Frauen häufiger betroffen als Männer |
Verena Schmidt |
30.05.2025 15:00 Uhr |
Wie Sand im Getriebe: Trockene Augen sind sehr lästig. / © Adobe Stock/Andrey Popov
Das trockene Auge ist eine multifaktorielle Erkrankung der Augenoberfläche, bei der das Gleichgewicht des Tränenfilms gestört ist. Neben einem Trockenheitsgefühl sind Brennen, Rötung, Juckreiz und Tränen klassische Symptome. Beim Sicca-Syndrom liege eine chronische Form der Binde- und Hornhautentzündung, eine Keratokonjunktivitis, vor, erläuterte Professor Dr. Gerd Geerling, Pressesprecher der Stiftung Auge und Direktor der Universitäts-Augenklinik Düsseldorf, bei der digitalen Pressekonferenz der Stiftung Auge im Mai.
Auffällig ist: Frauen leiden etwa doppelt so häufig unter dem Sicca-Syndrom wie Männer. »In einer neueren Studie zeigten 42 Prozent der befragten Frauen zwischen 62 und 91 Jahren Symptome eines trockenen Auges – bei den Männern waren es nur 20 Prozent«, so der Augenarzt. Im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie des Universitätsklinikums Essen waren diesbezüglich Daten von insgesamt 2095 Teilnehmern ausgewertet worden. »In der Altersklasse von etwa 60 bis 90 Jahren gibt es hochgerechnet in Deutschland ungefähr 7 bis 8 Millionen Betroffene«, verdeutlichte Geerling die Ausmaße des Problems.
Die Untersuchung habe auch ezeigt, dass Frauen vermehrt Probleme mit trockenen Augen bekommen, wenn sie unter einer weiteren klassischen altersassoziierten Augenerkrankung wie Katarakt, Glaukom oder einer Makuladegeneration leiden, so Geerling. Dazu kommt: Weiteren Studien zufolge entwickeln Frauen mit einem trockenen Auge häufiger depressive Verstimmungen oder ein sogenanntes Schmerzsyndrom. Umso wichtiger sei es also, die Beschwerden früh zu erkennen und richtig einzuordnen.
Dafür, dass Frauenaugen häufiger trocken sind, gibt es verschiedene Gründe. Der Ophthalmologe nannte etwa geschlechtsspezifische Unterschiede bei Wahrnehmung und Behandlungswille. »Frauen leiden stärker unter den Symptomen als Männer, sie nehmen Schmerz oft stärker wahr und sie gehen auch schneller zum Arzt und lassen sich behandeln«, so der Ophthalmologe. In der Augenarztpraxis klagten Frauen vor allem über gereizte, gerötete oder geschwollene Augenlider, brennende Augen und Schmerzen beim Blinzeln. Auch ein Fremdkörpergefühl oder ein ständiges Trockenheitsgefühl sind laut Geerling typisch. Bei Männern trete hingegen häufiger ein sogenanntes reaktives Tränen auf als Kompensation für eine gestörte Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit.
Bei Frauen nach der Menopause zeigten sich auf der Oberfläche von Horn- und Bindehaut häufiger als bei Männern leichte, reversible Schäden. Unterschiede gibt es auch bei der Zusammensetzung des Tränenfilms: Frauen entwickelten laut des Experten häufiger eine Meibomdrüsendysfunktion, eine Veränderung der Talgdrüsen der Lidkante. »Natürlich liegt beim trockenen Auge auch ein Zusammenhang mit Hormoneinflüssen nahe.« Hintergrund ist, dass der Spiegel des – das Auge schützenden – männlichen Sexualhormons Testosteron bei Frauen nach der Menopause absinkt. Die entstehende Hormondysbalance führe zu einer chronischen Entzündung der Talgdrüsen und damit zu einer Instabilität des Tränenfilms, sagte der Augenarzt.
Eine augenärztliche Untersuchung hilft, die Ursache eines trockenen Auges abzuklären und individuell geeignete Maßnahmen einzuleiten. »Häufig lässt sich das trockene Auge mit den gängigen Tränenersatzmitteln relativ einfach symptomatisch behandeln«, so Geerling. Für schwerere Fälle mit entzündlichen Hornhaut-Oberflächenschäden gebe es zudem mittlerweile entzündungshemmende Therapieoptionen wie Ciclosporin-Augentropfen. »Bei der Meibomdrüsendysfunktion können zudem spezielle Maßnahmen zur Lidrandhygiene sehr effektiv sein, wenn man sie konsequent anwendet«, sagte Geerling.