Zurück zur besten Besiedlung |
Joghurt via Tampon in die Scheide einzuführen, hilft nicht bei einer Vaginose. / Foto: Shutterstock/Lapina Maria
Das vaginale Mikrobiom verändert sich im Leben einer Frau ständig – von der Geburt über die Pubertät und das reproduktive Alter bis hin zur Menopause. Wie die Zusammensetzung genau aussieht, das hängt außer vom hormonellen Status der Frau von ihrer ethnischen Zugehörigkeit und ihrer Lebensweise einschließlich ihrer Ernährungsgewohnheiten und Hygiene- und Sexualpraktiken ab. Im Vaginalbereich dominieren bei kaukasischen Frauen im gebärfähigen Alter Milchsäurebakterien (Lactobacillus spp., LAB). Das weibliche Sexualhormon Estrogen steuert die Konzentration der Laktobazillen, die nach dem deutschen Gynäkologen Albert Döderlein (1860 bis 1941) auch als Döderlein-Bakterien bezeichnet werden. Die Gruppe umfasst über 170 verschiedene Arten unterschiedlich großer, unbegeißelter, grampositiver Stäbchen. Sie produzieren Milchsäure, einige zudem desinfizierend wirkendes Wasserstoffperoxid. Beispiele für Laktobazillen der Vaginalflora sind L. crispatus, L. gasseri, L. jensenii und L. iners.
Im reproduktiven Alter der Frau liegt der optimale vaginale pH-Wert im Bereich von 3,8 bis 4,4. Bei diesem pH-Wert herrschen optimale Bedingungen für die Lactobacillus-Arten. Diese halten nicht nur das saure Milieu im Vaginalbereich aufrecht, sie heften sich auch schützend an das Epithel der Schleimhaut an und hemmen das Wachstum von Krankheitserregern.
Ist die Vaginalflora im Gleichgewicht, schützt das die Frau vor verschiedenen Infektions-, Urogenital- und Stoffwechselkrankheiten. Hormonelle Einflüsse, Stress, Rauchen, wechselnde Sexualpartner, Medikamente, chronische Stoffwechsel-Krankheiten und eine falsche Intimpflege können die Zusammensetzung des vaginalen Mikrobioms allerdings verändern. Eine bakterielle Vaginose liegt vor, wenn sich die Anzahl an Laktobazillen in der Scheide verringert und sich pathogene Bakterien ausbreiten.
Von einer symptomatischen bakteriellen Vaginose mit Symptomen wie grau-weißem Ausfluss (Fluor) und mit fischartigem Geruch sind etwa fünf Prozent der Frauen betroffen. Antibiotika wie Metronidazol oder Clindamycin drängen die schädlichen Keime zwar zurück, schwächen aber auch die natürliche Vaginalflora. Ein weiteres Problem ist, dass Pathogene in Biofilmen ihnen entgehen können. Die Rückfallrate bei einer bakteriellen Scheideninfektion ist hoch.
Probiotika können das vaginale Mikrobiom wieder ins Gleichgewicht bringen. Nahrungsergänzungsmittel (wie Omni Biotic Flora plus+, Vagisan Biotin-Lacto) enthalten verschiedene nützliche Bakterienstämme, die die Vagina vom Darm aus besiedeln sollen. Mit dem Stuhlgang ausgeschiedene Laktobazillen gelangen dazu über den Damm zur vaginalen Schleimhaut. Arzneimittel zur vaginalen Anwendung können ebenfalls Milchsäurebakterien enthalten (wie Vagisan ProbioFlora Milchsäure-Bakterien, Döderlein Vaginalkapseln) oder direkt die für den optimalen pH-Wert wichtige Milchsäure liefern (wie Vagiflor Vaginalzäpfchen, Lactofem Milchsäure Vaginalzäpfchen oder KadeFungin Milchsäurekur). Die intravaginale Anwendung von Milchsäurebakterien konnte in Studien einer erneuten Scheideninfektion vorbeugen.
US-Amerikanische Forscher führten beispielsweise von 2016 bis 2019 eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-2b-Studie mit 228 Frauen durch, um zu untersuchen, ob Lactobacillus Crispatus CTV-05 (Lactin-V) das Wiederauftreten einer bakteriellen Vaginose verhindern kann. Nach zwölf Wochen war die Rezidiv-Inzidenz signifikant geringer in der Lactin-V-Gruppe als unter Placebo.
Bei Frauen mit einer bakteriellen Vaginose, die auf Antibiotika mit starken Nebenwirkungen reagieren oder bei denen diese kontraindiziert sind, kann alternativ eine Therapie mit Probiotika probiert werden. Die Behandlung einer Vaginose mit probiotischen Präparaten anstelle Antibiotika ist allerdings weniger gut untersucht.
