Wundermittel oder gefährlich? |
Katja Egermeier |
05.11.2024 10:00 Uhr |
Kokosöl hat gegenüber Raps- oder Olivenöl den Vorteil, dass es sich gut zum Braten eignet, da es sich sehr hoch erhitzen lässt. Gesünder oder gar ein Wundermittel ist es jedoch nicht und sollte daher nur in Maßen genossen werden. / © Getty Images/Africa Studio
Tatsächlich hatte die Professorin Dr. Karin Michels während eines Vortrags im Jahr 2018 Kokosöl als »reines Gift« bezeichnet, um vor dem Öl aus dem Fruchtfleisch der Kokosnuss zu warnen. Auch wenn sie mit dieser drastischen Aussage sicherlich über das Ziel hinausgeschossen ist, scheint bei vielen Menschen eine Unsicherheit geblieben zu sein: Wie gesund oder ungesund ist Kokosöl denn nun? Und hilft es wirklich beim Abnehmen, wie Werbung und soziale Medien häufig versprechen? Ein guter Grund für die Verbraucherzentrale (VZ), sich mit dem Thema im Jahr 2024 erneut zu beschäftigen.
Natives Kokosöl wird aus dem unbehandelten Fruchtfleisch der Kokosnuss oder der Kokosmilch gewonnen. Seine Konsistenz richtet sich nach der Raumtemperatur: ab etwa 23 Grad Celsius wird es flüssig, bei weniger Grad ist es cremig bis fest. Man könnte eigentlich auch Kokosfett dazu sagen, dieser Begriff wird jedoch bereits für Kokos-Plattenfett verwendet. Der Unterschied zum Kokosöl besteht darin, dass das aus dem Kokosfruchtfleisch gewonnene Öl bei Kokosfett wärmebehandelt wird, wodurch es seinen typischen Kokosgeruch und -geschmack verliert.
Die Werbe- und Gesundheitsversprechen zu Kokosöl sind sehr breit gefächert. So soll es sich positiv auf die Blutfettwerte auswirken, beim Abnehmen helfen, Demenz und Krebs vorbeugen sowie Bakterien, Viren und Pilze abwehren, wie die VZ schreibt. Begründet würden diese Wirkungen mit dem Gehalt der Fettsäuren Laurin-, Capryl- und Caprinsäure sowie verschiedenen Polyphenolen. Das Problem: Diese Aussagen sind durchweg nicht wissenschaftlich nachgewiesen. »Betrachten Sie Berichte über Heilwirkungen daher sehr kritisch«, warnt die Verbraucherzentrale. Es darf auch nicht mit Gesundheitsslogans für Kokosöl geworben werden, da die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit entsprechende Aufdrucke verboten hat.
Gesichert ist, dass »gute« ungesättigte Fettsäuren kaum in Kokosöl zu finden sind, dafür aber fast 90 Prozent gesättigte Fettsäuren. Diese lassen bestimmte Blutfettwerte ansteigen, wie Triglyceride, sowie das schlechte LDL-Cholesterin, wie die Verbraucherschützer erklären. Hinsichtlich einer möglichen Gewichtsreduzierung werde häufig das Argument angeführt, dass die gesättigten Fettsäuren in Kokosöl überwiegend mittelkettig sind, weshalb sie leichter verdaut und möglicherweise nicht vom Körper gespeichert werden. Allerdings basieren Studien, die sich mit Abnehm-Effekten durch mittelkettige Fettsäuren befasst haben, nicht auf Kokosöl, sondern auf speziellen Kunstfetten. Langzeitstudien zu Kokosöl als Wundermittel zum Abnehmen fehlen der VZ zufolge ganz.
Als Fazit lässt sich zusammenfassen: Wissenschaftlich belastbare Studien, wonach der Verzehr Kokosöl Krankheiten lindert, vorbeugt oder gar heilt, liegen nicht vor. Entsprechendes gilt für die Gewichtsreduktion. Es spricht jedoch nichts dagegen, Kokosöl in geringen Mengen zu verzehren. Butter lässt das schlechte LDL-Cholesterin beispielsweise noch stärker ansteigen als Kokosöl. Zu bevorzugen seien dennoch Raps- und Olivenöl, da diese erheblich mehr wertvolle ungesättigte Fettsäuren enthalten. Wenn es dennoch Kokosöl sein soll, dann laut der Verbraucherschützer möglichst nur mit Fairtrade-Siegel und in Bio-Qualität. Denn auch die Klimabilanz von Kokosöl schneidet im Vergleich zu europäischen Pflanzenölen deutlich schlechter ab.