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Einwaagekorrektur

Den häufigsten Fehler vermeiden

24.10.2013  12:17 Uhr

Von Andreas Melhorn / Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e.V. prüft seit Jahren in Ringversuchen Rezepturen, die Apotheken freiwillig einsenden. Einer der Hauptgründe für eine Beanstandung der Rezeptur ist ein zu niedriger Wirkstoff­gehalt. Die richtige Berechnung der Einwaagekorrektur hätte dies in den meisten Fällen verhindern können.

Der Wirkstoffgehalt kann aus verschiedenen Gründen zu niedrig sein kann. Zum einen können zum Beispiel bei der Wägung Verluste entstehen, zum anderen sind manche Wirkstoffe in der Rezeptur chemisch instabil. Mitunter ist auch der Gehalt der verwendeten Rezeptursubstanz geringer als angegeben, das heißt der Ist-Gehalt liegt unter dem Soll-Gehalt.

Verluste bei der Herstellung lassen sich meist durch sauberes Arbeiten vermeiden. Nur in seltenen Fällen empfiehlt der Deutsche Arzneimittel-Codex (DAC) beziehungsweise das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) einen Zuschlag, um Verluste bei der Herstellung auszugleichen. Bei einigen Standardrezepturen sowie in den Rezepturhinweisen unter www.dac-nrf.de finden sich solche Fälle. Wenn die verordneten Substanzmengen sehr gering sind, ist es hilfreich Rezepturkonzentrate zu verwenden. Die chemische Instabilität eines Wirkstoffs kann dazu führen, dass PTA oder Apotheker bei der Einwaage einen Zuschlag berücksichtigen müssen.

 

Weitaus häufiger als ein Verlust wegen Instabilität ist ein bereits zu geringer Wirkstoffgehalt der eingesetzten Rezeptursubstanz. In diesem Zusammenhang ist es auch von Bedeutung, zwischen den Begriffen Rezeptursubstanz, Wirkstoff und Wirkkomponente zu unterscheiden (siehe auch Kasten auf Seite 15). Folgende Aspekte können zu einem zu geringen Wirkstoffgehalt führen:

 

  • Geminderter Gehalt laut Prüfzertifikat, Beispiel: Dronabinol
  • Wassergehalt, Beispiel: Silbereiweiß
  • Kristallwasser, Beispiel: Aluminiumchlorid-Hexahydrat (verordnet: Aluminiumchlorid)
  • Verordnung einer Wirkkomponente, Beispiel: Clindamycindihydrogenphosphat (verordnet: Clindamycin)
  • Der Gehalt der Substanz ist in Internationalen Einheiten (I.E.) angegeben, Beispiel: Colecalciferol, Gentamicin und andere Antibiotika

 

Auf manche Rezepturen treffen gleich mehrere dieser Punkte zu. Ein geminderter Gehalt laut Prüfzertikat kann durch Nebenprodukte und Verunreinigungen bei der Herstellung bedingt sein oder aufgrund der Ungenauigkeit der Gehaltsbestimmung. Aus diesem Grund definiert das Arzneibuch fast immer einen Gehaltsbereich.

 

Die Berechnung der Einwaagekorrektur kann mit einem einfachen Dreisatz erfolgen oder – wenn mehrere Gründe gleichzeitig vorliegen – recht komplex werden. Eine ausführliche Erklärung der Berechnungen befindet sich in Kapitel I.2.1.1 des DAC/NRF.

 

Es folgen zwei Beispiele, die häufig Schwierigkeiten machen: Gentamicinsulfat und Lidocainhydrochlorid.

Grundregeln zur Einwaagekorrektur

Die Einwaagekorrektur wird als Faktor f berechnet. Dabei sind einige Grund­regeln zu beachten:

  • Berechnung nur bei Wirk- und Konservierungsstoffen, nicht bei Fertigarzneimitteln als Rezepturbestandteil.
  • Einwaagekorrektur bei der Eingangsprüfung der Substanz festlegen, auf das Standgefäß schreiben und bei jeder Charge erneuern.
  • Die Einwaagekorrektur auch für selbst hergestellte Rezepturkonzentrate berechnen und gegebenenfalls auf dem Standgefäß vermerken.
  • Korrekturfaktoren kommen erst ab 2,0 % Gehaltsminderung (f > 1,020) zur Anwendung. Kleinere Faktoren werden ignoriert.
  • Maßgeblich sind die Werte auf dem Prüfzertifikat, gegebenenfalls Hygroskopie oder Instabilität beachten.
  • Sollte das Prüfzertifikat einen Gehalt von über 100,0 % angeben, liegt dies meist an der Streuung des Analyseverfahrens und wird nicht eingerechnet. Ausnahme: Der Gehalt liegt über 110,0 %.
  • Korrekturfaktor f auf drei Nachkommastellen runden.
  • Wirkstoff/-komponente genau festlegen (zum Beispiel als Solvat, Base, Salz) und gegebenenfalls mehrere Korrekturfaktoren angeben.
  • Dokumentation:
  • Auf dem Abgabegefäß ist der verordnete Gehalt (der Soll-Gehalt) anzugeben.
  • In der Herstellungsanweisung wird der Soll-Gehalt angegeben, aber auf die Berechnung von Korrekturfaktoren hingewiesen.
  • Überall sonst ist die tatsächliche Einwaage der Komponenten anzugeben beziehungsweise zugrunde zu legen, das heißt im Herstellungsprotokoll und gegebenenfalls der BtM-Dokumentation.

