Einnahme von L-Carnitin selten nötig |
L-Carnitin ist kein essenzieller Nährstoff. Bei der gesunden Bevölkerung einschließlich Sportlern besteht kein Defizit. Sie können die Substanz ausreichend selbst bilden und nehmen sie zusätzlich über (tierische) Lebensmittel, vor allem Rind-, Wild- und Schweinefleisch, sowie einige pflanzliche Quellen wie Pilze auf. Anders sieht es bei Menschen mit bestimmten, seltenen Erkrankungen aus. Bei der Erbkrankheit primäre systemische Carnitin-Defizienz besteht ein chronischer Carnitin-Mangel. Bei den Patienten ist der Transporter, der die Aufnahme von L-Carnitin in die Zellen erleichtert, beeinträchtigt. Es resultiert ein L-Carnitin-Mangel im Serum und in der Herz- und Skelettmuskulatur. Das äußert sich bereits in den ersten Lebensmonaten mit Symptomen wie progressiver Kardiomyopathie, Muskelschwäche, Hypoglykämie, Lebervergrößerung, einem krankhaft erhöhten Ammoniumgehalt im Blut (Hyperammonämie) und nervösen Störungen wie Reizbarkeit. Die Therapie besteht in einer lebenslangen oralen L-Carnitin-Supplementierung, um den Stoffwechsel der langkettigen Fettsäuren zu normalisieren. Alternativ zur oralen Zufuhr stehen rezeptpflichtige Arzneimittel mit L-Carnitin für die parenterale Anwendung zur Verfügung.
Eine weitere Patientengruppe, an die bei L-Carnitin zu denken ist, sind dialysepflichtige Nierenkranke. Bei der Hämodialyse kann ein sekundärer L-Carnitin-Mangel entstehen, da die wasserlösliche Substanz aus dem Blut entfernt wird. Bei stark erniedrigten L-Carnitin-Werten ermüden die Muskeln schneller und bei körperlicher Anstrengung können Krämpfe entstehen. Um die Nebenwirkungen der Dialyse abzumindern, kann die Gabe von L-Carnitin sinnvoll sein.
Menschen, die Valproinsäure einnehmen, können einen iatrogenen L-Carnitin-Mangel entwickeln. Das Antiepileptikum reduziert zum einem die Bildung von L-Carnitin und zum anderen die Rückresorption in der Niere, die normalerweise bei über 95 Prozent liegt. Bei Betroffenen ist dadurch die Fettsäureoxidation gehemmt. Nach Absprache mit dem behandelnden Arzt kann eine Supplementation hilfreich sein. Als supportive Maßnahme kommt L-Carnitin ferner bei einer Valproinsäure-Intoxikation zum Einsatz.
Bei der gesunden Bevölkerung sind früh- und termingeborene Säuglinge eine Risikogruppe für ein Defizit. Sie haben noch nicht ausreichend gefüllte L-Carnitin-Speicher, aber wegen ihres schnellen Wachstums einen hohen Bedarf. Ein Mindestgehalt an L-Carnitin in Säuglingsanfangsnahrung ist daher vorgeschrieben. Es ist nicht auszuschließen, dass Veganer, die Leistungssport betreiben, ebenfalls schlecht versorgt sind. Sie können mit ihrem Arzt sprechen, ob eine Blutuntersuchung angezeigt ist. Der Normwert für L-Carnitin im Serum liegt je nach Messmethode im Bereich zwischen 25,0-54,0 µmol/l.