod lautet die Empfehlung, ausschließlich Jodsalz als Würzmittel zu verwenden. Zusätzlich kann der gelegentliche Verzehr von Nori-Algen mit moderatem Jodgehalt sinnvoll sein. Ob zusätzlich ergänzend die regelmäßige Einnahme von Vitamin D notwendig ist, sollten Menschen, die sich vegan ernähren, mit ihrem Arzt besprechen.

Vitamin B12 ist in relevanten Mengen nur in tierischen Lebensmitteln enthalten. Der Bedarf muss daher über angereicherte Lebensmittel, angereicherte Zahnpasta oder Nahrungsergänzungsmittel gedeckt werden. Auch in fermentierten Erzeugnissen wie Sauerkraut und verschiedenen Meeresalgen findet sich etwas Vitamin B12. Hier handelt es sich aber wahrscheinlich um sogenannte Vitamin B12-Analoga, die für den Menschen nicht verwertbar sind. Es empfiehlt sich, die potenziell kritischen Nährstoffe regelmäßig über eine Bestimmung der Blutwerte überprüfen zu lassen.

Für Kinder gefährlich?

Personen in sensiblen Lebensphasen wie Schwangerschaft und Stillzeit sowie Säuglinge und heranwachsende Kinder haben einen besonderen Anspruch an die Nährstoffversorgung, zum Beispiel einen erhöhten Bedarf. Während die DGE aktuell eine vegane Ernährung in diesen Lebensphasen nicht empfiehlt, sind eine ganze Reihe internationaler Ernährungsgesellschaften der Ansicht, dass sich eine vegane Ernährung – vorausgesetzt, sie ist bedarfsdeckend zusammengestellt – für jeden Lebensabschnitt eignet. Laut DGE existieren jedoch zu wenige aussagekräftige Studien, um eine vegane Ernährung von schwangeren Frauen und Heranwachsenden zu beurteilen. Die Gefahr eines Nährstoffmangels mit möglichen Folgen für die Gesundheit sei zu groß. 

Zum Wohle der Tiere

Für Fleisch, Milch und Eier sterben jährlich Milliarden von Lebewesen, häufig unter grausamen Bedingungen. Die meisten Nutztiere verbringen ihr Leben in riesigen Mastbetrieben – ohne viel Platz und Auslauf. Eine vegane Ernährung kommt daher an erster Stelle den Tieren zugute. Weniger tierische Produkte zu essen, leistet ebenso einen wichtigen Beitrag zur Lösung von Umweltproblemen – seien es die Emissionen von klimaschädlichen Treibhausgasen oder die Folgen der Überdüngung. Bis zu 20 Prozent der weltweiten Treibhausgase sind der Tierwirtschaft zuzuschreiben, das ist mehr als dem gesamten Verkehrssektor zukommt. Zudem geht die Tierhaltung mit einer großen Verschwendung von Kalorien und Proteinen einher. Weniger Fleisch- und Milchprodukte zu essen ist für viele Experten der effektivste Weg, um die Umwelt zu entlasten. Forscher an der Oxford Universität fanden heraus, dass eine vegane Ernährung den CO2-Fußabdruck einer Person um bis zu 73 Prozent reduzieren kann.

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