Das Schweigen der Männer |
Isabel Weinert |
12.05.2025 14:00 Uhr |
Es gibt viele Faktoren, die das Gefühl der Einsamkeit ausbrechen lassen. Mittlerweile existieren zahlreiche Angebote, damit betroffene Menschen darüber reden können. / © Adobe Stock/marjan4782
Männer scheinen Partnerschaften mehr zu brauchen als Frauen, auch, um sich möglichst nicht einsam zu fühlen. Zwar sind Frauen diejenigen, in deren Medienlektüre beziehungsrelevante Themen deutlich häufiger auftauchen als in derjenigen für Männer und die angeblich der Romantik in Beziehungen besonders zugeneigt sind, aber wie relevant sind Beziehungen für Männer und Frauen tatsächlich im Hinblick auf ihre Lebensqualität und auf Einsamkeitsgefühle? Diese Frage beantworteten Forschende aus Deutschland, den USA und den Niederlanden, indem sie die Ergebnisse aus mehr als 50 wissenschaftlichen Studien zu Geschlechterunterschieden in hereosexuellen Beziehungen zusammengeführt und analysiert haben.
Danach ist es für Männer, deren körperliches und psychisches Wohlergehen, wichtiger, in einer Partnerschaft zu leben als für Frauen. Das gilt für Männer jedes Alters. Einen Grund sehen die Wissenschaftler darin, dass Frauen besser sozial vernetzt sind und so leichter – und mitunter gerne – auch mal alleine sind, ohne dass sie sich dabei einsam fühlen. Die Kontakte von Männern beschränkten sich mehr auf den Beruf oder auf Sport. Damit sind sie zwar unter Umständen quantitativ ausreichend mit Menschen zusammen, aber die Qualität der Beziehungen schützt weniger vor Gefühlen von Einsamkeit.
In ihrem Modell bieten die Forscher verschiedene Erläuterungen zu ihren Erkenntnissen, so die Pressemitteilung von Entwicklungspsychologin M. Sc. Iris Wahring, Humboldt-Universität zu Berlin. »Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass Frauen in der Regel mehr emotionale Unterstützung aus ihrem sozialen Umfeld erhalten als Männer. Daher sind heterosexuelle Männer mehr von ihren Partnern abhängig, um ihre emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen, als heterosexuelle Frauen. Kurz gesagt, stetige Beziehungen sind für Männer psychologisch wichtiger als für Frauen«, so Wahring.
Das hänge auch damit zusammen, dass Frauen bereits als Kinder lernten, dass es gut sei, Emotionen zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen, während Jungen eher das Gegenteil als soziale Norm vermittelt bekämen, erklärt Co-Autor Paul van Lange.
Nach einer Trennung geht es Männern im Durchschnitt schlechter als Frauen, es gelingt ihnen weniger, der veränderten Lebenssituation etwas positives abzugewinnen. Das führt auch noch ein Jahr nach einer Scheidung dazu, dass sich 40 Prozent der Männer, aber nur 20 Prozent der Frauen einsam fühlen.
Dabei leiden Männer laut einer Arbeit des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) vor allem unter der sogenannten sozialen Einsamkeit – zumindest geben sie das so an. Die Forschenden des BiB unterschieden nämlich zwischen sozialer und emotionaler Einsamkeit. Dabei bedeutet soziale Einsamkeit, Unzufriedenheit und das Gefühl mangelnder Unterstützung und Verbundenheit mit dem weiteren sozialen Umfeld aus Freundschaften und Nachbarschaft. Dem gegenüber haben Menschen, die unter emotionaler Einsamkeit leiden, zwar durchaus einen großen Kreis an Freunden und Bekannten, erleben jedoch zu wenig Nähe zu engen Bezugspersonen. Männer geben laut BiB häufiger an, sich sozial einsam zu fühlen, Frauen beklagen mehr die emotionale Einsamkeit.