Zwei Innovationen im August |
Sven Siebenand |
20.08.2025 16:00 Uhr |
Extrem verletzliche Haut wie ein Schmetterling: Das ist die seltene Krankheit dystrophe Epidermolysis bullosa . Jetzt gibt es dagegen die erste topische Gentherapie. / © Adobe Stock/Christian_MUSAT
Weil die Haut der Betroffenen extrem verletzlich ist, wird die dystrophe Epidermolysis bullosa häufig auch als Schmetterlingskrankheit bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine seltene, vererbte Erkrankung. Patienten weisen Mutationen im COL7A1-Gen auf, sodass das Genprodukt, das Protein Kollagen Typ VII (COL7), nicht produziert werden kann. Dieses Protein wird allerdings benötigt, um die Hautschichten zusammenzuhalten. Fehlt es, so reagiert die Haut schon bei kleinsten Verletzungen mit starker Blasen- und Narbenbildung. Auch extrakutane Komplikationen wie Schmerz, Infektionen, Anämie und Gedeihstörung sind häufig.
Beremagene geperpavec (Vyjuvek® 5 × 109 Plaque-bildende Einheiten/ml Suspension und Gel zur Herstellung eines Gels, Krystal Biotech) ist eine neue Therapieoption für Patienten mit dystropher Epidermolysis bullosa, die Mutationen im COL7A1-Gen aufweisen. Es ist eine lokal applizierbare Gentherapie auf der Grundlage eines veränderten, replikationsdefekten Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1), der das COL7A1-Gen codiert. Bei Applikation auf die Wunden kann Beremagene geperpavec sowohl Keratinozyten als auch Fibroblasten transduzieren. Nachdem der neue Wirkstoff in die Zellen gelangt ist, wird das Vektorgenom in den Zellkern transportiert, wo es sich nicht in die Wirtszell-DNA integriert oder auf andere Weise damit interagiert. Sobald es sich im Zellkern befindet, wird aber dennoch die Transkription des codierten humanen COL7A1 initiiert. Das heißt: Das COL7-Protein kann nun gebildet werden. Es trägt so dazu bei, die Hautschichten zusammenzuhalten und die Wundheilung zu fördern.
Wunden sollten vor der kutanen Applikation von Vyjuvek vorsichtig mit einem Produkt gereinigt werden, das kein Viruzid enthält. Das Gel wird einmal wöchentlich kutan in kleinen Tröpfchen in einem gitterähnlichen Muster im Abstand von etwa 1 cm voneinander auf die Wunde(n) appliziert. Eventuell ist es nicht möglich, bei jedem Behandlungstermin alle Wunden zu behandeln. Die empfohlene maximale wöchentliche Gesamtdosis für Kinder von der Geburt bis zum Alter von drei Jahren beträgt 1 ml. Die empfohlene maximale wöchentliche Gesamtdosierung für Kinder über drei Jahren, Jugendliche und Erwachsene beträgt 2 ml.
Vyjuvek sollte auf die Wunden aufgetragen werden, bis sie geschlossen sind; es sollte nicht angewendet werden, wenn keine Wunden vorhanden sind. Das Mittel sollte von medizinischem Fachpersonal aufgetragen werden. Nach entsprechender Schulung kann Vyjuvek auch von den Patienten oder Betreuungspersonen appliziert werden, wenn das medizinische Fachpersonal dies für angemessen hält. Patienten sollten nach dem Auftragen von Vyjuvek etwa 24 Stunden lang einen Verband tragen. Sobald dieser entfernt worden ist, kann der Patient mit seiner üblichen Standardpflege fortfahren.
In der Fachinformation des neuen Medikaments heißt es: »Vor der Anwendung auf der Haut müssen die Suspension und das Gel aufgetaut werden, und die Suspension muss in einer Apotheke mit dem Gel vermischt werden.« Details dazu finden PTA und Apotheker in der Fachinformation.
Die häufigsten Nebenwirkungen von Vyjuvek sind Schüttelfrost und Juckreiz. Die Anwendung von Vyjuvek während der Schwangerschaft wird nicht empfohlen. Bei Stillenden muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Vyjuvek verzichtet werden soll.
Der neue Wirkstoff Inavolisib (Itovebi® 3 und 9 mg Filmtabletten, Roche) wird in Kombination mit Palbociclib und Fulvestrant zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit PIK3CA-mutiertem, Estrogenrezeptor-(HR)-positivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs angewendet, wenn während einer adjuvanten endokrinen Behandlung oder innerhalb von zwölf Monaten nach Abschluss einer adjuvanten endokrinen Behandlung ein Rezidiv auftritt.
