Bei Niereninsuffizienz Lebensjahre gewinnen |
Nierenerkrankungen sind eine klassische Domäne der Ernährungsmedizin, Patienten sollten in einer nephrologischen Praxis unter Berücksichtigung ihrer Vorlieben geschult werden. Freude am Essen fördert die Adhärenz und damit einen guten Ernährungszustand.
In der frühen Phase bekommen sie den Auftrag, ihren Eiweiß- und Kochsalzverzehr einzuschränken, der Energie- und Vitaminbedarf bleibt vorerst unverändert. Für gesunde Erwachsene empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine tägliche Eiweißzufuhr von 0,8 g/kg Körpergewicht. Durch hohen Fleischkonsum bleibt es jedoch bei vielen Bundesbürgern nicht bei diesen 50 bis 70 g Eiweiß pro Tag.
Nierenerkrankte sollten die ihnen auferlegte Proteinbeschränkung von 0,6 bis 1,0 g/kg Körpergewicht aber beherzigen. Ein Zuviel an Eiweiß begünstigt die Alterung der Nierenkörperchen. Geschickte Eiweißkombinationen und eine hohe biologische Wertigkeit durch gemeinsamen Verzehr von pflanzlichem und tierischem Eiweiß im Rahmen einer ovolacto-vegetabilen Kost sind empfohlen (Beispiele siehe Kasten)
Um die Blutdruckeinstellung optimal zu unterstützen und der Proteinurie entgegenzuwirken, müssen Nierenkranke auch besonnen mit Salz umgehen und sollten nicht mehr als 5 bis 6 g täglich zu sich nehmen - eine Empfehlung, die übrigens gleichermaßen für Gesunde gilt. Zu bedenken: 80 Prozent der täglichen Salzaufnahme stammen aus verarbeiteten Lebensmitteln oder werden beim Außerhausverzehr aufgenommen. Wurst, Käse, Brot, Fertiggerichte sowie Knabberartikel sind also zu reduzieren und Speisen sollten möglichst selbst zubereitet werden nach der Devise: würzen statt salzen.
Bezüglich des Kaliumgehaltes haben Patienten im Anfangsstadium freie Lebensmittelauswahl, sofern keine erhöhten Kaliumwerte im Blut vorliegen. Kochsalzersatzmittel sind wegen des hohen Kaliumgehaltes jedoch keine Alternative im Salzstreuer.
Im Verlauf der Erkrankung lässt die Ausscheidungsfähigkeit des Calciumräubers Phosphat nach, Osteoporose und Gefäßverkalkung sind dann gefürchtete Komplikationen. Vorteilhaft also, dass Phosphat reichlich in eiweißhaltigen Lebensmitteln enthalten ist, die auch eingeschränkt werden müssen.
Folgende Lebensmittel haben besonders viel Phosphat im Gepäck: Innereien, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse, Schokolade, Hartkäse und Bier, wobei die Bioverfügbarkeit aus pflanzlichen Lebensmitteln deutlich niedriger ist. Mit einem mittleren Gehalt kommen Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte daher. Sie können in den empfohlenen Mengen gegessen werden. Frischkäse beispielsweise hat nur ein Viertel der Phosphatmenge von Emmentaler.
Phosphatzusätze verbergen sich hinter den E-Nummern E322, E338-341, E343, E450a-c, E540, E543-544 - zu finden in Wurst, Schmelzkäse, Kondensmilch, Backpulver oder Cola-Getränken und von Nierenerkrankten gänzlich zu meiden.
Der Calciumbedarf liegt laut aktuellen Empfehlungen bei 1 g. Unter Beachtung der reduzierten Menge an Milchprodukten kommt grünen, oxalatarmen Gemüsen wie Grünkohl und Brokkoli eine tragende Rolle zu. Die Calciumresorption liegt hier bei über 50 Prozent, während aus oxalatreichen Sorten (Spinat, Mangold, Rhabarber, Rote Bete) nur maximal 20 Prozent aufgenommen werden können. Über eine zusätzliche Supplementierung sollte der behandelnde Arzt entscheiden, da die im Krankheitsverlauf nachlassende Ausscheidung eine Calcifizierung der Blutgefäße und Arteriosklerose weiter begünstigen kann.
Ein Mangel an Magnesium wird als Risikofaktor für eine weiter abnehmende Nierenfunktion sowie deren Begleiterkrankungen angesehen. Auch hier sollte der Arzt mit ins Boot geholt werden, da der Speiseplan viele magnesiumreiche Lebensmittel wie Sonnenblumenkerne, Mandeln, Walnüsse und Vollkorngetreide ausklammert.
Sofern keine eingeschränkte Urinausscheidung festgestellt wird, ist eine Trinkmenge von weiterhin 2 bis 3 Litern empfohlen. Sie fördert die Ausscheidung harnpflichtiger Stoffe. Geeignete Getränke sind Wasser, Tee und Saftschorlen. Auf Cola- und Instant-Getränke, Milch und Alkohol ist zu verzichten. Ein höherer Kaffeekonsum scheint nicht mit einer verringerten Lebenserwartung einherzugehen.
Das Energiedefizit - Resultat der eiweißreduzierten Kost - muss durch ein Mehr an Fetten und Kohlenhydraten ausgeglichen werden. Getreideprodukte, Obst und Gemüse sind hierbei in der Prädialysephase Hauptkohlenhydratquellen. Gute Fettlieferanten sind Oliven- und Rapsöl, hochwertige Pflanzenmargarinen und Avocados (Achtung: sehr kaliumreich).
Um ihre Kalorienversorgung sicherzustellen, dürfen die sonst in ihrer Lebensmittelauswahl stark eingeschränkten Betroffenen zu Schleckermäulern werden und zu Sahne, Crème fraîche, Zucker, Honig oder Gebäck ohne Nüsse greifen. Blutzucker- und Lipidwerte kontrollieren!