Zahl von Fleischallergien nach Zeckenstichen steigt |
dpa/PTA-Forum |
01.08.2023 10:00 Uhr |
Zu den Symptomen einer Fleischallergie zählen Übelkeit, Erbrechen bis hin zu einer lebensbedrohlichen Anaphylaxie. / Foto: Adobe Stock/Andrey Popov
Beim sogenannten α-Gal-Syndrom reagieren Betroffene auf Zuckermoleküle an Proteinen, die α-Galaktose. Es kommt zu Reaktionen auf Fleisch und Innereien von Säugetieren, Wurstwaren, in Sonderfällen auch Milchprodukten, Käse, Digestiva (z. B. Pepsin) oder Süßigkeiten aus Gelatine. Die Symptome treten mit einer deutlich zeitlichen Verzögerung von drei bis sechs Stunden (mitunter auch länger) auf – besonders häufig mitten in der Nacht – und können lebensbedrohlich sein zu Anaphylaxie führen. Warum Symptome verzögert auftreten, ist derzeit noch unbekannt. Wissenschaftler vermuten, dass der Verdauungsprozess eine Rolle spielen könnte. Es können aufgrund der Sensibilisierung auch allergische Reaktionen auf Arzneimittel auf Tierbasis auftreten.
Typische Symptome beim α-Gal-Syndrom:
AGS-Reaktionen können von Person zu Person unterschiedlich von leicht bis schwer oder sogar lebensbedrohlich ausfallen. Es muss nicht bei jedem Kontakt mit Alpha-Gal es zu einer allergischen Reaktion kommen.
Das Syndrom wird der US-Behörde CDC zufolge wohl hauptsächlich von einer bestimmten in den USA verbreiteten Zeckenart ausgelöst – der sogenannten Lone-Star-Zecke (Amblyomma americanum). Die CDC betonte, in den USA könnten möglicherweise sogar um die 450.000 Menschen vom α -Gal-Syndrom betroffen sein. Der Grund für diesen Verdacht: Die Krankheit sei möglicherweise vielen Mitarbeitern der Gesundheitsversorgung und Patienten nicht bekannt, deswegen werde häufig nicht darauf getestet.
»Das α-Gal-Syndrom ist ein wichtiges sich ausbreitendes Gesundheitsproblem«, sagte die CDC-Wissenschaftlerin Ann Carpenter. Mitarbeiter der Gesundheitsversorgung sollten sich dessen bewusst sein, um Patienten entsprechend zu untersuchen, Diagnosen zu stellen, sie zu versorgen und ihnen auch beizubringen, wie sie Zeckenstichen vorbeugen könnten.
Zu Deutschland lägen keine Daten über Fälle von α -Gal-Syndrom bei Menschen vor, teilte das Robert-Koch-Institut mit (RKI). In europäischen Zecken verbreitet sich dagegen das vor sechs Jahren in China entdeckte Alongshan-Virus (ALSV). Mittlerweile wurde der Erreger in Zecken in Finnland, Frankreich, Russland und der Schweiz gefunden, wie da Centrum für Reisemedizin (CRM) mit Sitz in Düsseldorf mitteilte. Auch in Deutschland gebe es Nachweise.
Forschende der Tierärztlichen Hochschule (Tiho) Hannover hatten Hinweise auf die Übertragung von ALSV über Zecken auf Wildtiere in Niedersachsen nachgewiesen, wie sie in der Fachzeitschrift »Microorganisms« berichteten. Das Team hatte Blutproben von Wildtieren aus der Jagdsaison 2017 bis 2019 untersucht. Das Virus wurde zudem im Körper und im Speichel von Zecken nachgewiesen, die an mehreren Standorten in Niedersachsen gesammelt worden waren. Bei einer systematischen Untersuchung von in der Schweiz gesammelten Zecken fand sich 2021 und 2022 ALSV sogar häufiger als FSME-Viren – also jene Erreger, die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) auslösen.
Schwere Erkrankungen, die über grippeähnliche Beschwerden hinausgehen, würden mit einer ALSV-Infektion bislang nicht in Verbindung gebracht, teilte das Centrum für Reisemedizin weiter mit. Die in Deutschland häufigste von Zecken übertragene Krankheit ist die Lyme-Borreliose, gegen die im Frühstadium ein Antibiotikum hilft. Daneben ist die Frühsommer-Meningoenzephalitis besonders im Süd- und Südwestdeutschland verbreitet. Gegen sie gibt es eine Impfung.