Die Beweislage bei Himbeerketon ist dürftig |
Als synthetischer Aromastoff ist Himbeerketon von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) als ein »allgemein als sicher anerkannter« (»Generally Recognized as Safe«, GRAS) Lebensmittelzusatzstoff anerkannt. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Substanz in der Mindestmenge verwendet wird, die zum Aromatisieren erforderlich ist. Bei Himbeerketon in Form von NEM empfehlen Hersteller hingegen eine tägliche Verzehrsmenge zwischen 100 und 1400 mg. Diese Menge übertrifft bei Weitem den festgelegten Schwellenwert für toxikologische Bedenken (Threshold of Toxicological Concern, TTC), der bei nur 800 µg pro Tag liegt. Die Sicherheit und Langzeitwirkungen insbesondere dieser hohen Dosen sind unklar.
Es mangelt insgesamt an Humanstudien und erst recht an solchen, die systematisch Nebenwirkungen dokumentiert haben. Die Tatsache, dass Himbeerketon chemisch anderen Stimulanzien ähnelt, lässt jedoch bestimmte Nebenwirkungen vermuten. Vereinzelte Berichte über Nervosität, erhöhten Blutdruck und Herzrasen bei Menschen, die Himbeerketon-Präparate eingenommen haben, weisen ebenfalls in diese Richtung.
Toxikologische Modelle bestätigen ein Potenzial für kardiotoxische Wirkungen und deuten auf Auswirkungen auf die Fortpflanzung und Entwicklung hin. Theoretisch annehmbare Arzneimittel- oder Nahrungsmittelwechselwirkungen sind nicht erforscht. Fraglich ist zudem der Zulassungsstatus. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat aromatisierende Ketone derzeit nur als Aromen in Lebensmitteln zugelassen. Für andere Verwendungen ist Rheosmin als neuartiges Lebensmittel zu betrachten. Für dessen Vermarktung ist eine Zulassung erforderlich. Um diese zu erlangen, muss die Sicherheit bewiesen werden. Bei Rheosmin fehlen dazu Daten.
Es ist noch nicht einmal klar, wie viel von der Substanz für einen vermeintlichen Effekt überhaupt einzunehmen ist. Möglicherweise sind gerade bei Übergewichtigen gar nicht derart hohe Dosen, wie aktuell von den Herstellern empfohlen, erforderlich. Eine Forschungsgruppe führte pharmakokinetische Studien durch, um die Bioverfügbarkeit und den Metabolismus von Rheosmin bei fettleibigen Mäusen gegenüber normalgewichtigen Tieren zu bewerten. Sie fanden heraus, dass sich die Substanz bei Fettleibigkeit in lipidreichen Geweben ansammelt. Bei normalgewichtigen Mäusen wurden Rheosmin und die meisten seiner Metaboliten innerhalb von 30 Minuten im Plasma nachgewiesen und bald ausgeschieden. Die Gesamtbioverfügbarkeit erwies sich bei adipösen Mäusen fast als doppelt so hoch wie bei Kontrollmäusen und die Substanzen und ihre Metaboliten wurden langsamer ausgeschieden.