»Der wichtigste Schritt ist, das Gespräch zu suchen« |
Angehörige und Menschen im Umfeld von Personen, die suizidgefährdet erscheinen, sollten nicht wegschauen, sondern das Gespräch suchen. / Foto: Getty Images/SDI Productions
In Deutschland starben im vergangenen Jahr über 10.000 Menschen durch Suizid, viele weitere unternahmen Versuche. Aber: Bei Suizidalität ist Hilfe möglich und ein Suizid vermeidbar, sagt Professor Dr. Reinhard Lindner, einer der beiden Leiter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms für Deutschland (NaSPro).
Er erklärt, wie Menschen mit Selbstmordgedanken in ihrer extremen Verzweiflung Hilfe bekommen und wie Angehörige sie unterstützen können.
»Der erste Schritt sollte immer sein: Hol dir Hilfe«, sagt Lindner. Also nicht alleine in der aussichtslos scheinenden Situation zu bleiben, sondern sich jemandem anzuvertrauen und über die Suizidalität zu sprechen, also über »die eigene Verzweiflung, die so weit geht, dass man sich töten will«.
Und das hilft? In den meisten Fällen ja, berichtet der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin. »Tatsächlich wenden sich die allermeisten Menschen, die darüber nachdenken, Suizid zu machen, auf die eine oder andere Weise an andere. Und: Sie machen es dann nicht.« Denn zusammen komme man auf Lösungsoptionen und Verbesserungsmöglichkeiten.
Es gibt viele Wege, Unterstützung zu bekommen: Etwa Beratung, Krisenintervention, Psychotherapie oder auch psychiatrische Behandlung. Dabei komme es auch darauf an, wie akut der Suizidgedanke oder -wunsch ist, so Lindner.
Sein Rat: Wenn es einem sehr schlecht gehe, weil man eine Situation oder ein Problem überhaupt nicht bewältigen kann – etwa weil eine geliebte Person einen verlassen und man das Gefühl hat, ohne diesen Menschen nicht leben zu können –, könne man überlegen: Mit wem kann ich darüber reden, auch im eigenen Umfeld, der nicht in Angst oder Stress verfällt, sondern mit mir auf Augenhöhe darüber sprechen kann, warum ich so verzweifelt bin.
Anonyme Gespräche und Beratung bieten Krisen-Hotlines wie die Telefonseelsorge (0800 1110111 oder 0800 1110222) an. Die Anonymität sei oft sehr hilfreich, so Lindner: »Denn ich kann mit dieser einen Person reden und kann ihr Sachen sagen, die ich sonst niemandem sagen würde.«
Hausärzte und Psychotherapeuten (Sprechstundentermine unter Telefon 116 117 oder online) kommen natürlich auch infrage, und manchmal könnten auch religiöse Ansprechpartner eine Hilfe sein.