Blutverdünner – die wichtigsten Fragen und Antworten |
Heparine wirken sofort. Enoxaparin (Clexane®), Nadroparin (Fraxiparin®) oder Tinzaparin (Innohep®) und Co sind gut steuerbar und verhindern zuverlässig die Thrombenbildung zum Beispiel nach einer Operation oder orthopädischen Verletzung. Bereits vorhandene Gerinnsel lösen sie aber nicht auf. Die Moleküle sind so groß, dass Heparine gespritzt werden müssen. Mit etwas Übung und Überwindung verabreichen sich Laien die Sicherheitsspritzen ganz einfach selbst. Da sie die Plazenta nicht passieren, sind sie auch für Schwangere sicher.
Oral anwendbar sind hingegen die Cumarine Phenprocoumon (Marcumar®) und Warfarin (Coumadin®). Sie verhindern die Synthese der vier Vitamin-K-haltigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X. Anfangs müssen zunächst die noch vorhandenen Gerinnungsfaktoren verbraucht werden, ehe die Wirkung eintritt. Vitamin K-haltige Nahrung, aber auch zahlreiche Arzneistoffe oder gar Rauchen beeinflussen die Wirksamkeit. Ärzte müssen die Dosis daher laufend anpassen und bestimmen dafür regelmäßig die INR (International Normalized Ratio) aus dem Blut.
Genau das entfällt bei den sogenannten direkten (neuen) oralen Antikoagulantien (DOAK oder NOAK). Dabigatran (Pradaxa®) hemmt selektiv den Gerinnungsfaktor IIa. Rivaroxaban (Xarelto®), Apixaban (Eliquis®), Edoxaban (Lixiana®) hemmen direkt Faktor Xa, was als Eselsbrücke sogar im Namen steckt. Vorteilhaft ist die leichtere Handhabbarkeit für den Patienten. Außerdem normalisiert sich die Gerinnung nach dem Absetzen rasch. Sie ersetzen zunehmend die Cumarine.
Als Faustregel für den Apothekenalltag hilft die Gedankenstütze: Antikoagulantien bei venösen, TAH bei arteriellen Störungen. Blut gerinnt quasi nur dann zu einem roten Thrombus, wenn es langsam fließt oder gar »steht«. Das ist im venösen System oder beispielsweise bei Vorhofflimmern im Herzen der Fall. Bei Letzterem wird Blut nicht mehr gleichmäßig durch das Herz gepumpt, sondern es entstehen Verwirbelungen. Schlimmstenfalls bildet sich solch ein Thrombus im Vorhof, löst sich und tritt als Schlaganfall zu Tage. Aber auch Langstreckenflüge oder die Immobilisation nach Operationen begünstigen so die Bildung von Blutgerinnseln. Gefürchtet werden insbesondere tiefe Beinvenenthrombosen, die zur Lungenembolie führen können. Bei entsprechender Risikokonstellation raten Ärzte dann zur Prophylaxe.
Im arteriellen System schießt das Blut dagegen förmlich durch die Gefäße. Der schnelle Verschluss von verletzten Blutgefäßen ist Aufgabe der Thrombozyten. Manchmal ist aber keine echte Wunde das Problem. Verschiedene Ursachen wie das metabolische Syndrom können unter anderem das Endothel beschädigen und so die Gerinnung in Gang setzen: »Plaque« entsteht. Er ist besonders in Herzkrankgefäßen oder der Halsschlagader gefürchtet. Löst sich Plaque von dort, droht Herzinfarkt beziehungsweise Schlaganfall als Langzeitfolge von Arteriosklerose. Zur Therapie und Prophylaxe kommen TAH auch bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) oder nach einem Stent zum Einsatz. Ausnahmen von der Faustregel bestätigen die Regel!