Bei Patienten, die zuvor im Rahmen der (neo)adjuvanten Therapie mit einem CDK4/6-Inhibitor behandelt wurden, sollte zwischen dem Absetzen des CDK4/6-Inhibitors und dem Nachweis des Rezidivs ein Intervall von mindestens zwölf Monaten liegen. Bei prä-/perimenopausalen Frauen und bei Männern ist die endokrine Therapie mit einem LHRH-Agonisten zu kombinieren.
Inavolisib ist ein Inhibitor der katalytischen Untereinheit der Phosphatidylinositol-4,5-Bisphosphat-3-Kinase (PI3K) Alpha-Isoform (p110α). Darüber hinaus fördert Inavolisib den Abbau von mutiertem p110α. Der sogenannte PI3K-Signalweg ist bei HR-positivem Brustkrebs häufig fehlreguliert, oft aufgrund aktivierender PIK3CA-Mutationen. Mit seinem dualen Wirkmechanismus hemmt Inavolisib die Aktivität nachgeordneter Ziele des PI3K-Signalweges, was zu einer verringerten zellulären Proliferation und zur Apoptoseinduktion in PIK3CA-mutierten Brustkrebszelllinien führt.
Die empfohlene orale Dosis von Inavolisib beträgt 9 mg einmal täglich – jeden Tag ungefähr zur gleichen Zeit. Wenn eine Einnahme vergessen wurde, kann diese innerhalb von neun Stunden nach der gewohnten Einnahmezeit nachgeholt werden. In der Fachinformation ist zudem beschrieben, was bei eingeschränkter Leber- und/oder Nierenfunktion gegebenenfalls zu bedenken ist.
Die Behandlung von Nebenwirkungen kann eine vorübergehende Unterbrechung, Dosisreduktion oder einen Abbruch der Behandlung mit Inavolisib erfordern. Die empfohlenen Dosisreduktionen bei Nebenwirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.
Die Liste möglicher Nebenwirkungen ist leider sehr lang. Sehr häufig sind zum Beispiel Hyperglykämie, Stomatitis, Diarrhö, Thrombozytopenie, Ermüdung, Anämie, Übelkeit, verminderter Appetit, Ausschlag, Kopfschmerz, Gewichtsabnahme, Erbrechen und Harnwegsinfektionen.
Zum Thema Hyperglykämie heißt es in einem gesonderten Warnhinweis in der Fachinformation außerdem: Patienten mit Diabetes mellitus in der Vorgeschichte benötigen möglicherweise eine intensivierte antihyperglykämische Behandlung und häufigere Nüchtern-Glukosetests während der Behandlung mit Itovebi. Die Behandlung sollte erst begonnen werden, wenn der Nüchtern-Glukosespiegel optimiert ist. Vor Beginn der Behandlung sollte die Konsultation eines in der Behandlung von Hyperglykämie erfahrenen Arztes in Betracht gezogen werden. Vor Beginn der Behandlung sind zudem alle Patienten über die Anzeichen und Symptome einer Hyperglykämie aufzuklären und darüber zu informieren, sich unverzüglich an einen Arzt zu wenden, wenn diese Symptome auftreten. Bei den Patienten sind vor der Behandlung und in regelmäßigen Abständen während der Behandlung der Nüchtern-Glukosespiegel und HbA1C-Wert zu testen.
Einen anderen Warnhinweis gibt es zum Thema Stomatitis. Die Patienten sind darauf hinzuweisen, beim ersten Anzeichen einer Stomatitis mit der Anwendung einer alkoholfreien Mundspülung mit Corticosteroiden zu beginnen und alkoholische oder peroxidhaltige Mundspülungen zu vermeiden, da diese den Zustand verschlimmern können. Diätetische Anpassungen, etwa ein Verzicht auf scharfe Speisen, sind in Betracht zu ziehen.
Patientinnen sind anzuweisen, während der Behandlung mit Itovebi und für eine Woche nach der letzten Dosis eine wirksame nicht hormonelle Verhütungsmethode anzuwenden. Die Anwendung von Inavolisib bei Schwangeren und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Das Stillen soll während der Behandlung und für eine Woche nach der letzten Dosis von Itovebi unterbrochen werden.
Es ist nicht bekannt, ob Inavolisib in das Sperma gelangt. Um eine potenzielle fetale Exposition während der Schwangerschaft zu vermeiden, müssen männliche Patienten mit Partnerinnen im gebärfähigen Alter während der Behandlung mit dem Wirkstoff und für eine Woche nach der letzten Dosis ein Kondom verwenden.