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Chronifizierung vermeiden

Zur Schmerztherapie gehört mehr als eine Disziplin

Am 3. Juni 2025 war der bundesweite »Aktionstag gegen den Schmerz«. Eine von der Deutschen Schmerzgesellschaft initiierte Expertenrunde machte darauf aufmerksam, dass interdisziplinäre Zusammenarbeit zentral ist. Die geplante Krankenhausreform könnte die Versorgungsstrukturen jedoch gefährden.
AutorKontaktJuliane Brüggen
Datum 13.06.2025  10:00 Uhr

Chronische Schmerzen, das heißt Schmerzen, die länger als drei Monate anhalten, sind nicht selten: Etwa 23 Millionen Menschen sind in Deutschland betroffen. Davon seien etwa 6 Millionen Betroffene im Alltag körperlich eingeschränkt, informierte Professor Dr. Frank Petzke, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft. Rund 2,2 Millionen Menschen litten gar an der Schmerzkrankheit: »Der Schmerz ist dann zum alles bestimmenden Faktor im Leben Betroffener geworden« – einschließlich psychischer und sozialer Einbußen.

Das zeigt: »Der Leidensdruck für Betroffene und die volkswirtschaftliche Belastung sind schon heute immens groß«, so Petzke. Für viele Betroffene sei eine angemessene Behandlung in spezialisierten Schmerzzentren jedoch weder zeit- noch wohnortnah verfügbar – was sich durch die anstehende Krankenhausreform noch zu verschlechtern drohe: »Ohne zügige Nachbesserungen könnte künftig auch noch bis zu 40 Prozent der Versorgung wegbrechen«, berichtete der Leiter der Schmerzmedizin an der Universität Göttingen. »Da Schmerz keine eigene ›Leistungsgruppe‹ mit eigenen Rahmenbedingungen und Planungssicherheit in der aktuellen Krankenhausreform ist, drohen gerade nötige spezialisierte Zentren der Schmerzmedizin weiter ›ausgedünnt‹ zu werden und wegzufallen.«

Daher die Forderung der Deutschen Schmerzgesellschaft: »Die Bundesregierung muss eine eigene Leistungsgruppe ›Interdisziplinäre multimodale Schmerzmedizin‹ mit klaren Standards und Vorhaltepauschalen einführen.«

Multimodale Therapie erforderlich

Dass die Schmerztherapie keine Einzelleistung ist, wurde bei der Pressekonferenz deutlich: Es braucht neben der Medizin unter anderem die Pflegeberufe, Physio- und Psychotherapeuten sowie Patientenorganisationen, die den Austausch in Selbsthilfegruppen ermöglichen. »Viele Schmerzbetroffene fühlen sich nicht nur körperlich, sondern auch gesellschaftlich im Abseits«, sagte Heike Norda, Vorsitzende der Patientenorganisation UVSD Schmerzlos. »Wer chronisch krank ist, braucht kein Mitleid, sondern Zugang zu verständlichen Informationen, angemessener Therapie, Anerkennung der Einschränkungen – und Teilhabe.« Die Selbsthilfe leiste hier wertvolle Arbeit.

Pflegekräfte seien oft die ersten, die Schmerzen erkennen und lindern, berichtete Vera Lux, Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK). »Speziell auf Schmerz ausgebildete Pflegefachpersonen – sogenannte Pain Nurses oder Advanced Pain Nurses – bringen ein umfassendes Verständnis für körperliche, emotionale und soziale Schmerzfaktoren mit – und leisten mit fundierten komplementären Verfahren einen unverzichtbaren Beitrag«, so Lux. Sie stellte zwei neue Handreichungen für Pflegekräfte vor, die ergänzende Maßnahmen bei Schmerzen wie Wickel oder Aromatherapie für Erwachsene und Kinder beschreiben. Lux: »Eine nachhaltige Schmerztherapie kann nur gelingen, wenn alle an Schmerzversorgung beteiligten Berufsgruppen auf Augenhöhe zusammenarbeiten.«

