Erste Schritte aus der Einsamkeit |
Trotz ihrer Verbreitung bleibt Einsamkeit oft unausgesprochen, etwa weil Betroffene die Schuld auf sich selbst schieben: »Man hat den Eindruck, man sei es nicht wert, dass andere mit mir Zeit verbringen«, sagt Bücker. Auch Möhrer-Nolte beobachtet: »Keiner sagt gerne: ›Ich bin einsam‹. Es schwingt oft die Angst mit, nicht liebenswert genug zu sein.«
Gerade deshalb sei es wichtig, sich das Gefühl einzugestehen. Anonyme Anlaufstellen wie die Telefonseelsorge bieten einen niedrigschwelligen Zugang. »Allein das Zuhören hilft schon vielen weiter«, berichtet Salome Möhrer-Nolte. Für manche ist es der erste Schritt zurück ins soziale Leben.
Umso wichtiger ist das, weil Einsamkeit die Wahrnehmung beeinflussen kann: Wer lange einsam ist, sieht die Welt oft durch eine verzerrte Brille. Harmlose Gesten anderer werden schnell negativ gedeutet. »Menschen, die lange allein sind, nehmen soziale Kontakte oft als Bedrohung wahr«, erklärt Susanne Bücker. Diese Wahrnehmung verstärkt das Misstrauen – ein Nährboden für gesellschaftliche Entfremdung.
Was aber kann ich tun, um einen Weg aus der Einsamkeits-Spirale zu finden? Wie komme ich wieder unter Menschen und fühle mich wohl?
»Grundsätzlich ist es viel leichter, alte Kontakte zu reaktivieren als neue zu knüpfen«, sagt Susanne Bücker. Ihr erster Rat lautet daher: Das Telefonbuch im Handy oder den Chat-Verlauf durchgehen und sich bei jenen zu melden, mit denen man länger nicht Kontakt hatte. »Die meisten Menschen finden das gut! Die Gefahr, zurückgewiesen zu werden, ist sehr viel kleiner, als viele meinen«, sagt die Einsamkeitsforscherin.
Zweiter Tipp: Durch die Stadt gehen und ganz bewusst auf Gemeinsamkeiten mit anderen Menschen achten. Etwa den gleichen Kleidungsgeschmack, die gleichen Schuhe oder den gleichen Kuchen, den man im Café aussucht. Hintergrund: Menschen, die sich einsam fühlen, tendieren dazu, Unterschiede wahrzunehmen. »Wenn ich jedoch sehe, da ist mir jemand ähnlich, erzeugt das ein Gefühl von Sympathie und schult den Blick, dass nicht alle um einen herum anders sind als man selbst.«