Eine gute Nacht dank Phytos |
Die Wurzel des Echten Baldrians (Valeriana officinalis) hat seit jeher einen guten Leumund als beruhigend pflanzliche Droge. In der Tat bestätigen klinische Studien, dass bestimmte Trockenextrakte der Baldrianwurzel nervöse Unruhe und Schlafstörungen zu lindern vermögen. Das betrifft Trockenextrakte mit einem DEV von 3 -7,4:1, die mit dem Auszugsmittel 40- bis 70- %igem Ethanol hergestellt wurden (wie Sedonium®, Baldrivit®, Baldurat®, Luvased® mono, Baldriparan® Stark für die Nacht, Euvegal® balance). Sie können ab 12 Jahren bei nervöser Unruhe und Schlafstörungen eingesetzt werden. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Zulassungsbehörde EMA hat denn auch diesen Auszügen den well-established use zugebilligt.
Das Apothekenteam kann bei nervöser Unruhe dreimal am Tag eine Dosis von 400 bis 600 Milligramm Trockenextrakt empfehlen. Schlafstörungen lassen sich mit einer Einzeldosis eine halbe bis eine Stunde vor dem Zubettgehen und eventuell einer Dosis am frühen Abend behandeln. Auch wichtig zu vermitteln: Von Baldrian wie auch von anderen pflanzlichen Zubereitungen ist keine Sofort-Wirkung zu erwarten. Die adaptativen Prozesse bauen sich eher langsam innerhalb von zwei bis vier Wochen regelmäßiger Anwendung auf. Es verbessert eher die Schlafstruktur. Dafür sind kein Hangover, keine Veränderung der Reaktionszeit oder sonstige Nebenwirkungen zu erwarten.
Baldrian besitzt sehr viele verschiedene Gruppen an Inhaltsstoffen, und bislang ist nicht bekannt, welcher Substanzgruppe die Wirkung zuzuschreiben ist. Experten wie etwa Professor Dr. Robert Fürst von der Universität Frankfurt, gehen jedoch nicht davon aus, dass die leichten sedativen und anxiolytischen Effekte nur einer bestimmten Substanz oder -gruppe zuzuordnen sind. Auch die in vitro propagierten Wirkmechanismen isolierter Rezeptor-Interaktionen wie etwa dem GABAA-, dem Adenosin-A1- oder dem 5-HT5a-Rezeptor erscheinen dem Professor für Pharmazeutische Biologie »zu gestellt. Bislang sind nur wirksamkeitsmitbestimmende Stoffe identifiziert.« Die Valepotriate, denen man seit jeher zumindest eine Teilwirkung zutraut, könnten laut Fürst schon mal nicht für die Wirkung verantwortlich sein. »Sie sind extrem instabil und werden bei Lagerung abgebaut. In den fertigen Zubereitungen sind kaum mehr Valepotriate enthalten.« Umgekehrt verhält es sich mit der Isovaleriansäure. Diese entsteht erst bei der Trocknung und zeichnet für den durchdringenden, typisch strengen Baldriangeruch verantwortlich.
Neben Präparaten mit Baldrianwurzel als einzigem Bestandteil gibt es zahlreiche Phytopharmaka, die Zweifach- und Dreifach-Kombinationen mit diversen altbewährten, beruhigend wirkenden Arzneipflanzen enthalten. Hierzu zählen Hopfenzapfen, Melissenblätter, Passionsblumenkraut und Johanniskraut. Aber nur einer bestimmten Kombination aus Baldrianwurzel und Hopfenzapfen hat die EMA den Status des well-established Use vergeben (Alluna® Schlaf, Allunapret®). Allen anderen Drogen wie Passionsblumenkraut, Melissenblätter oder -öl und auch Hopfenzapfen wurden solo oder in Kombination der Kategorie Traditional Use zugeordnet.