Psychische Faktoren berücksichtigen

Professorin Dr. Christiane Hermann, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychologische Schmerztherapie und -Forschung (DGPSF) betonte, dass Schmerz ein »biopsychosoziales Problem« ist. »Wir wissen, dass biologische, aber auch psychologische und soziale Faktoren beeinflussen, wie stark wir Schmerzen erleben und wie stark wir durch die Schmerzen beeinträchtigt sind.«

Einerseits seien Depressivität, Ängste oder ungünstige Bewältigungsstrategien wie Grübeln oder das Gefühl der Hilflosigkeit wichtige Risikofaktoren für die Chronifizierung von Schmerzen, andererseits haben viele Schmerzpatienten psychische Erkrankungen als Komorbidität. »Das bedeutet, dass diese psychischen Faktoren das Schmerzerleben ungünstig beeinflussen können und umgekehrt auch der Schmerz die psychische Problematik unter Umständen verstärken kann«, so Hermann.

Doch die Vernetzung der verschiedenen Berufsgruppen sei im ambulanten Setting unzureichend. Es fehlt ihr zufolge an Strukturen, die zum Beispiel eine Vergütung von interdisziplinären Fallkonferenzen ermöglichen. Auch in Aus- und Weiterbildung müsse das Thema Schmerz stärker in den Fokus genommen werden.

Bewegung als Medikament

»Schon geringe sportliche Aktivität kann das Schmerzempfinden positiv beeinflussen«, erklärte Dr. Claus Beyerlein, Physiotherapeut und Diplom-Sportwissenschaftler. Ein zentraler Baustein der multimodalen Schmerztherapie sei die Physiotherapie, die viele Ebenen habe:

  • Information und Bildung der Patienten,
  • Förderung des Selbstmanagements,
  • gemeinsame Entscheidungsfindung über den Therapieverlauf,
  • aktive Bewegungstherapie und
  • kontinuierliches Training zur Rückfallprophylaxe.

Als Dreh- und Angelpunkt bezeichnete er die aktive Bewegung: »Ich nenne es ›das Medikament Bewegung‹«. Denn diese habe zahlreiche positive Effekte bei Schmerzpatienten, etwa die Ausschüttung von schmerzlindernden Botenstoffen wie Endorphinen und Dopamin, die Stärkung von Muskeln und Kreislauf, ein verbessertes Wohlbefinden und auch das Gefühl der Selbstwirksamkeit. »Bewegung kann chronischen Schmerzen langfristig vorbeugen«, so Beyerlein, der Mitglied im Vorstand des Bundesverbands Physio Deutschland ist. »Bewegung ist meist frei von Nebenwirkungen, kostengünstig und jederzeit verfügbar – unabhängig von Wohnort, Uhrzeit oder Versicherungsstatus.«

»Wir wissen auch, dass Bewegung ein sehr gutes ›Medikament‹ gegen Depression ist«, ergänzte Professorin Hermann. Ängste vor Bewegung zu nehmen, die bei Schmerzpatienten bestehen können, seien ein Bestandteil der Psychotherapie – ein Beispiel dafür, wie die Disziplinen ineinandergreifen.

Und wie steht es um die medikamentöse Schmerztherapie? »Wir haben viele Ansätze gehört – wie Bewegung, komplementäre Verfahren und Psychotherapie –, die Medikamente vermeiden können«, sagte Petzke. Dennoch gebe es Patienten, die ohne die Arzneimitteltherapie nicht auskommen. Hier sei eine gute ärztliche Begleitung sowie ein Blick auf andere Erkrankungen und Wechselwirkungen wichtig. Außerdem brauche es klare Behandlungsziele, die regelmäßig hinterfragt werden. Ein wichtiger Punkt: »Medikamente können helfen, wieder in Bewegung zu kommen«, so Petzke – aber nur in einem gesunden Rahmen, nicht als »Doping«.

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