Darmpilz-Phobie ist Vergangenheit |
Candida albicans lebt so lange als unauffälliger Darmbewohner im Körper des Menschen, bis eine Immunschwäche oder Darmschädigung auftritt. Erst dann wird aus dem sogenannten Kommensalen – also dem unschädlichen Mitbewohner – ein pathogener Erreger. Der Pilz hat folglich Eigenschaften entwickelt, die es ihm ermöglichen, sich den Abwehrkräften zu entziehen. So bescheinigen ihm Forscher eine bemerkenswerte Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im menschlichen Körper.
Eine weitere Besonderheit von Candida albicans sind seine zwei unterschiedlichen Erscheinungsformen: Er kann als eiförmige sowie als fadenförmige Hefezelle auftreten. In der rundlichen Form wird er vom Immunsystem als harmlos eingestuft. Bildet er Fäden und haftet sich fest an Gewebe an, erkennt der Körper das von ihm produzierte Toxin als fremd und leitet Gegenmaßnahmen ein. Bei einer Immunschwäche bleiben diese unzureichend und der Pilz kann sich ungehindert vermehren.
Eine Infektion mit Darmpilzen zu diagnostizieren, ist nicht ganz einfach. Die vom Patienten beschriebenen Symptome wie Blähungen oder Durchfall und Verstopfung im Wechsel sind wenig spezifisch und können auch andere Ursachen haben. Die Analyse der Stuhlprobe liefert ebenfalls keine eindeutigen Ergebnisse. Die Hefepilze können als ungleichmäßig verteilte Pilznester im Stuhl vorkommen, so dass sie bei der Beprobung möglicherweise gar nicht erfasst werden. Doch selbst ein positiver Befund ist nicht zwangsläufig für die beobachteten Beschwerden verantwortlich, da sich der Keim auch bei Gesunden nachweisen lässt.
Im Internet werden Selbsttests angeboten, die mittels einer Speichelprobe eine Infektion nachweisen sollen. Dieser Nachweis liefert jedoch keine eindeutigen Ergebnisse und trägt eher zur Verunsicherung denn zur Klärung bei.
Ganzheitliche Therapie
Besteht der begründete Verdacht oder eine sichere Diagnose für eine Pilzinfektion im Darm, verordnet der Arzt zunächst ein Antipilzmittel, das den unliebsamen Darmbewohner bekämpft. Anschließend gilt es, das geschwächte Immunsystem zu stärken und die Mikrobiota (Darmflora) zu regenerieren. Die sogenannte mikrobiologische Therapie setzt darauf, den Patienten über drei bis sechs Monate spezifische Darmkeime zuzuführen, um die Besiedlung mit gesundheitsförderlichen Bakterien zu unterstützen. Dabei kommen meist Präparate mit Colibakterien, Milchsäurebakterien und Bifidokeimen zum Einsatz.
Früher empfahlen Therapeuten zusätzlich eine streng zuckerfreie Anti-Pilz-Diät, um den Hefepilzen die Nahrungsgrundlage zu entziehen. Sie gingen davon aus, dass bei nahezu vollständigem Verzicht auf Kohlenhydrate der Pilz ausgehungert würde. Im Internet lassen sich heute noch zahlreiche Webseiten finden, die eine Anti-Pilz-Diät propagieren und des Weiteren oftmals eine kostenpflichtige Unterstützung bei der Behandlung eines vermeintlichen Candida-Befalls anbieten. Auch im Buchhandel sind Veröffentlichungen zu Candida-Diäten erhältlich. Experten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) stufen den Nutzen einer solchen Diät jedoch als fragwürdig ein. Denn ein Aushungern der im Darm angesiedelten Pilze lässt sich wissenschaftlich nicht belegen. Stattdessen kann eine massive Einschränkung der Kohlenhydratzufuhr die Nährstoffversorgung des Menschen erheblich beeinträchtigen.
Naturheilmediziner halten es dennoch für sinnvoll, der Ernährung nach der medikamentösen Behandlung mit einem Antipilzmittel besondere Aufmerksamkeit zu zollen. Sie empfehlen, über mindestens vier bis sechs Wochen Zucker, Süßigkeiten, süßes Gebäck, aber auch Produkte aus Weißmehl sowie Limonaden und Alkohol strikt zu meiden. Anfangs sollte zudem auf süßes Obst verzichtet werden. Ziel ist es letztendlich, die Besiedlung mit günstigen Darmbakterien positiv zu beeinflussen und die Abwehrkräfte zu stärken.