Der neue Kult ums Ei |
Den Ruf als Verursacher schlechter Cholesterinwerte hat das Ei inzwischen verloren. / Foto: Getty Images/Helin Loik-Tomson
Das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) meldete kürzlich, dass der Pro-Kopf-Verbrauch von Eiern zuletzt um sechs Stück im Vergleich zum Vorjahr auf 236 Eier gestiegen sei. Vor zehn Jahren waren es demnach noch ganze acht Eier weniger. Ein möglicher Grund dafür seien die vergleichsweise günstigen Eierpreise im Angesicht der sonst stärkeren Inflation. »Ein weiterer Grund könnte die Ausbreitung der flexitarischen Ernährungsweise sein – weniger Fleisch, dafür mehr Eier«, teilt das BZL mit.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat seine kürzlich gegebene Verzehrempfehlung – nicht mehr als ein Ei pro Woche! – nun auch wieder gelockert. Die Portionsangabe habe nicht auf einer Begrenzung aus gesundheitlichen Gründen beruht, heißt es nun. Eher an der Umweltbelastung, die tierische Produkte verursachten, sagt Sprecherin Antje Gahl in Bonn. Neben etwa einem Frühstücksei in der Woche seien einige mehr verarbeitete Eier okay, zum Beispiel in Nudeln oder Kuchen. Früher war von »bis zu drei Eiern pro Woche« die Rede – jedoch schon inklusive der verarbeiteten.
Alles in allem scheint sich der Eierkonsum – in jüngeren Generationen – in den letzten Jahren verändert zu haben. Fast schon ein Kult entstand in Gastronomie und Internet zum Beispiel um Eier-Gerichte wie Eggs Benedict, Eggs Florentine oder Shakshuka. Vorbei die Zeiten, als hierzulande das auszulöffelnde Frühstücksei die höchste Form des Eieressens zu sein schien.
Seitdem ist viel passiert. Der Eierkonsum wurde internationalisiert. Seit einigen Jahren schon finden sich Eggs Benedict (also pochierte Eier auf Toast oder englischem Muffin mit Kochschinken oder Speck sowie Sauce Hollandaise) öfter auf Speisekarten in Deutschland. Früher gehörten sie nur in den USA, wo sie Ende des 19. Jahrhunderts in New York erfunden worden sein sollen, sowie in edleren Hotels auf der ganzen Welt zum Kanon der Eierspeisen.
Tierrechtsorganisationen kritisieren den Eierkonsum und die Eierindustrie grundsätzlich. Peta betont, Hühnerrassen legten ursprünglich – wie andere Vögel auch – Eier ausschließlich, um sich fortzupflanzen. Die Hühnerzucht habe jedoch die jährliche Anzahl von etwa 20 bis 30 gelegten Eiern verzehnfacht. Besonders problematisch seien Eier in verarbeiteten Produkten wie Nudeln, Kuchen und Süßigkeiten. Dabei werden oft Eier verarbeitet, die die Mehrheit der Verbraucher eigentlich ablehne – nämlich Eier aus Käfighaltung.