ZL-Ringversuch erfolgreich absolvieren |
Zubereitungen mit Hydrocortisonacetat werden gerne bei Säuglingen, Kleinkindern und Senioren eingesetzt. / Foto: Adobe Stock/TROYAN PHOTO
Zunächst erläutert sie die Qualitätsmerkmale, die vom Zentrallaboratorium in Eschborn (ZL) geprüft werden. Der Chef hat entschieden. die beiden optional zu buchenden Prüfparameter wie Kennzeichnung nach § 14 ApBetrO sowie die mikrobielle Qualität nicht testen zu lassen. Um nachzuschauen, welche Qualitätsmerkmale noch zu prüfen sind, ruft die Apothekerin die Homepage des Zentrallabors auf und öffnet das Ringversuchsjahresheft 2022: Es ist eine Cremezubereitung mit Hydrocortisonacetat herzustellen, die auf folgende Qualitätsmerkmale geprüft wird:
Welcher Wirkstoff einzusetzen sei, fragt die Apothekerin. Der PTA-Praktikant wählt das Standgefäß mit Hydrocortison und erklärt seine Entscheidung damit, dass kein Hydrocortisonacetat vorhanden sei, die beiden Klasse-I-Glucocorticoide aber therapeutisch äquivalent seien und deshalb das Therapieziel des Arztes nicht beeinflusst werde. Das sei zwar richtig, so die Apothekerin, aber laut ApBetrO muss die Rezeptur der Verordnung entsprechen. »Hydrocortison besitzt eine Alkoholgruppe, wobei sich bei Hydrocortisonacetat an dieser Hydroxygruppe ein Essigsäurerest befindet. Es gehört deshalb chemisch betrachtet also zu den Estern!« beendet sie ihren kurzen Fachvortrag. »Es ist also zwingend notwendig, Hydrocortisonacetat einzusetzen«, fasst die Apothekerin zusammen. Sie habe es bereits bestellt, der PTA-Praktikant kann die Eingangskontrolle nach den Alternativverfahren des NRF deshalb direkt durchführen.
Nach der NRF Vorschritt Nr. 11.15. sollen 50 g der Hydrophilen Hydrocortisonacetat–Creme 0,25 % hergestellt werden. Die Apothekerin hat bereits das NRF aufgeschlagen und zusammen schauen sie sich die Herstellungsvorschrift an. Damit der Wirkstoffgehalt stimmt, ist 0,125 g Hydrocortisonacetat abzuwiegen. Die Apothekerin stellt ein kleines Uhrglas sowie ein Wäägeschiffchen aus Polystyrol bereit und fragt den Praktikanten, welches er einsetzt. Er entscheidet sich für das Schälchen. »Denn es ist viel leichter als das Uhrglas. Und jede Waage arbeitet bei geringer Belastung genauer«, erklärt er. »Die Erklärung ist sehr gut. doch leider lädt sich mikrofeines Pulver gerade bei trockener Luft elektrostatisch auf, sodass sich das Abwiegen schwierig gestalteten kann«, so die Apothekerin. Ursache sei beispielweise ein Pullover aus Kunststoff. »Deshalb ist es gut, im Labor Baumwolle zu tragen, auch beim Kittel«, fügt sie hinzu. »Gibt es denn ein halbfestes Rezepturkonzentrat?« fragt der PTA-Praktikant. Eine sehr gute Idee, konstatiert die Apothekerin, denn auch damit reduziere sich das Ladungsproblem. »Zudem ist die Suspensionscreme rasch hergestellt, denn das Anreiben entfällt. Doch leider gibt es kein halbfestes Rezepturkonzentrat. Das müssen wir per Hand in der Mischschale produzieren«.
Weiter erläutert sie, dass auch aus Gründen der Wägetechnik kein Rezepturkonzentrat einzusetzen sei. »Die einzuwiegende Masse von 0,125 g Wirkstoff liegt weit über der experimentell ermittelten Mindesteinwaage von 20 mg unserer Analysenwaage«, betont sie. Sie verwende einen frisch desinfizierten Metallspatel, der ein dachrinnenartiges Ende besitzt. Mit diesen Worten zeigt sie dem Praktikanten den Spatel und erklärt weiter, dass kaum elektrostatische Effekte entstehen und auch seltener Pulver verlorengeht im Vergleich zum flachen Spatel. »So gebe ich unfallfrei das mikrofeine Pulver in die Mischschale«, erklärt sie abschließend.
