Zierde mit durchschlagender Wirkung |
Barbara Döring |
22.11.2024 08:00 Uhr |
Die Rinde des Faulbaums enthält Anthranoide wie Frangulin mit abführender Wirkung. / © Adobe Stock/Oleh Marchak
Als mehrstämmiger Strauch oder Baum wächst der Faulbaum bis 6 m hoch. Seinen Namen verdankt er dem leicht fauligen Geruch der frischen Rinde, der die Zweige vor Wildverbiss schützt. Diese sind recht brüchig und verantwortlich für den lateinischen Namen Frangula (frangere = brechen). Darauf finden sind zahlreiche weißliche Lentizellen, kleine Ausstülpungen, die dem Gasaustausch dienen. Die breiten Blätter mit den zur Blattspitze im Bogen verlaufenden Blattnerven dienen zahlreichen Schmetterlingsarten als Nahrung. Für die Raupen des Zitronenfalters ist der Strauch die Hauptnahrungsquelle. Ab Ende Mai bis August bildet der Faulbaum kleine unscheinbare grünweiße Blüten, die als Scheindolden von zwei bis zehn Exemplaren in den Blattachseln zusammenstehen. Sie sind wegen der langen Blütezeit oft zeitgleich mit den Beeren in allen Reifestadien an einem Zweig zu finden. Die Beeren sind anfangs grün, später rot und in reifem Zustand blauschwarz gefärbt.
Der Faulbaum ist in Europa bis Westasien und Nordafrika verbreitet. Er bevorzugt feuchte bis wechselfeuchte oder nasse, relativ magere Böden und ist häufig in Mooren und Heiden, auf Feuchtwiesen und in feuchten Laub-, Misch- und Nadelwäldern zu finden. Mit seinen im Herbst goldgelb leuchtenden Blättern ist der anspruchslose Strauch auch in Gärten eine beliebte Zierde.
Faulbaum (Frangula alnus oder Rhamnus frangula)
Gattung Kreuzdorn (Rhamnus)
Familie der Kreuzdorngewächse (Rhamnaceae)
Die frische Rinde des Faulbaums ist ebenso wie die Beeren und Blätter aufgrund der enthaltenen Anthranoide Glucofrangulin und Frangulin giftig. Nach dem Verzehr kann es zu Unwohlsein, Übelkeit, Brechreiz, Bauchschmerzen und eventuell blutigem Durchfall kommen. Für Vögel sind die Beeren, die sie gerne naschen, nicht giftig.
Bei Verdacht auf eine Vergiftung sollte man Pflanzenteile sofort aus dem Mund entfernen und eine der Giftnotrufnummern (siehe unten) oder den Notruf 112 wählen. Die Giftinformationszentren bieten rund um die Uhr telefonische Beratung bei Vergiftungen oder im Verdachtsfall. Als Erste Hilfe wird empfohlen, ein Glas stilles Wasser, Tee oder Saft zu trinken, um das Gift im Magen zu verdünnen. Wurden mehr als fünf Beeren gegessen, sollte eine ärztliche Giftentfernung erfolgen.
Aufzeichnungen aus dem 14. Jahrhundert belegen, dass Zubereitungen aus dem Faulbaum bereits im Mittelalter als Abführmittel genutzt wurden. Verantwortlich für die Wirkung sind Anthranoide wie Glucofrangulin und Frangulin. Sie werden im Darm zu Anthronen umgewandelt, welche die Darmperistaltik anregen. Zusätzlich gelangen vermehrt Wasser und Elektrolyte in den Darm, sodass sich der Stuhl verflüssigt. Tee aus Faulbaumrinde (Frangulae cortex) kommt zur kurzzeitigen Behandlung einer gelegentlich auftretenden Obstipation zum Einsatz. Die Wirkung tritt sechs bis acht Stunden nach der Einnahme ein.
Vor der Verwendung muss die getrocknete Rinde mindestens ein Jahr lang gelagert oder ein bis zwei Stunden bei 100 °C erhitzt werden, da die erntefrische Droge aufgrund der enthaltenen Anthron- und Dianthronglykoside brecherregend wirkt. Diese werden durch Lagerung oder Erhitzung zu Anthrachinonglykosiden oxidiert. Die Kommission E am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bewertet die Droge positiv. Sie sollte jedoch nur eingesetzt werden, wenn eine Ernährungsumstellung oder Quellstoffpräparate keinen Abführeffekt erzielen. In Schwangerschaft und Stillzeit ist Faulbaumrinde kontraindiziert. Auch bei Hämorrhoiden sollte der Tee nicht angewendet werden. Trotz der guten Wirksamkeit wird die Droge nur mit Einschränkung verabreicht, da umstritten ist, ob bestimmte Bestandteile kanzerogen sind. In der Homöopathie finden Zubereitungen aus der frischen Rinde als »Rhamnus frangula« oder »Frangula« bei Verdauungsschwäche mit Neigung zu Durchfällen Verwendung.
Bis moderne Sprengstoffe erfunden wurden, kam das Holz des Faulbaums als Schwarzpulver zum Einsatz. Aus ihm entsteht eine Holzkohle mit geringen Ascheanteil. Daher stammt der umgangssprachliche Name des Faulbaums »Pulverholz«. Rinde und Früchte eignen sich zum Färben von Wolle, Baumwolle und Seide. Während die Rinde goldbraune bis rotbraune Farbtöne erzeugt, ergeben die Früchte eine zitronen- bis senfgelbe Färbung. Das leichte, weiche Holz ist zudem für Drechslerarbeiten geeignet.
Allgemeine Erstmaßnahmen bei Verdacht auf Vergiftung
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