Bei Rheuma die Knochen schützen |
Bei rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis ist immer auch an das Osteoporose-Risiko zu denken. / Foto: Adobe Stock/Africa Studio
Bei Osteoporose wird mehr Knochengewebe ab- als aufgebaut. Die Knochendichte nimmt kontinuierlich ab, sodass die Knochen porös werden und leicht brechen. Die Krankheit ist eine der häufigsten Begleiterscheinungen bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis (RA), bei der die Innenhaut (Synovialis) der Gelenke chronisch entzündet ist. Die Krankheit schreitet unbehandelt bis zur Gelenkzerstörung fort. Eine langfristige Therapie ist erforderlich. Dabei sind nicht nur die Gelenke in Mitleidenschaft gezogen, sondern oft auch die Knochen. Denn sowohl die Grunderkrankung als auch die Medikation können eine sekundäre Osteoporose auslösen. Schon das rheumatische Entzündungsgeschehen an sich erhöht das Risiko für einen Knochenbruch. Ist der Wert an hochsensitivem C-reaktiven Protein (hs-CRP-Wert) größer als 3,0 mg/l, steigt das Frakturrisiko um das circa 8-Fache an, verglichen mit Personen mit einem hs-CRP-Wert unter 1,0 mg/l.
Proinflammatorische Zytokine wie TNF-α und Interleukin-6 fördern den Knochenverlust bei RA. Um die Entzündungen zu bekämpfen, erhalten Patienten oft langfristig Glucocorticoide. Diese jedoch hemmen die Osteoblasten, die dafür zuständig sind, den Knochen aufzubauen. Die ungünstige Konstellation verschärft sich weiter, wenn die schmerzenden Gelenke Patienten von der Bewegung abhalten. Denn Inaktivität und Immobilität gehen ebenfalls auf die Knochen. RA kann zudem zu gastrointestinalen Störungen mit einer Malabsorption führen. Diese kann wiederum Untergewicht zur Folge haben, das ebenfalls ein bekannter Risikofaktor für Osteoporose ist.
Osteoporose entwickelt sich nicht erst allmählich im Verlauf der rheumatoiden Erkrankung. Bereits im Frühstadium nimmt die Knochendichte ab. Patienten erleiden in der Folge eher Frakturen als gesunde Menschen und das wirkt sich ungünstig auf ihre Morbidität und Sterblichkeit aus. Das Autorenteam, das jüngst die Osteoporose-Leitlinie des Dachverbands Osteologie neu gefasst hat, berücksichtigte daher Rheuma als Auslöser von Osteoporose stärker als zuvor. Die Leitlinie enthält einen überarbeiteten Algorithmus, um das individuelle Frakturrisiko für drei Jahre zu berechnen. Dieser umfasst nun 100 evidenzbasierte Risikofaktoren, zu denen entzündlich-rheumatische Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis, der systemische Lupus Erythematodes und Spondyloarthritiden wie Morbus Bechterew zählen. Eine Cortisontherapie berücksichtigt der Risikorechner ebenfalls.
In der Leitlinie wird darauf hingewiesen, dass das Ausmaß des Frakturrisikos bei einer systemischen Glucocorticoid-Therapie von der Glucocorticoid-Dosis und Dauer der Anwendung abhängt. Bei der rheumatoiden Arthritis kann die Therapie mit einer niedrig dosierten oralen Glucocorticoid-Therapie (2,5 mg bis 5,0 mg Prednisolonäquivalent pro Tag) erfolgen. Das scheint den aktuellen Erkenntnissen zufolge nicht mit einem zusätzlich erhöhten Frakturrisiko einherzugehen. Bei höheren Dosen steigt das Frakturrisiko jedoch rasch nach Beginn der Glucocorticoid-Therapie an. Das gilt vor allem dann, wenn Dosen größer als 7,5 mg täglich angewendet werden. Die gute Nachricht ist, dass sich das Frakturrisiko im Verlauf von einem Jahr nach Absetzen der Glucocorticoide zumindest teilweise wieder zurückbilden kann. Noch weiter untersucht werden muss, ob moderne Therapeutika wie Biologika oder JAK-Inhibitoren, die den Gebrauch von Medikamenten von Glucocorticoiden bei rheumatischen Erkrankungen senken können, auch zu niedrigeren Frakturzahlen führen.
In der Apotheke kann das Team auf ernährungsbedingte Risikofaktoren achten. Mangelzustände von Calcium, Vitamin K2, Vitamin B12 und Folsäure erhöhen das Frakturrisiko. Insbesondere eine adäquate Versorgung mit Calcium und Vitamin D ist essenziell. Bei Calcium ist die Dosis von 1000 mg täglich laut Leitlinie empfehlenswert. Ideal ist es, wenn Patienten den Bedarf über die Ernährung decken können. »Calciumrechner« im Internet helfen dabei, die Aufnahme über Lebensmittel einzuschätzen. Wenn erforderlich, können Patienten zusätzlich Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Bei Vitamin D beträgt die Mindestmenge 800 I. E. täglich. Vor dem 70. Lebensjahr spielt für die Versorgung die Sonnenlichtexposition die größte Rolle.
Um die Vitamin-D-Synthese ausreichend zu aktivieren, reicht es, Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz zwei- bis dreimal pro Woche der Hälfte der minimalen sonnenbrandwirksamen UV-Dosis auszusetzen. Unter diesem Richtwert versteht man die Hälfte der Zeit, in der sich ungeschützt ein Sonnenbrand entwickeln würde. Das Apothekenteam kann wegen des weit verbreiteten Mangels jedoch in der Regel Supplemente mit 800 bis 1000 I. E. Vitamin D pro Tag ohne weitere Kontrollen empfehlen. Weiterhin ist auf die die Kalorien- und Eiweißzufuhr zu achten. Eine eiweißarme Ernährung kann das Frakturrisiko erhöhen. Menschen mit erhöhtem Frakturrisiko ab 65 Jahren nehmen im Idealfall täglich mindestens 1,0 g Eiweiß/kg Körpergewicht mit der Ernährung zu sich.