Der PTA-Praktikant wiegt das Schiffchen zum Wägen nach dem Überführen des Pulvers zurück. Rasch rechnet er und meint: »Das sind lediglich 0,96 Prozent Restpulver und liegt damit unterhalb der geforderten 1 Prozent Abweichung. So fordert es das NRF.« Das stimme, sagt die Apothekerin, gibt jedoch folgendes zu bedenken: »Der Wert liegt ganz nah an der Obergrenze von 1 Prozent. Das passiert nicht selten bei Teilchen kleiner Korngröße, die stärker an Oberflächen haften. Vor allem, wenn es nicht als Häufchen, sondern großflächig eingewogen wird. Wir arbeiten deshalb in unserer Rezeptur mit einem Einwaagekorridor«. Dazu rechne man auf die bereits berechnete Menge an Arzneistoff unter Berücksichtigung des Einwaagekorrekturfaktors nochmals ein Prozent hinzu. »Und durch unsere Teilnehme am ZL-Ringversuch soll unsere These bestätigt werden«. Deshalb wiegt der Praktikant den Arzneistoff erneut ein.
»Mit welcher Mischschale möchtest Du arbeiten?«, fragt die Apothekerin und stellt neben der klassischen Fantaschale auch eine Glas- sowie eine Metallschale auf den Arbeitstisch. Zielstrebig greift der Praktikant zur Metallschale. Denn die Glasschale sei ihm zu schwer. Außerdem besitze das Glaspistill eine Schweißnaht am Pistillkopf, sodass er beim Abschaben ständig mit dem Kartenblatt hängenbleibe. Er ergänzt: »Die weiße Fantaschale eignet sich nicht so gut, um weiße Wirkstoffagglomerate zu erkennen.«
Gemeinsam lesen Sie in der NRF-Vorschrift 11.15. nach, dass der überführte Wirkstoff mit Glycerol 85 % anzureiben ist. Sie überlegen, wie viel Flüssigkeit einzusetzen sei. »Ist das nicht immer per Augenmaß im Verhältnis 1:1?«, fragt der PTA-Praktikant. »Nein, aber die genauen Angaben der NRF Vorschrift kenne ich auch nicht auswendig«, antwortet die Apothekerin. Gemeinsam lesen sie nach, dass in Abhängigkeit des eingesetzten Wirkstoffes zu arbeiten ist.
Hydrocortisonacetat wird mit Glycerol 85 % in folgendem Mischungsverhältnis angerieben:
Anschließend konstatiert die Apothekerin, dass sie diese Details auch nicht parat gehabt hätte. »Da ich mit 125 mg über dem Wert von 100 mg liege, ist also der Arzneistoff in zwei Schritten anzureiben?«, fragt der PTA-Praktikant. Nachdem die Apothekerin dies bejaht hat, erklärt sie, dass zunächst mit der doppelten Flüssigkeitsmenge die mikrofeinen Partikel lückenlos mit dem Glycerol 85 % zu benetzten seien. Doch diese pastöse Anreibung könne keinesfalls visuell auf Abwesenheit von Agglomeraten geprüft werden. Alternativ könne visuell auf Abwesenheit von Agglomeraten nach der zweiten Flüssigkeitsgabe in der gleichen Größenordnung durch das Verstreichen an der Schalenwand geprüft werden. Ein Teil Wirkstoff sei mit zwei Teilen Flüssigkeit pastös anzureiben und nur wegen der In-Prozess-Kontrolle weiter zu verdünnen.