In einigen Studien wurden Probiotika in Kombination mit Antibiotika getestet, um eine Scheideninfektion zu behandeln. So publizierte 2014 eine aus China stammende Forschergruppe die Ergebnisse einer Metanalyse, die zwölf randomisierte kontrollierte Studien mit 1304 Patientinnen einschloss. Es zeigte sich, dass eine Probiotika-Supplementierung die Heilungsrate einer bakteriellen Vaginose signifikant verbessern konnte. Die Evidenz für die positive Wirkung war jedoch laut Autoren wegen Limitationen wie der Heterogenität der Studiendesigns begrenzt.
Ein anderer Ansatz ist es, anstelle einzelner Bakterien gleich das gesamte Mikrobiom einer gesunden Spenderin zu transferieren. Dass ein Mikrobiom-Transfer grundsätzlich funktionieren kann, wurde bereits mit Stuhltransplantationen bei Darminfektionen wie therapierefraktären Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhöen (CDAD) gezeigt. Eine vaginale Mikrobiom-Transplantation (VMT) könnte analog Patientinnen helfen, die unter symptomatischer, rezidivierender bakterieller Vaginose leiden. In einer ersten explorativen Studie wurden fünf Frauen mit einer VMT behandelt. Bei vier von ihnen führte die VMT zur einer vollständigen Langzeitremission bis zum Ende der Nachuntersuchungszeit. Bei keiner der fünf Teilnehmerinnen wurden Nebenwirkungen beobachtet. Die Remission erforderte allerdings bei drei Patientinnen eine wiederholte VMT, einschließlich eines Spenderwechsels in einem Fall.
Ein weiterer Ansatz, die Scheidenflora zurück ins Gleichgewicht zu bringen, ist die Einnahme von Präbiotika. Dabei handelt es sich um unverdauliche Lebensmittelbestandteile, die das Wachstum von nützlichen Bakterien wie Laktobazillen fördern sollen. Beispiele sind Ballaststoffe wie Inulin und Oligofruktose. Ausreichend Belege dafür, dass Präbiotika wirksam sind, fehlen jedoch. Das Gleiche gilt für die zahlreichen Hausmittelchen von Teebaumöl über Joghurt bis hin zu Essigwasser. Im schlimmsten Fall schaden diese sogar anstelle zu helfen.
Patientinnen, die Probiotika einnehmen wollen, um einer erneuten Scheideninfektion vorzubeugen, stellen sich am besten darauf ein, dass es Wochen bis Monate dauern kann, bis die Besiedelung wieder im Gleichgewicht ist. Das Apothekenteam kann betroffene Frauen darauf hinweisen, dass die Art der Intimpflege ebenfalls dazu beitragen kann, Scheideninfektionen oder ihr Wiederauftreten zu verhindern. Lauwarmes Wasser reicht in der Regel aus, um den Vaginalbereich zu reinigen.
Wenn Kundinnen eine Reinigungslotion wünschen, empfiehlt das Apothekenteam ein mildes, pH-neutrales Mittel ohne reizende oder austrocknende Bestandteile und frei von Parfümzusätzen. Die Produkte wenden Frauen nur außerhalb der Labien an. Das Gleiche gilt für Pflegecremes. Von Intimdeos und Vaginalduschen ist abzuraten. Diese können die empfindliche Haut im Genitalbereich zu sehr reizen und die natürlichen Schutzbarrieren beeinträchtigen.
Nach dem Waschen wird die Haut sanft mit einem sauberen Handtuch trocken getupft. Den Analbereich reinigen Frauen wiederum mit Seife, um das Risiko zu verringern, dass Bakterien aus dem Darm übertragen werden. Nach dem Stuhlgang wischen sich Frauen grundsätzlich immer von vorn nach hinten ab, um Schmierinfektionen zu verhindern. Um Infektionen vorzubeugen, sollte kein feuchtwarmes Milieu im Intimbereich entstehen. Bei Unterwäsche eignet sich daher atmungsaktives Gewebe wie Baumwolle besser als synthetisches Material. Zu eng anliegende Kleidung ist ebenfalls ungünstig. Slipeinlagen mit plastifizierter Oberfläche fördern ein feuchtes Milieu. Für Patientinnen, die häufig an Vaginosen leiden, sind Binden eine bessere Wahl als Tampons, um das Menstruationsblut aufzufangen. Werden Tampons zu häufig gewechselt, können sie die Scheide austrocknen.