Cortisol-Spiegel aus dem Lot |
Brigitte M. Gensthaler |
04.03.2021 16:00 Uhr |
»Diese vielfältigen Symptome reduzieren die Lebensqualität ähnlich wie eine Multiple Sklerose oder Krebs«, informierte der Arzt. Die Sterblichkeit sei vor allem aufgrund von Herz-Kreislauf-Komplikationen und von Infektionen deutlich erhöht.
Das Apothekenteam sollte hellhörig werden bei Patienten mit unerklärlicher Gewichtszunahme sowie mit schwer einstellbarem Diabetes oder Bluthochdruck. Dies gilt auch für Frauen mit polyzystischem Ovarsyndrom (PCO), einer Störung des hormonellen Regelkreises, und für Kinder, die plötzlich nicht mehr wachsen. Schöfl empfahl, bei diesen Patienten auch nach Störungen des Cortisol-Haushalts zu fahnden.
Zur Senkung der Sterblichkeit sind laut Schöfl drei Komponenten wichtig. Der Hypercortisolismus müsse beseitigt und kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Diabetes und Bluthochdruck müssten streng kontrolliert werden. Zudem gelte es, psychische Probleme adäquat zu behandeln. Hauptziele der Therapie sind daher die Normalisierung des Cortisolspiegels und die Eingrenzung der metabolischen Störungen. Ebenso geht es um eine normale Lebensqualität und -erwartung.
Wird ein Tumor an der Hypophyse oder den Nebennieren als Ursache diagnostiziert, wird dieser in der Regel chirurgisch entfernt. Eine weitere Option ist die Tumorbestrahlung. Allerdings sind diese Verfahren nicht immer erfolgreich oder es kommt zu Rezidiven.
Medikamente sind indiziert bei Cushing-Patienten, für die eine Operation nicht infrage kommt, zur Überbrückung bis zum OP-Termin oder bis zum Wirkeintritt der Bestrahlung oder wenn die Cortisolspiegel im Blut nach Operation wieder ansteigen, wenn also ein Rezidiv vorliegt. Mehrere Arzneistoffe können eingesetzt werden. Zentral im Gehirn wirkt das Somatostatin-Analogon Pasireotid (Signifor®), das injiziert werden muss. Dagegen hemmen Ketoconazol (Ketoconazole HRA 200 mg Tabletten), Metyrapon (Metopiron® 250 mg Weichkapseln), Mitotan (Lysodren® 500 mg Tabletten) und Osilodrostat (Isturisa® 1, 5 und 10 mg Tabletten) die Steroidsynthese in der Nebenniere. Diese Medikamente nimmt der Patient oral ein.
Der Neuling unter den Arzneistoffen ist Osilodrostat, erst im vergangenen Jahr kam er auf den Markt. Laut Schöfl profitieren davon vor allem Patienten, die eine rasche Normalisierung der Cortisolspiegel und eine rasche Kontrolle des Cushing-Syndroms brauchen. Man müsse ihnen vermitteln, dass das Krankheitsbild lebensbedrohlich ist und daher eine zweimal tägliche konsequente Einnahme nötig ist. Wichtig ist die langsame Auftitration, beginnend mit zweimal täglich 2 mg morgens und abends. Unter regelmäßigem Monitoring wird die Dosis langsam gesteigert, um die Cortisolspiegel zu normalisieren. Maximaldosis sind zweimal täglich 30 mg. Günstig für den Patienten: Er kann die Tabletten unabhängig von der Mahlzeit einnehmen.