Aus für den Teufelskreis bei Neurodermitis |
Die Therapie erfolgt in vier Stufen und orientiert sich am aktuellen Beschwerdebild. Stufe eins beschreibt die Phasen außerhalb der Schübe. Hier gilt es, Trigger zu vermeiden und die Haut regelmäßig zu pflegen, um die symptomfreien Phasen zu verlängern. Dazu sollte am besten der Hautarzt zusammen mit dem Patienten ein Langzeitprogramm erarbeiten, um eine stabilen Hautbarriere aufzubauen. »Das Pflegeprodukt muss stets zum aktuellen Hautzustand passen«, sagt Schwichtenberg. Dabei laute das Motto: Fett auf trocken, feucht auf feucht (siehe dazu Kasten 1 und 2). Grundsätzlich ist ein Produkt zu empfehlen, das sich für den Patienten gut auf der Haut anfühlt und sie ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt. Neue Präparate sollte man erst einmal zwei bis drei Tage auf einem kleinen Hautareal testen. Ein verträgliches, wirkstofffreies Produkt wird dann mindestens zweimal täglich auftragen. »Fast noch wichtiger als die Art des Produkts ist, dass der Patient es auch wirklich regelmäßig anwendet«, sagt Schwichtenberg. Hier sei viel Disziplin gefragt.
In der schubfreien Phase sind fetthaltige Cremes die richtige Wahl. Produkte mit rückfettenden Lipiden etwa aus den Pflegeserien von Avène® XeraCalm A.D, Physiogel® Calming Relief A.I. oder Lipikar® sowie Dexeryl® Pflegecreme sind speziell auf die trockene Haut von Neurodermitikern abgestimmt.
Feuchthaltemittel wie Harnstoff (Urea, wie in Excipial® U10 Lipolotio, Dermasence® Polaneth Lotion oder Imlan® Creme Plus) oder alternativ Glycerin oder Milchsäure verbessern nicht nur das Wasserbindungsvermögen der Haut, sondern lindern auch Juckreiz und sorgen für Geschmeidigkeit. Ureahaltige Pflegemittel können allerdings besonders auf entzündeter Haut ein vorübergehendes Brennen verursachen. Bei Kindern testet man die Verträglichkeit entsprechender Cremes zunächst an einer kleinen Hautstelle. Nicht geeignet sind die Produkte bei Säuglingen. Für die Patienten wichtig zu wissen: Harnstoffhaltige Cremes dürfen nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden, da Urea in der Kälte auskristallisiert (»Sandeffekt«).
Zahlreiche Hersteller setzen auf mehr als ein Wirkprinzip und kombinieren zum Beispiel verschiedene Feuchthaltemittel und pflegende natürliche Öle etwa aus Nachtkerzen- oder Jojobasamen (wie in Dermasence® Skinpro Lipo, Eubos® Kinder Hautruhe Creme, Alfason Basis Cresa® Creme, Eucerin® AtopiControl Akutpflege Creme oder Imlan® Creme Pur). Ceramide wie etwa in Cetaphil® Pro ItchControl verbessern die Wasserbindungsfähigkeit der Haut und helfen, die gestörte Barrierefunktion wiederherzustellen. Weitere pflegende Zusätze, die der Haut von Neurodermitikern guttun, sind Phosphatidylcholin und D-Panthenol.
Salben mit sehr hohem Fettgehalt können über Nacht aufgetragen werden und pflegen aufgesprungene Hautstellen. Pure Vaseline und Melkfett sind jedoch keine Option. Sie trocknen die Haut mit der Zeit aus.
Für die Reinigung der Hände gerade in der Pandemiezeit, in der viele Menschen die Hände mehrfach täglich desinfizieren, weiß der Hautarzt, dass die Desinfektion die Haut weniger angreift als das Waschen. »Handdesinfektionsmittel sind dazu gemacht, etliche Male am Tag angewendet zu werden. Normale Seife und Wasser trocknen die Haut hingegen stark aus.« Dieser Tipp ist besonders wichtig für Menschen, die während der Corona-Pandemie ein (chronisches) Handekzem entwickelt haben.
Für die Reinigung des Körpers eignen sich pH-neutrale oder leicht saure medizinische Seifen (Syndets). Rückfettende medizinische Ölbäder können oft auch zum Duschen verwendet werden. Generell gilt: nicht öfter und länger als nötig duschen. Heißes Wasser reizt die Haut und trocknet sie nur weiter aus.
Wenn die Haut entzündet ist und nässt, sind Produkte mit einem höheren Wassergehalt und weniger Fett die richtige Wahl. Einige Patienten machen gute Erfahrungen mit Hautpflegemitteln, die das Lokalanästhetikum Polidocanol enthalten (wie Anaesthesulf® Lotio) oder eine Kombination aus Polidocanol mit Harnstoff, zum Beispiel in Optiderm® Lotio. Polidocanol hat eine anästhesierende und eine juckreizstillende Wirkung.
Auch Zinksalben können eine Option sein, sie haben einen adstringierenden, antiinflammatorischen und kühlenden Effekt. Juckreizstillend im akuten Stadium wirken auch Kühlcreme (Unguentum leniens DAB) oder Umschläge mit kaltem oder höchstens lauwarmem Wasser, eventuell mit Zusätzen wie schwarzem Tee, einer erkalteten Ackerschachtelhalm-Abkochung oder Badezusätzen aus synthetischen Gerbstoffen (wie Tannolact® 40 Badezusatz, Tannosynt® flüssig). Die Umschläge für etwa eine halbe Stunde auflegen, danach die Haut mit einer fettarmen Emulsion eincremen, um sie vor dem Austrocknen zu bewahren. Produkte mit 0,5-prozentigem Hydrocortisonacetat (Soventol® HydroCort 0,5 %, Ebenol® 0,5 % Spray oder Fenihydrocort® Creme 0,5 %) lindern ebenfalls den Juckreiz. Pflegemittel mit Zusätzen wie Parfümen, ätherischen Ölen oder Farbstoffen können hingegen reizen und Unverträglichkeiten hervorrufen.