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Dauerstress

Diabetes belastet auch die Psyche

Diabetes mellitus fordert den Betroffenen einiges ab. »Patienten müssen sich jeden Tag um ihre Krankheit kümmern«, sagt Professor Bernhard Kulzer vom Forschungsinstitut der Diabetes-Akademie Bad Mergentheim im Gespräch mit PTA-Forum.
Nicole Schuster
29.07.2022  08:30 Uhr

Entzündung unterschwellig

»Epidemiologische Studien zeigen, dass Diabetes und Depression bidirektional miteinander verbunden sind«, erklärt Professor Dr. Christian Herder, Leiter der Forschungsgruppe Inflammation und stellvertretender Direktor des Instituts für Klinische Diabetologie am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gegenüber PTA-Forum. Beide Erkrankungen haben dieselben Risikofaktoren wie psychosoziale Stressfaktoren und ein ungesunder Lebensstil. Weiterhin spielen jeweils subklinische chronische Entzündungen im Körper eine Rolle, die aber noch nicht völlig verstanden sind. Im Blut können Entzündungsmarker wie der Wert des C-reaktiven Proteins (CRP), Zytokine und andere Immunmediatoren erhöht sein. Auch gering ausgeprägte systemische Entzündungen beeinflussen das Gleichgewicht bestimmter Neurotransmitter und Hormone. Das begünstigt die Entstehung von Depressionen und kann bestehende Depressionen verstärken. Niederschwellige chronische Entzündungen senken aber auch die Insulinsensitivität der Gewebe. Daraus kann sich eine Insulinresistenz entwickeln.

Was Kraft gibt

Bei Diabetespatienten mit psychischen Problemen ist professionelle Hilfe wichtig. Allerdings erhalten diese nur wenige. Ein Grund ist, dass die psychischen Probleme oft unerkannt sind. So wird nur etwa die Hälfte der Depressionen bei Menschen mit Diabetes erkannt. »Damit Ärzte nicht nur Blutzuckerwerte und körperliche Folgeschäden im Auge behalten, empfehlen wir, auch mindestens einmal jährlich auf eine mögliche Depression zu prüfen«, sagt Kulzer. »Dafür eignen sich bewährte Fragebögen wie der WHO-Five Well-being Index (WHO-5), der im Gesundheitspass Diabetes integriert ist.« Den Gesundheits-Pass Diabetes können Patienten gegen einen Unkostenbeitrag bestellen: https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/patienten/gesundheits-pass-diabetes .

Bei einer manifesten Depression ist in der Regel eine Psychotherapie Mittel der Wahl. Kulzer rät Betroffenen mit psychischen Problemen, gezielt nach einem Therapeuten mit psychodiabetologischen Kenntnissen zu suchen. Unterstützung bei der Suche bietet die Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psychologie der DDG: https://www.diabetes-psychologie.de/Psychotherapeutensuche .

Ärzte versuchen bei einer mittelgradigen oder schweren Depression zumeist auch, den Teufelskreis durch Medikamente zu durchbrechen. Bei der Wahl des Antidepressivums ist die Stoffwechsellage eines Menschen mit Diabetes zu berücksichtigen. Insbesondere trizyklische Antidepressiva können als Nebenwirkung zu einer Gewichtszunahme und zu einer Erhöhung des Blutzuckers führen. »Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRI) sind bei Menschen mit Diabetes meistens besser geeignet«, erklärt Kulzer. Unter der Therapie kann allerdings die Insulinsensitivität steigen. Patienten müssen dann möglicherweise in Absprache mit ihrem Arzt die Diabetestherapie anpassen.

Vor dem Hintergrund der subklinischen Entzündungen könnte auch eine antiinflammatorische Pharmakotherapie sinnvoll sein. »Erste Studien und Metaanalysen deuten darauf hin, dass der Einsatz verschiedener antiinflammatorischer Medikamente, in der Regel zusätzlich zur antidepressiven Therapie, auch die Depressivität beziehungsweise Depression klinisch relevant verbessern kann«, sagt Herder. Allerdings litten die Patienten in den Studien häufig noch an anderen Erkrankungen, zum Beispiel rheumatoider Arthritis. »Bislang ist nicht klar, ob sich die Depressivität vielleicht nur sekundär verbessert, weil sich die Erkrankung, die primär entzündungshemmend behandelt wurde, bessert.« Weitere Forschungen sind in diesem Bereich wünschenswert. »Für das Ziel einer modernen Präzisionsmedizin ist es wichtig zu wissen, ob und für welche Personen immunmodulatorische Therapien als Add-on zu Verhaltenstherapien oder Antidepressiva sinnvoll sein könnten.«

Bei hohen diabetesbezogenen Belastungen kann die PTA die Teilnahme an einem Diabetesschulungs- und Behandlungsprogramm empfehlen. Die Patienten lernen darin, ihre Krankheit zu akzeptieren und mit den Einschränkungen zu leben.

»Bei Depressionen wirkt sich Bewegung nachgewiesen positiv auf die Stimmung aus«, betont Kulzer und rät Menschen mit Diabetes und depressiver Stimmungslage, mehr körperliche Aktivität in ihren Alltag einzubauen. Interventionen zur Stressreduktion wie Yoga, progressive Muskelentspannung, Qi Gong oder Tai-Chi können die glykämische Kontrolle und die Lebensqualität ebenfalls verbessern. Auch ein guter sozialer Rückhalt kann sich bei Patienten mit Diabetes positiv auf die Blutzuckereinstellung auswirken. Um den Alltag zu bewältigen, hilft es, Routinen und Strukturen zu etablieren. Dazu gehören auch bewusste Auszeiten, um sich selbst etwas Gutes zu tun. 

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