Chaos in der Schilddrüse |
Isabel Weinert |
06.10.2023 14:50 Uhr |
Fest steht, dass eine Hashimoto-Thyreoiditis nicht heilbar ist. Aber die Entzündung kann derart mild verlaufen, dass Menschen mit dieser schwachen Ausprägung ihr Leben lang keiner Behandlung bedürfen. Welche Symptome können darauf hinweisen, dass mit der Schilddrüse »etwas nicht stimmt«? Da gibt es die klassischen Merkmale einer Hypothyreose, zu denen eine extreme Müdigkeit zählen kann, ein Mangel an Antrieb, Appetit und Konzentrationsvermögen, trockene Haut, depressive Verstimmung, Verstopfung, Gewichtszunahme und Kälteempfindlichkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen. Manchmal kommen leichte Schmerzen oder Missempfindungen am Hals hinzu oder zeigen sich als einziges Symptom. In diesem Fall nehmen Betroffene in der Regel gar nicht wahr, dass eine Entzündung der Schilddrüse die Symptome verursachen könnte.
Startet die Erkrankung aber nicht schleichend – wie es überwiegend der Fall ist –, sondern akut, dann leiden Betroffene unter starken Halsschmerzen und einem allgemeinen Krankheitsgefühl. »In solchen Phasen kann der vermehrte Zellverfall in der Schilddrüse Schilddrüsenhormone in großer Menge freisetzen und damit vorübergehend eine Überfunktion auslösen«, erklärt Zieren. Die klassischen Anzeichen einer Hyperthyreose sind eine erhöhte Herzfrequenz und ein erhöhter Blutdruck, Herzrasen und Herzrhythmusstörungen, Zittrigkeit, Nervosität, Angstgefühle, Schlafstörungen, Gewichtsverlust bei gleichzeitig gutem Appetit.
Eine Hashimoto-Thyreoiditis kann viele unterschiedliche Symptome hervorrufen. Manche Betroffene nehmen jedoch nur leichte Schmerzen oder Missempfindungen am Hals wahr. / Foto: PTA-Forum; Adobe Stock/pikovit
Will man dem Übel einer Hashimoto-Thyreoiditis auf die Spur kommen, brauchte es eine Diagnose-Trias aus der genauen Schilderung der Beschwerden durch den Patienten, aus Blutwerten und den Ergebnissen einer Ultraschalluntersuchung, so Zieren. »Ein erhöhter TSH-Wert als Hinweis auf eine Unterfunktion ist oft der Startschuss für eine weitergehende Diagnostik«. Die Menge der peripheren Schilddrüsenhormone fT4 und fT3 zeigt dann an, ob es sich um eine latente oder um eine manifeste Fehlfunktion der Schilddrüse handelt.
»Die Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis wird wahrscheinlicher, wenn sich bestimmte Antikörper gegen schilddrüsenspezifische Antigene im Blut finden lassen«, erklärt der Experte. Dabei geht es zunächst unter anderem um Antikörper gegen die sogenannte Schilddrüsen-Peroxidase, abgekürzt TPO-AK. Zwischen 90 und 95 Prozent derer mit Hashimoto-Thyreoiditis tragen diese Autoantikörper in sich. Allerdings nicht nur sie, sondern auch ein großer Teil derjenigen, die an Morbus Basedow erkrankt sind. Und manchmal lassen sich diese Antikörper sogar bei gesunden Menschen finden. Deshalb ist der Test auf weitere Antikörper wichtig, aber auch der Ultraschallbefund. »Der Befund einer echoarmen Schilddrüse kann bei erfahrenen Medizinern sogar eine größere Aussagekraft haben als die Bestimmung von Autoantikörpern«, weiß der Schilddrüsenspezialist. Auf ein Szintigramm der Schilddrüse können Mediziner verzichten, wenn der Befund schon anhand der genannten Untersuchungen eindeutig ist.
Der Morbus Basedow ist ebenfalls eine Autoimmunerkrankung mit einem Erkrankungsgipfel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Mehrheitlich erkranken Frauen. Autoantikörper richten sich hier auf den TSH-Rezeptor. Er vermittelt die Wirkung des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH) an der Zelle der Schilddrüse. Die Autoantikörper stimulieren den TSH-Rezeptor permanent, die Produktion von Schilddrüsenhormon schießt über und es manifestiert sich eine Überfunktion. Um die Erkrankung in den Griff zu bekommen, setzen Mediziner zunächst Thyreostatika ein. Wird konsequent behandelt, treten in 50 bis 60 Prozent der Fälle Spontanremissionen auf. Lässt die Aktivität der Erkrankung nicht nach, dann lässt sich Gewebe der Schilddrüse mittels einer Radiojodtherapie oder einer Operation entfernen.