Die Beziehung von Herz und Psyche |
17.08.2021 08:30 Uhr |
Allerdings schließt sich der Kreis auch anders herum. Herzerkrankungen werden von Betroffenen oft als so belastend und bedrohlich erlebt, dass sie sich auf die psychische Gesundheit auswirken können. Forscher um Eyal Shemesh vom Mount Sinai Medical Center in New York haben 73 Herzinfarkt-Patienten über ein Jahr lang hinsichtlich der Entwicklung einer Anpassungsstörung oder posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) untersucht. Hier war jeder vierte bis fünfte Patient betroffen.
In ihrem Positionspapier »Bedeutung von psychosozialen Faktoren« schreibt die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, dass 30 von 100 Herzinfarkt-Patienten im Anschluss eine Depression entwickeln. Vor allem Frauen unter 60 haben ein besonders hohes Risiko. Bis zu 40 Prozent betrug es in einer Studie von Medizinern um Susmita Mallik von der Emory University School of Medicine in Atlanta, die knapp 2500 Herzinfarkt-Patienten nachbeobachtet haben.
Aufgrund des engen Zusammenhangs von psychischen und kardialen Faktoren empfiehlt die Nationale Versorgungsleitlinie »Chronische KHK« bereits, psychische und soziale Informationen sowie das Vorliegen einer relevanten psychischen Erkrankung bei allen KHK-Patienten zu erheben. Psychokardiologen sprechen sich allgemein dafür aus, die psychische Gesundheit von allen Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen stärker zu berücksichtigen. In der kardiologischen Praxis umgesetzt werden die Empfehlungen bisher jedoch noch nicht ausreichend. Das zeigen die Daten der EUROASPIRE IV-Studie, einer großangelegten Studie, die die Versorgung von KHK-Patienten in 24 europäischen Ländern untersucht hat. Als Ursache sieht die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie vor allem die mangelnde Honorierung von Screening- und Beratungsleistungen, Arzt-Patienten-Kommunikation und Patientenschulungen. In der stationären kardiologischen Versorgung sei vor allem die kurze Verweildauer ein Problem.
Erste Kliniken haben jedoch inzwischen Psychokardiologie-Stationen eingerichtet. Hier werden vor allem Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen sowohl kardiologisch als auch psychosomatisch behandelt. Und auch in vielen Rehabilitationskliniken findet bereits eine fachübergreifende Betreuung der Patienten statt.