Zweifel an Diagnosen von ChatGPT |
Bei medizinischen Diagnosen liegt ChatGPT nicht immer richtig. / Foto: Getty Images/PeopleImages
Ein unerklärliches Ziehen im Bauch, ein hartnäckiger Husten oder ein merkwürdiger Fleck auf dem Zehennagel: Dass Menschen bei unterschiedlichsten Symptomen Google befragen, ist kein neues Phänomen – und mit der zunehmenden Beliebtheit von KI-basierten Chatbots wie ChatGPT scheinen die Möglichkeiten zur digitalen Selbstdiagnose weiter gewachsen zu sein. Tatsächlich aber wird der medizinischen Kompetenz einer solchen Künstlichen Intelligenz noch mit großen Vorbehalten begegnet, zeigt eine Würzburger Studie, über die im Fachblatt »Nature Medicine« berichtet wird.
Die Würzburger Wissenschaftler untersuchten die Reaktion von Menschen auf KI-generierte medizinische Ratschläge. »Uns interessierte nicht die technische Kompetenz der KI, sondern allein die Frage, wie der KI-Output wahrgenommen wird«, sagt Moritz Reis von der Julius-Maximilians-Universität. Dafür teilte das Forschungsteam mehr als 2000 Probanden in drei Gruppen ein, die identische medizinische Ratschläge erhielten. Die erste Gruppe bekam gesagt, dass die Empfehlungen von einem Arzt oder einer Ärztin stammten. Bei der zweiten wurde ein KI-basierter Chatbot als Urheber genannt und die dritte Gruppe ging davon aus, dass die Ratschläge zwar von einem Chatbot stammten, aber nochmal ärztlich überprüft wurden.
Die Probanden bewerteten die Empfehlungen auf Verlässlichkeit, Verständlichkeit und Empathie. Sobald sie vermuteten, dass eine KI beteiligt war, nahmen sie die Ratschläge als weniger empathisch und verlässlich wahr. Dies galt auch für die Gruppe, die glaubte, dass ein Arzt die KI-Empfehlungen überprüft hatte. Entsprechend waren sie weniger bereit, diesen Empfehlungen zu folgen. »Der Effekt der Voreingenommenheit gegen KI ist zwar nicht riesig, aber statistisch signifikant«, kommentiert Reis.
Die KI-Skepsis erklärt sich der Kognitionspsychologe teilweise mit Stereotypen: »Viele glauben, eine Maschine könne nicht empathisch sein.« Bei der Verständlichkeit bewerteten alle drei Gruppen die Ratschläge jedoch gleich. Für die Forschungsgruppe ist die festgestellte KI-Skepsis wichtig, da KI in der Medizin eine immer wichtigere Rolle spiele. So werden derzeit zahlreiche Studien zu neuen KI-Anwendungsmöglichkeiten veröffentlicht.
Umso bedeutsamer sei die öffentliche Akzeptanz, sagt Reis: »Bei der Frage nach dem künftigen Einsatz von KI in der Medizin geht es nicht nur um das technisch Mögliche, sondern auch darum, wie weit Patientinnen und Patienten mitgehen.« Aufklärung über entsprechende Anwendungen und KI generell sei nötig. »Darüber hinaus haben andere Studien gezeigt, wie wichtig es für das Patientenvertrauen ist, dass am Ende immer der menschliche Arzt oder Ärztin gemeinsam mit den Patienten die finale Entscheidungsgewalt hat«, betont Reis.