Zwei Wirkstoffe debütieren |
Sven Siebenand |
08.04.2025 16:00 Uhr |
Bei beiden neuen Wirkstoffen sollten Frauen sicher verhüten. / © Adobe Stock/nenetus
Zugelassen ist Belzutifan (Welireg® 40 mg Filmtabletten, MSD) als Monotherapie zur Behandlung des fortgeschrittenen klarzelligen Nierenzellkarzinoms bei Erwachsenen, deren Erkrankung nach zwei oder mehreren Therapien, darunter ein PD-(L)1-Inhibitor und mindestens zwei zielgerichtete VEGF-Therapien, fortgeschritten ist. Zudem darf der Wirkstoff zur Monotherapie bei bestimmten erwachsenen Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom-assoziierten Tumoren zum Einsatz kommen. Beim erblichen Von-Hippel-Lindau-Syndrom und bei der Mehrzahl der klarzelligen Nierenzellkarzinome ist das sogenannte Von-Hippel-Lindau-Gen (VHL) verändert. Dessen Genprodukt, das VHL-Protein, reguliert normalerweise den Hypoxie-induzierbaren Faktor HIF 2 alpha (HIF-2α). Eine Beeinträchtigung der VHL-Proteinfunktion führt zur Akkumulation von HIF-2α. Das führt zu ungebremster Zellteilung, Tumorwachstum und fördert die Entstehung neuer Blutgefäße.
Belzutifan weist einen neuen Wirkmechanismus auf. Es handelt sich um einen ersten Inhibitor von HIF-2α. Dadurch können der außer Kontrolle geratene HIF-Signalweg wieder reguliert und das Krebswachstum gebremst werden. Die empfohlene Dosis beträgt 120 mg Belzutifan einmal täglich. Die Behandlung sollten die Patienten so lange fortsetzen, bis die Krankheit fortschreitet oder eine unzumutbare Toxizität auftritt. In der Fachinformation von Welireg gibt es Empfehlungen zur Dosisanpassung des Medikaments aufgrund von Nebenwirkungen, etwa Anämie und Hypoxie.
Zu beiden Nebenwirkungen existiert auch ein spezieller Warnhinweis in der Fachinformation. So sollten Patienten vor Beginn der Behandlung mit Belzutifan und in regelmäßigen Abständen während der Behandlung auf Anämie überwacht werden. Zudem sollte die Sauerstoffsättigung vor Beginn der Behandlung und in regelmäßigen Abständen währenddessen mittels Pulsoximetrie überwacht werden.
Zu den weiteren sehr häufigen Nebenwirkungen von Belzutifan zählen neben Anämie und Hypoxie auch Ermüdung/Fatigue, Übelkeit, Dyspnoe und Schwindelgefühl. Die gleichzeitige Gabe von Belzutifan mit UGT2B17- oder CYP2C19-Inhibitoren steigert die Plasmakonzentration von Belzutifan, was die Häufigkeit und Schwere der Nebenwirkungen von Belzutifan erhöhen kann.
Frauen im gebärfähigen Alter müssen vor Therapiestart eine Schwangerschaft mit einem Test ausschließen und während der Behandlung sowie für mindestens eine Woche nach der letzten Dosis eine hochwirksame Verhütungsmethode anwenden.
Die Anwendung von Belzutifan kann ferner die Wirksamkeit hormoneller Kontrazeptiva verringern. Patientinnen, die hormonelle Kontrazeptiva verwenden, sind anzuweisen, während der Behandlung eine alternative, nicht hormonelle Verhütungsmethode einzusetzen oder ihr männlicher Partner muss ein Kondom anwenden. Belzutifan darf während der Schwangerschaft nicht zum Einsatz kommen, es sei denn, dass eine Behandlung eines Nierenzellkarzinoms mit dem Wirkstoff aufgrund des klinischen Zustandes der Frau erforderlich ist. Bei VHL-Syndrom-assoziierten Tumoren ist Belzutifan während der Schwangerschaft kontraindiziert.
Aufgrund des Potenzials von schwerwiegenden Nebenwirkungen bei gestillten Kindern wird Frauen geraten, während der Behandlung mit Belzutifan und für mindestens eine Woche nach der letzten Dosis nicht zu stillen.
Lagern sich fehlgefaltete Proteine im Körper ab, dann kann dies zu Amyloidosen führen. Auch im Herzen kann das geschehen – man spricht dann von einer kardialen Amyloidose, die eine gefährliche Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz verursachen kann.
Bei einer kardialen Amyloidose spielt oft das Protein Transthyretin (TTR) eine Rolle. Dieses tetramere Protein wird größtenteils in der Leber produziert und ist am Transport von Thyroxin und Vitamin A beteiligt. Die Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie (ATTR-CM) wird durch die Dissoziation des TTR-Tetramers in seine Monomere ausgelöst. Durch Fehlfaltung aggregieren diese zu oligomeren Amyloid-Vorläufern, die sich im Herzen ablagern, wo sie sich zu Amyloid-Fibrillen zusammenlagern. Das versteift den Herzmuskel und erschwert das Pumpen des Blutes.
Je nach Ursache können zwei Formen der ATTR-CM unterschieden werden: Wildtyp-ATTR (wtATTR) und hereditäre ATTR-CM (hATTR-CM). Während bei der hATTR-CM eine Mutation des TTR-Gens vorliegt, ist die Ursache der wtATTR noch nicht vollständig geklärt. Acoramidis (Beyonttra™ 356 mg Filmtabletten, Bayer) ist zugelassen zur Behandlung beider ATTR-CM-Formen bei Erwachsenen. Es handelt sich – wie das ebenfalls bereits zugelassene Tafamidis – um einen TTR-Stabilisator.
Es wirkt, indem es starke Wasserstoffbrückenbindungen mit bestimmten Teilen des Proteins eingeht. Dadurch wird verhindert, dass das TTR-Protein auseinanderbricht, was das Fortschreiten der ATTR-CM verlangsamt.
Die empfohlene Dosis von Acoramidis beträgt zweimal täglich 712 mg (zwei Tabletten zu je 356 mg). Da der Wirkstoff nicht bei gestörter Leberfunktion untersucht ist, sollten Menschen mit einer Funktionsstörung dieses Organs nicht mit Acoramidis behandelt werden.
Sehr häufig beobachtete Nebenwirkungen des neuen Wirkstoffs sind Durchfall und Gicht. In der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird der Einsatz des neuen Wirkstoffs nicht empfohlen. Auch während der Stillzeit wird davon abgeraten.
Belzutifan (Welireg® 40 mg Filmtabletten, MSD) ist als Monotherapie zur Behandlung des fortgeschrittenen klarzelligen Nierenzellkarzinoms bei Erwachsenen zugelassen, deren Erkrankung nach zwei oder mehreren Therapien fortgeschritten ist. Zudem darf es bei bestimmten erwachsenen Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom-assoziierten Tumoren zum Einsatz kommen. Nebenwirkungen sind unter anderem: Anämie, Hypoxie, Ermüdung/Fatigue, Übelkeit, Dyspnoe und Schwindelgefühl. Eine sichere Verhütung muss unter der Therapie gewährleistet sein.
Acoramidis (Beyonttra™ 356 mg Filmtabletten, Bayer) ist zugelassen zur Behandlung der kardialen Amyloidose zweier ATTR-CM-Formen bei Erwachsenen. Häufige Nebenwirkungen sind Durchfall und Gicht. Frauen, die nicht verhüten, und solche, die stillen, sollten das Medikament nicht erhalten.