Das 1x1 der Lungenentzündung |
Bei einer Lungenentzündung entzünden sich die Lungenbläschen (Alveolen), teilweise ist auch das Gewebe zwischen den Alveolen und den Blutgefäßen (Interstitium) betroffen. Die Inflammation behindert den Gasaustausch, sodass weniger Sauerstoff aus den Lungenbläschen in die Blutbahn gelangt und die Sauerstoffsättigung sinkt. Entsprechend äußern sich die Symptome: Den Betroffenen geht es meist innerhalb von Stunden sehr schlecht, sie entwickeln hohes Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen, Husten mit erst uncharakteristischem, dann rostbraunem Auswurf und in schwereren Fällen auch Atemnot. Dieser typische Verlauf findet sich vor allem bei Jugendlichen und Erwachsenen.
»Bei Senioren kann eine Pneumonie auch mit wenigen unspezifischen Symptomen beginnen. Verwirrtheit kann sich bei ihnen einstellen, es tritt ein trockener Reizhusten mit geringem oder fehlendem Auswurf auf und allenfalls leichtes Fieber«, erklärt der Experte. Daher komme auch der Spruch »Old is cold«.
Das klinische Bild, die Anamnese und Untersuchungen wie eine Messung der Vitalzeichen, besonders der Atemfrequenz, und ein Abhören mit dem Stethoskop geben dem Arzt bereits Hinweise darauf, dass eine Pneumonie vorliegen könnte. »Als Goldstandard für die Diagnose gilt jedoch die Röntgenaufnahme der Lunge«, sagt Matt. »Wir erkennen auf den Bildern entzündetes Gewebe als Verschattung oder Infiltrat.« Dennoch könnten im Einzelfall Pneumonien der Diagnose entgehen, etwa wenn das Röntgenbild im ganz frühen Stadium gemacht werde oder Organe wie das Herz die entzündete Stelle verdeckten. Im Blutbild können die Entzündungswerte erhöht sein, allerdings gilt: »Einen bestimmten Marker, an dem sich eine Lungenentzündung eindeutig feststellen lässt, gibt es nicht«, so der Experte.
Die durch Bakterien verursachten Pneumonien lassen sich meist gut mit Antibiotika behandeln. Schlägt die Therapie an, sinkt das Fieber rasch und die Patienten fühlen sich schnell besser. Die Behandlung erfolgt in der Regel empirisch, da Ärzte vor allem im ambulanten Bereich meist keinen Erreger finden. Bei einer leichten, ambulant erworbenen Pneumonie ohne Komorbidität initiiert der Arzt die Therapie meist mit oralem Amoxicillin (3x1000 mg). Alternativen sind gemäß der S3-Leitlinie »Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie« Doxycyclin (Loadingdose 200mg, dann 1x200mg), Azithromycin (1 x 500 mg), Clarithroymycin (2 x 500 mg), Moxifloxacin (1 x 400 mg) oder Levofloxacin (2 x 500 mg).
Bei älteren Patienten und Menschen mit Interaktions-relevanter Komedikation ist Azithromycin das Makrolid der Wahl. Bei Patienten, die eine leichte Pneumonie mit definierter, stabiler Komorbidität wie eine chronische Herzinsuffizienz, ZNS-Erkrankung mit Schluckstörungen, schwere COPD oder Bettlägerigkeit aufweisen, ist laut Leitlinie Amoxicillin-Clavulansäure die Primärtherapie. Alternativ stehen Moxifloxacin und Levofloxacin zur Verfügung. Die Behandlung dauert in der Regel fünf Tage. Bevor die Therapie beendet wird, sollte der Patient für mindestens zwei Tage klinisch stabil sein.
Bei mittelschweren Pneumonien kann eine Sequenztherapie angezeigt sein, bei schweren ist sie obligatorisch. Es werden also zunächst Antibiotika intravenös verabreicht, nach klinischem Ansprechen stellt der Arzt auf eine orale Gabe um. Dabei kann nur die Darreichungsform, aber auch die Substanz beziehungsweise Substanzklasse geändert werden. Zum Einsatz kommen bei der mittelschweren Pneumonie intravenös Amoxicillin-Clavulansäure (3x2,2g), Ampicillin /Sulbactam (3 bis 4 x 3 g), Cefuroxim (3 bis 4 x 1,5 g), Ceftriaxon (1 x 2 g) oder Cefotaxim (3 bis 4 x 2 g), eventuell kombiniert mit einem Makrolid. Patienten mit einer schweren Pneumonie erhalten laut Leitlinie meist initial intravenös Piperacillin/Tazobactam (3 – 4 x 4,5 g) oder Ceftriaxon beziehungsweise Cefotaxim sowie ein Makrolid für drei Tage.
Bei viralen Pneumonien sind die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt. Der Nutzen von Virustatika ist größtenteils noch unklar. Eine Ausnahme ist der Neuraminidase-Hemmer Oseltamivir, der bei der Influenzainfektion beziehungsweise -pneumonie anschlagen kann, wenn er innerhalb der ersten 48 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome gegeben wird. Ideal ist die Gabe direkt nach der Exposition.
Bei schweren Verläufen kann eine kritische Mangelversorgung mit Sauerstoff entstehen. Patienten müssen dann durch eine Beatmungsmaske und im schlimmsten Fall invasiv über ein Beatmungsgerät und Luftröhrenschlauch (Intubation) auf der Intensivstation mit Sauerstoff versorgt werden.