Nachdem die Blickprüfung des flüssigen Rezepturkonzentrates positiv ausfällt, stellt der Praktikant die Frage, warum die nicht ionische hydrophile Creme DAB einzusetzen sei und nicht eine anionische. »Hydrocortisonacetat ist chemisch betrachtet ein Ester und kein Salz«, begründet er seine Frage. Die Apothekerin bejaht diese Aussage und erklärt, dass die ungeladene Unguentum emulsificans aquosum (UEA) laut Deutschem Arzneibuch im Vergleich zu den anderen nur 50 Prozent Wasser enthalte. »Und weil gerade schwache Glucocorticoide wie das Hydrocortisonacetat gerne bei Säuglingen, Kleinkindern und auch bei Senioren eingesetzt werden, vermute ich die Wahl dieser UEA.«
Im Anschluss fragt die Apothekerin den Praktikanten, wie viel Creme er zum flüssigen Wirkstoffkonzentrat hinzugeben möchte. Da beide die Antwort nicht kennen, wird rasch nachgelesen. Es sollen etwa ein Fünftel der Ansatzmenge eingesetzt werden. Der PTA-Praktikant berechnet, dass es zehn Gramm sind. Das sei richtig, bestätigt die Apothekerin. »Wir haben ein halbfestes Rezepturkonzentrat produziert«, sagt sie. Ganz wichtig sei es jetzt, die restliche Creme in einem Arbeitsschritt zuzugeben. Die Begründung: »Wird es immer in kleinen Anteilen dazugeben, so bläht sie sich auf - es entsteht Schlagsahne«.
Zur Bestätigung ihrer Aussage nimmt sie einen Objektträger aus der Schublade. Mit einem Glasstab tupft sie eine erbsengroße Crememenge mittig auf die Miniglasplatte. Als das Deckgläschen positioniert ist, gibt sie mit der Rückseite eines Kugelschreibers Druck auf die erbsengroße Menge der Probe. Dabei erklärt sie dem Praktikanten, dass die Probe dadurch sehr dünn ausgestrichen werde, ohne eventuell vorhandene Pulvernester zu zerstören. Mit dem Grob-, sowie Feintrieb erzeugt sie ein scharfes Bild und überprüft die Probe mit einer kleinen Vergrößerung. Dann schaut der Praktikant durch das Mikroskop und entdeckt »lauter Autoreifen«. Diese dürften zwar vorhanden sein, so die Apothekerin, aber die Anzahl sollte begrenzt sein. Denn je mehr Luft enthalten sei, desto mehr Keime gäbe es und das Konservierungsmittel verbrauche sich.
Sie fährt fort: »Unser Auge kann Strukturen bis zu einer Größe von höchstens 0,2 mm erfassen. Ab 180 µm ist aber ein Partikel bereits auf der Haut spürbar. Sie erklärt weiter: »Nach der DAC Monographie C.217 Clobetasolpropionat-Verreibung 0,5 % mit Basiscreme darf kein Teilchen größer als 90 µm sein. In Anlehnung daran beurteile ich die Teilchengröße mit Hilfe des Objektmikrometers und des Mikroskops. Ich entnehme mit einem desinfizierten Glasstab circa 0,5 g Creme beziehungsweise maximal 1 Prozent der Ansatzmenge, die ich auf den Objektträger tupfe. Dann lege ich einen zweiten Objektträger obenauf. Die Probe wird so zwischen zwei Glasplatten ohne Druck ausgestrichen. Im Kontrast zu einem schwarzen Blatt Papier oder einer Lichtquelle wie dem Fenster oder der Lampe schaue ich, ob Agglomerate zu erkennen sind.«.
Weiter erläutert sie, dass mit größerem Cremeeinsatz die genaue Partikelgröße rasch mit Hilfe eines Grindometers bestimmbar sei. »Das ist ein Metallblock, in den kleine Rillen keilförmig eingefräst sind«, erklärt die Apothekerin. »Die Cremeprobe trage man quer auf den Metallblock auf, wobei unbedingt bei den tieferen Rillen zu beginnen sei. Mit einem Edelstahlrakel streiche man die Creme längs über den Metallblock. Sobald Körner oder Agglomerate die Bahntiefe überstiegen, entstünden Schleifspuren. An der seitlich angebrachten Skala des Grindometers sei die Partikelgröße abzulesen. Der PTA-Praktikant freut sich darüber, dass beide Tests positiv ausfallen. »Dann hoffen wir, dass das Zentrallabor uns ein Zertifikat ausstellten wird«, sagt die Apothekerin.