Bei Nesselsucht den Leidensdruck senken |
Isabel Weinert |
04.03.2024 16:00 Uhr |
Die Nesselsucht wird vor allem durch Mastzellen gesteuert, so die Autoren der entsprechenden Leitlinie. Durch die heterogenen Signale, die die Mastzellen aktivieren, setzen diese in großen Mengen Histamin und andere Mediatoren frei, wie etwa Plättchen-aktivierenden Faktor (PAF) und Zytokine. Diese wiederum aktivieren sensorische Nerven, die Gefäße weiten sich und Plasma tritt in das Gewebe über, die Hautsymptomatik der Urtikaria prägt sich aus. In Summe ist die Pathogenese einer Urtikaria allerdings sehr komplex. Mit einer Allergie hat eine Urtikaria meist nichts zu tun, doch können die Symptome auch eine Unverträglichkeit gegen Nahrungsmittel(-zusatzstoffe), Pollen oder Allergene im Sinne einer pseudoallergischen Reaktion anzeigen.
Um eine Urtikaria zu behandeln, hilft es, bekannte Auslöser zu meiden beziehungsweise zu behandeln. Als Auslöser kommen etwa Medikamente infrage, vor allem NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac und Acetylsalicylsäure, die der Arzt durch ein verträgliches Mittel ersetzen soll. Aber auch Infektionen, wie etwa diejenige mit dem Magenkeim Helicobacter pylori oder auch chronische Atemwegsinfekte und Erkrankungen der Zähne können einer Nesselsucht zugrunde liegen.
Eine chronische Urtikaria sollte vollständig kontrolliert werden, also derart behandelt, dass die Betroffenen so gut wie keine Symptome mehr haben. Die Therapien richten sich gegen Histamin oder gegen Autoantikörper. Als Therapie der Wahl kommen gegen das von Mastzellen in großen Mengen freigesetzte Histamin H1-Antihistaminika der zweiten Generation zum Einsatz, zunächst in Standarddosierung. Dazu gehören zum Beispiel die Wirkstoffe Loratadin, Desloratadin und Cetirizin. Standarddosierungen reichen jedoch nicht in jedem Fall aus. Dann lässt sich die Dosis auf das Vierfache der Standarddosis steigern. In der Leitlinie empfehlen die Autoren eine gewichtsadaptierte Dosiserhöhung für Kinder. Bleibt der Therapieerfolg aus, sollte weder das Antihistaminikum weiter aufdosiert noch mit einem anderen Antihistaminikum kombiniert werden, so die Leitlinie.
Gelingt es nicht, die Krankheit in den Griff zu bekommen, so ist die Therapie mit Omalizumab laut Leitlinien derzeit die einzige andere zugelassene Option für Menschen mit Urtikaria. Der Arzneistoff, der IgE blockiert, wird als wirksam und sicher beschrieben, verbessere deutlich die Lebensqualität der Betroffenen durch die Reduktion der Symptome und eigne sich für die Langzeitbehandlung. Die empfohlene Anfangsdosierung liegt bei 300 mg alle vier Wochen. Höhere Dosierungen bis zu 600 mg und/oder kürzere Intervalle (alle zwei Wochen) sind möglich. Dabei ist es wichtig, den Patienten zu erklären, dass es sich dann um einen off-label-use handelt und die Krankenkasse vorab um Kostenerstattung angefragt werden muss.