Bewegungstherapie als Schlüssel |
Ärzte und Therapeuten haben seit Ausbruch der Pandemie vor über zwei Jahren viel dazugelernt. Gerade etwa beim Thema Bewegung gab es lange Unsicherheit. Schadet es den Patienten am Ende? Für Köllner ist die Bewegungstherapie inzwischen ein Schlüsselelement bei der Behandlung. »Die riesige Mehrheit der Post-Covid-Patienten profitiert von einem wohldosierten Ausdauertraining und von Bewegungstherapie«, sagt der Arzt. Maßgebend für die richtige Behandlung von Post-Covid-Patienten ist die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. Diese hat eine Empfehlung herausgegeben, in der sie dringend zu Bewegungstherapie raten.
Wenn sich Köllner etwas für die Post-Covid-Betroffenen wünschen dürfte, wären es einfach eingerichtete und zu erreichende Bewegungsangebote: »Damit würden wir Menschen erreichen, die bei ihrem Hausarzt sind und die sagen: ›Ich merke, das ist immer noch so anstrengend und ich mache mir Gedanken und ich kriege schlechter Luft‹.«
Die Deutsche Rentenversicherung Bund spricht sich ebenfalls für vielschichtige Behandlungen aus. Ihre Direktorin für Rehabilitation, Brigitte Gross, unterstreicht die Bedeutung: »Wenn zum Beispiel das Herz nach einer Corona-Erkrankung nur noch eine eingeschränkte Pumpfunktion hat, setzt die Rehabilitation mit einem dosierten Ausdauertraining an, um etwa das Treppensteigen wieder zu ermöglichen.« Unter dem Dach der Rentenversicherung wurden im Jahr 2021 rund 10.000 Rehabilitationen für die Folgen nach Corona durchgeführt. Durchschnittlich bleiben die Patientinnen und Patienten dabei 26 Tage in der Reha.
Aus der Wissenschaft und der Ärzteschaft wurde zuletzt immer wieder mehr Aufmerksamkeit für die späten Folgen einer Corona-Erkrankung verlangt. Viele halten das Thema für unterschätzt. Nach der Zunahme bei Corona-Infektionen im Herbst und Winter könnten auch die Post-Covid-Zahlen wieder steigen. Die Bundesärztekammer erwartet, dass sich mit der Dynamik der Pandemie auch die Erkenntnisse zu Post Covid verändern und teils auch immer wieder überholen.
Positiv sind nach Ansicht von Köllner die wachsenden Erfahrungen in der Bevölkerung mit Corona insgesamt. Die Menschen seien »deutlich immunkompetenter«, sagt Köllner. »Jetzt hatten wir zweieinhalb Jahre Zeit, uns mit dem Virus auseinanderzusetzen.« Gerade aus Sicht des Experten für Post Covid gilt aber: Man dürfe Corona nicht auf die leichte Schulter nehmen und müsse sehr wachsam bleiben. Köllner: »Ich halte es nicht für wahrscheinlich, aber es kann sein, dass es eben auch mal eine aggressivere, also im Sinne von gefährlichere, tödlichere Variante gibt.«
In Berlin schilderte am Freitag die Publizistin Margarete Stokowski, wie enttäuscht sie von Reaktionen von Ärzten und Krankenkassen teils ist. »Ich sehe, dass total viele Leute überhaupt keine Ahnung von Long Covid haben.« Sie selbst habe auf eigene Kosten viele Therapieansätze probiert, weil es an Hilfe gemangelt habe. »Die Versorgungslage ist weiterhin sehr schlecht«, so Stokowski. Neben ihr saß Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und pflichtete der bekannten Patientin im Grundsatz bei. Nun werde die Versorgungsforschung verbessert, versprach Lauterbach.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.