DAC und NRF: Qualität in der Rezeptur |
Juliane Brüggen |
28.06.2021 16:30 Uhr |
Rezepturen sind ein Aushängeschild der Vor-Ort-Apotheke. Das DAC/NRF-Werk erleichtert die praktische Arbeit, unter anderem mit standardisierten Rezepturvorschriften und Prüfmethoden. / Foto: Fotolia/Picture-Factory
Apotheken standen früher vor dem Problem, dass einige Stoffe weder im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) noch im Deutschen oder Homöopathischen Arzneibuch (DAB oder HAB) zu finden waren. Das machte die Prüfung von Ausgangsstoffen schwierig, da Arzneibuch-Monographien die Vorgaben zu Identifikation, Gehalt und Reinheit enthalten und Grundlage für die Eingangsprüfung in der Apotheke sind. Daher beschloss die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände im Jahr 1967, die Lücke zu schließen und ein ergänzendes Werk zum Arzneibuch herauszugeben – den »Deutschen Arzneimittel-Codex« (DAC). Die erste Auflage erschien 1972.
Im Jahr 1983 kam das »Neue Rezeptur-Formularium« (NRF) hinzu. Das Werk stellt seither die pharmazeutische Qualität von Rezepturarzneimitteln in den Fokus und beschreibt sowohl standardisierte Rezepturformeln als auch apothekengerechte Herstellungstechniken. Zunächst war es ein Anhang, später dann ein eigener Band des DAC. Viele Vorschriften sind aus der letzten in der DDR amtlichen Formelsammlung – den Standardrezepturen 1990 (SR) – übernommen und angepasst worden. Aus den weitgehend obsoleten Deutschen Rezeptformeln (DRF) haben hingegen nur wenige Rezepturformeln Eingang in das NRF gefunden.
Im Jahr 2013 wurden DAC und NRF zu einem Werk zusammengeführt und seither immer wieder aktualisiert und ergänzt. Inzwischen beinhaltet das DAC/NRF unter anderem:
Foto: Fotolia/Andrey Popov
Neben dem DAC/NRF-Werk finden Abonnenten auf der Webseite des DAC/NRF zusätzliche Services, wie Rezepturhinweise oder einen Rezepturenfinder. Hilfreich für die praktische Arbeit sind die »Tools«, unter anderem mit Rechenhilfen, Arbeitsvorlagen und Hilfen bei der Kommunikation mit dem Arzt.
Für Ärzte gibt es einen eigenen Bereich auf der DAC/NRF-Webseite. Hier können die Verordner nach Rezepturformeln suchen und erhalten Informationen zur Dosierung und Gebrauchsanweisung von Rezepturen.
Aus der Reihe »Rezeptur Live« gibt es vom PTA-Forum verschiedene Filme zum Thema Rezeptur.
Die Monographien für Wirkstoffe, Hilfsstoffe, pflanzliche Drogen und Zubereitungen stammen aus dem früheren »DAC-Teil«. Der Aufbau der Monographien ähnelt denen des amtlichen Arzneibuchs. Die analytischen Methoden und Reagenzien entsprechen, wenn möglich, denen des Europäischen Arzneibuchs.
Ein besonderes Augenmerk liegt darauf, dass zumindest der Identitätsnachweis mit der üblichen Laborausrüstung einer öffentlichen Apotheke durchführbar ist. Die für viele Stoffe enthaltenen Methoden zur alternativen Identifizierung erleichtern die Prüfung noch weiter, ohne dabei Qualität einzubüßen.
DAC-Monographien sind mittlerweile anerkannte Standards und werden auch von industriellen Herstellern für Prüfzertifikate der Ausgangsstoffe verwendet. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nutzt das Werk zudem für die Zulassung von Fertigarzneimitteln, darunter Standardzulassungen nach § 36 Arzneimittelgesetz (AMG).
»Compassionate Use« heißt, dass aufgrund eines besonderen Härtefalles ein nicht genehmigtes oder zugelassenes Arzneimittel angewendet wird. Dafür sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, zum Beispiel, dass es ausreichende Hinweise auf die Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels gibt. Ärzte können auf das Härtefallprogramm zurückgreifen, wenn Patienten an einer Erkrankung leiden, die zu einer schweren Behinderung führen würde oder lebensbedrohlich ist, und keine geeigneten genehmigten oder zugelassenen Arzneimittel für die Behandlung existieren.
Dem ehemaligen »NRF-Teil« sind die Inhalte zur Rezepturherstellung und Herstellungsvorschriften für Stammzubereitungen zuzuordnen. Bei der Herstellung nach den geprüften und standardisierten Rezepturformeln ist gesichert, dass die Bestandteile untereinander verträglich sind und die Rezeptur über den angegebenen Haltbarkeitseitraum stabil ist. Das bietet Vorteile sowohl für den Arzt, der eine geeignete Individualrezeptur für seinen Patienten auswählen möchte, als auch für die Apotheke, die sich auf die Stabilität und Qualität der Rezeptur verlassen kann.
Manchmal füllen NRF-Rezepturarzneimittel auch eine Nische: Ärzte nutzen bestimmte Rezepturen, wenn es an einem zugelassenen Fertigarzneimittel fehlt. Das kann bei seltenen Erkrankungen (»Orphan Disease«) oder im Rahmen des »Compassionate Use« vorkommen.