Depressionen bei Kindern und Jugendlichen erkennen |
Isabel Weinert |
13.06.2023 08:30 Uhr |
Wenn alterstypische Aktivitäten zum Erliegen kommen, ist das ein Warnzeichen, das Eltern ernst nehmen sollten. / Foto: ©Sabphoto - stock.adobe.com
In der Coronapandemie waren Kinder und Jugendliche besonderen Belastungen ausgesetzt. Statt rein ins Leben hieß es raus aus der Schule, der Peergroup, dem Sportverein. In dieser Zeit habe es eine leichte Zunahme der Depressionen in diesen Altersgruppen gegeben, sagt Dr. Claus-Rüdiger Haas, Ärztlicher Direktor sowie Kinder- und Jugendpsychiater an der LWL-Klinik Marl. Es handle sich aber nicht um einen dramatischen Ausschlag der Zahlen nach oben, sondern bleibe im Rahmen der seit vielen Jahren beobachteten moderaten Schwankungen der Erkrankungszahlen.
Der Eindruck, es gebe immer mehr Kinder und Jugendliche mit seelischen Erkrankungen, ergebe sich aus dem positiven Umstand, dass Eltern vermehrt Hilfsangebote wahrnehmen. Dazu gehören an erster Stelle im graduell aufgebauten Versorgungssystem in Deutschland kommunale, konfessionelle oder Beratungsstellen anderer freier Träger und die Schulsozialarbeit. Lösen sich Bedenken von Eltern hier nicht auf, steht die Suche nach einem ambulanten Therapeuten auf dem Plan, kein leichtes Unterfangen.
Hat man einen solchen Therapieplatz gefunden, gilt es, das betroffene Kind, den betroffenen Jugendlichen davon zu überzeugen, das Angebot wahrzunehmen. Weil es bei jeder Therapie sogenannte probatorische Sitzungen gibt, also zumeist drei Probesitzungen, in denen Kind und Therapierender herausfinden, wie gut sie miteinander zurechtkommen, rät Haas dazu, das so auch dem Kind oder Jugendlichen anzubieten. »Es sind nur dreimal, die wir dort hingehen/die du dort hingehst. Dann kannst du entscheiden, ob du das weitermachen möchtest.« Damit sinkt die Hemmschwelle.
Scheint ein Kind oder Jugendlicher akut suizidgefährdet oder zeigt sonst akute seelische Symptome, die sich ambulant nicht mehr einfangen lassen, stehen stationäre Einheiten zur Verfügung, die auch eine Notaufnahme haben. Medikamente gegen Depressionen kommen bei Kindern und Jugendlichen nur in Ausnahmefällen zum Einsatz, so der Experte. Und wenn, dann immer therapiebegleitend. Medikamente ohne parallel eine Psychotherapie durchzuführen, das ist nicht leitliniengerecht.