Erstes Beispiel

Der Arzt verschreibt 100 g einer 0,2-%igen Gentamicinsulfat-Salbe.

 

Gentamicinsulfat wird wie einige andere Antibiotika in Internationalen Einheiten (I.E.) dosiert. Daher gibt das Prüfzertifikat den Gehalt der Rezeptursubstanz in I.E./mg an. Da Gentamicin einen hohen Wassergehalt aufweist und sich der Gehalt auf die getrocknete Substanz bezieht, muss auch dieser in die Rechnung einbezogen werden.

 

Verordnet der Arzt den Gentamicin-Gehalt in Prozent oder gibt das gewünschte Gewicht an, müssen PTA oder Apotheker den Wert zuerst in Internationale Einheiten umrechnen. Bei Gentamicin hat sich ein »Referenzwert« von 600 I.E./mg etabliert, auf den sich die meisten Fertigarzneimittelhersteller beziehen.

 

Laut Prüfzertifikat enthält die Rezeptursubstanz nur 583 I.E./mg. Dieser Wert bezieht sich auf die getrocknete Substanz. Außerdem gibt das Prüfzertifikat einen Wassergehalt von 0,5 % an.

Ist-Gehalt = 616 I.E./mg

Wassergehalt = 8,2 %

 

Der Gehalt der ungetrockneten Subs­tanz berechnet sich wie folgt:

[Gehalt ungetrocknete Substanz] = [Gehalt laut Prüfzertifikat] x

(100 - Wassergehalt) / 100

= 616 I.E./mg x (100 – 8,2) / 100

= 565,488 I.E./mg

 

Nach der Ermittlung des Ist-Gehalts der Rezeptursubstanz kann der Korrekturfaktor berechnet werden:

Soll-Gehalt = f x Ist-Gehalt

f = Soll-Gehalt / Ist-Gehalt

f = 600 I.E./mg / 565,488 I.E./mg

f = 1,061

 

Der Korrekturfaktor f = 1,061 gilt nur für den Fall, dass der Arzt als Arzneistoff Gentamicinsulfat verordnet hat. Für Gentamicin-Base ergibt die Berechnung den Wert f = 1,768. Dieser Korrekturfaktor ist also nur für Rezepturen relevant, bei denen der Arzt die Wirkkomponente Gentamicin – statt des Wirkstoffs Gentamicinsulfat – verordnet hat. Manche Ärzte machen allerdings keinen Unterschied zwischen Wirkstoff und Wirkkomponente. Im Zweifelsfall sollte der Arzt konsultiert werden.

Wichtige Unterschiede

  • Rezeptursubstanz ist die Substanz, die in der Apotheke vorliegt.
  • Wirkstoff ist nicht immer identisch mit der Rezeptursubstanz.
  • Wirkkomponente ist der Teil des Wirkstoffs, der für die Wirkung verantwortlich ist.

 

Beispiel:

Rezeptursubstanz: Lidocainhydrochlorid (Monohydrat)

Wirkstoff: Lidocainhydrochlorid

Wirkkomponente: Lidocain

Zweites Beispiel

Der Arzt verschreibt ein 2%iges Lidocain-Gel für die Mundschleimhaut.

 

In einem Hydrogel empfiehlt es sich, Lidocainhydrochlorid zu verwenden, weil sich dieses darin löst. Der entsprechende Einwaagekorrekturfaktor wird ausgewählt, je nachdem ob der Wirkstoff (Lidocainhydrochlorid) oder die Wirkkomponente (Lidocain) verordnet ist.

 

Die Angaben auf dem Prüfzertifikat lauten wie folgt.

Ist-Gehalt der getrockneten Substanz = 99,7 %

Trocknungsverlust/Wasser­gehalt = 6,0 %

 

Berechnung:

f = Soll-Gehalt / Ist-Gehalt

Soll-Gehalt = 100 %

Ist-Gehalt = 99,7 % x ((100-6,0 %) / 100) = 93,718 %

f = 100 % / 93,718 %

f = 1,067

 

Dies wäre der Korrekturfaktor, wenn der Arzt die Gehaltsangabe mit Lidocainhydrochlorid gemacht hätte, zum Beispiel 2%iges Lidocainhydrochlorid-Gel. In diesem Beispiel geht er allerdings von der Wirkkomponente Lidocain aus. Der Korrekturfaktor für die Wirkstoffkomponente errechnet sich aus dem Verhältnis der Molaren Massen Mr von Wirkstoff und Wirkkomponente.

 

Die molaren Massen der Substanzen findet man zum Beispiel in der Arbeitshilfe »Einwaagekorrekur« im DAC/NRF.

fW = fW x MrW/MrWk

MrW = 270,8

MrWk = 234,3

fWk = 1,067 x 270,8 / 234,3

fWk = 1,233

W = Wirkstoff

Wk = Wirkstoffkomponente

 

Dies ist der Einwaagekorrekturfaktor für die Wirkkomponente Lidocain. Dieser und der Faktor für Lidocainhydrochlorid sollten auf dem Gefäß der Substanz vermerkt werden. /

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