Die Rolle des Mikrobioms bei Darmkrebs |
Das Mikrobiom des Darms birgt nach wie vor viele Geheimnisse. Einige ungünstige Verschiebungen sind jedoch bereits bekannt. / © Adobe Stock/Alex
Darmkrebs galt lange Zeit als Krankheit des höheren Alters. Die Mehrheit der Betroffenen erkrankte nach dem 70. Lebensjahr, eine Darmkrebsdiagnose vor dem 50. Lebensjahr galt als selten. Seit rund 30 Jahren beobachten Mediziner jedoch eine auffällige Veränderung. In vielen Ländern erkranken immer häufiger auch jüngere Erwachsene. Für Deutschland wird der Anstieg jährlich mit etwa 2 Prozent beziffert. Wissenschaftler sehen diese Tendenz mit Besorgnis: Ein früh erhöhtes Darmkrebsrisiko kann das Erkrankungsrisiko im späteren Leben noch weiter steigen lassen. Für die Zukunft könnte dies einen starken Anstieg an Darmkrebsfällen bedeuten. Dementsprechend intensiv wird nach den Ursachen der Altersverschiebung geforscht.
Als wahrscheinlichste Auslöser gelten derzeit Lebensstilfaktoren wie wenig körperliche Aktivität, Übergewicht und eine fett- und proteinreiche sowie ballaststoffarme Ernährung. Sie alle beeinflussen die Zusammensetzung des Mikrobioms, also der großen Gemeinschaft von Bakterien, Pilzen, Hefen, Viren und anderen Einzellern, die den menschlichen Körper besiedeln. Bekannt ist, dass Ungleichgewichte in der Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft die Entstehung verschiedener Erkrankungen - darunter auch Krebserkrankungen - begünstigen können.
Experten schätzen, dass rund 20 Prozent der Krebserkrankungen mit einer viralen oder mikrobiellen Infektion zusammenhängen. Unter den Bakterien ist dieser Zusammenhang derzeit für Helicobacter pylori als Auslöser von Magengeschwüren und in weiterer Folge von Magenkrebs eindeutig belegt. Bei anderen Bakterien sind die Zusammenhänge weniger gut untersucht, doch es mehren sich die Studien, die entsprechende Hinweise liefern.
So unterscheidet sich die Bakterienzusammensetzung im Stuhl von Darmkrebsbetroffenen auf typische Art und Weise von der gesunder Menschen. Mehrere Studien konnten zudem zeigen, dass sich die Bakterienzusammensetzung mit der Lokalisation des Tumors verändert. Liegt der Tumor im Dickdarm auf der rechten Seite, sind andere Bakterien anzutreffen als bei Tumoren auf der linken Seite oder im Enddarm.
In Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass Versuchstiere mit einem hohen genetisch bedingten Darmkrebsrisiko unter fettreicher Kost Darmbarrierestörungen entwickeln. Einige Bakterien des tierischen Mikrobioms waren dadurch in der Lage, in Bereichen von Darmpolypen in die Darmschleimhaut vorzudringen und dort Entzündungen auszulösen.
Auch in Stuhlanalysen von Menschen mit Darmkrebs konnten bereits Bakterien identifiziert werden, die in der Lage sind, die Schutzschicht der Darmschleimhaut anzugreifen, zu schwächen und zu durchdringen. Forscher bringen das hohe Vorkommen entsprechender Bakterienarten mit einer stark fett- und fleischhaltigen Ernährung in Verbindung.