Auf der Hormon-Achterbahn |
Verena Schmidt |
23.11.2023 11:00 Uhr |
Viele Frauen in den Wechseljahren berichteten von sexuellen Problemen, depressiver Verstimmung und kognitiven Einschränkungen, bekannt als »Brain Fog«, beschrieb Dr. Anneliese Schwenkhagen, Vorstandsmitglied der DMG, bei der Pressekonferenz. Vielen Frauen werde dann zur Linderung dieser Beschwerden ein Testosterongel verschrieben. Die Gynäkologin warnte jedoch vor solch »blinden« Testosteron-Verordnungen. Die Gabe des Sexualhormons sei nur dann sinnvoll, wenn vorher abgeklärt wurde, dass es keine anderen Ursachen gibt.
»Aktuell ist die Behandlung von sexueller Unlust oder einem verminderten sexuellen Verlangen mit persönlichem Leidensdruck in der Postmenopause die einzige evidenzbasierte Indikation für eine Testosterontherapie bei Frauen«, so die Gynäkologin. Die nachgewiesenen Effekte umfassen unter anderem gesteigertes sexuelles Verlangen, gesteigerte Lust, erhöhte sexuelle Erregbarkeit und verbesserte Orgasmusfunktion. Dabei wurden auch keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse wie das Auftreten von Brustkrebs oder kardiovaskulären Erkrankungen beobachtet, so die Frauenärztin. Auch in der aktuellen S3-Leitlinie »Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen« wird eine Testosterontherapie bei Libidoverlust in der Peri- und Postmenopause als mögliche Therapieoption genannt.
Vor und auch unter der Therapie müsse der Testosteronspiegel der Patientin bestimmt werden, so Schwenkhagen. Denn eine Überdosierung sollte unbedingt vermieden werden. Testosteron-Präparate für Männer sind zu hoch dosiert – sie haben einen rund zehnmal höheren Testosteronspiegel als Frauen. Da es aktuell kein speziell für Frauen entwickeltes, niedrig dosiertes Präparat auf dem Markt gibt, arbeiteten Gynäkologen seit Jahren mit einer Magistralrezeptur (0,3-prozentiges Testosteron-Liposomengel), die in Apotheken hergestellt wird. Das Gel werde auf die Wade aufgetragen und die Dosierung je nach Bedarf angepasst, so Schwenkhagen. Auch hierbei müssten Wirksamkeit und Nebenwirkungen, zum Beispiel Akne oder zunehmende Behaarung, während der Behandlung überprüft werden.