Fünf Jahre Masern-Impfpflicht |
Verena Schmidt |
26.03.2025 12:00 Uhr |
Alle Kinder, die Gemeinschaftseinrichtungen besuchen, müssen gegen Masern geimpft sein. Von dem Ziel »Herdenimmunität« kann in Deutschland noch keine Rede sein. / © Adobe Stock/RioPatuca Images
Vor fünf Jahren, im März 2020, war das Masernschutzgesetz in Deutschland in Kraft getreten. Kinder müssen seither die empfohlenen Schutzimpfungen gegen Masern nachweisen, wenn sie eine Kita oder Schule besuchen – spätestens zum Schuleintritt sind die Impfungen also praktisch Pflicht. Darüber hinaus müssen auch Kinder, die von einer Kindertagespflegeperson betreut werden, geimpft sein, ebenso nach 1970 geborene Lehrkräfte, Erzieher, Tagespflegepersonen oder medizinisches Personal, wenn sie in Gemeinschaftseinrichtungen tätig sind. Verpflichtend ist die Masernimpfung auch für Bewohner und Mitarbeiter in Asyl- und Flüchtlingsunterkünften.
Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten überhaupt. Übertragen werden die RNA-Viren unter anderem über Tröpfchen und Aerosole, also etwa beim Sprechen, Husten und Niesen. Bereits ein kurzer Kontakt mit einer infizierten Person reicht aus – eine Ansteckung kann sogar über mehrere Meter Entfernung erfolgen.
Alle sechs weltweiten Regionen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben die Elimination der Masern beschlossen. Gelungen ist das bislang allerdings noch nicht. Weltweit lag die Zahl der Masernfälle 2023 geschätzt bei 10,3 Millionen. Bei etwa 107.000 Menschen endete die Erkrankung tödlich, meist bei nicht oder nicht genügend geimpften Kindern unter fünf Jahren.
Dabei schien man zunächst auf einem guten Weg zu sein: In den Jahren 2020 und 2021 war die Fallzahl aufgrund der Coronapandemie und den Maßnahmen zu ihrer Eindämmung drastisch gesunken. Im Jahr 2021 wurden aus der WHO-Region Europa lediglich Daten von 163 Masernfällen übermittelt. Doch seit 2022 steigen die Zahlen wieder an. WHO-Daten zufolge traten in der WHO-Region Europa im Jahr 2024 127.000 Fälle auf, doppelt so viele wie im Vorjahr und die höchste Zahl in der Region seit 1997.
Dabei kann eine seit Jahrzehnten verfügbare und sichere zweifache Impfung effektiv vor der Erkrankung schützen. Nach Angaben der WHO haben 83 Prozent der Kinder weltweit eine erste Dosis der Masernimpfung erhalten, 74 Prozent eine zweite. Die Elimination der Viren kann aber nur erreicht werden, wenn 95 Prozent der Kinder geimpft sind.
Im akuten Stadium einer Masernerkrankung treten Fieber, Konjunktivitis, Schnupfen und Husten auf. Am zweiten bis vierten Tag nach Symptombeginn erscheint das charakteristische Masernexanthem, ein Hautausschlag aus kleinen bräunlich-rosafarbenen Flecken. Es beginnt im Gesicht und hinter den Ohren, dann breitet sich das Exanthem über den Körper aus. Beim Abklingen ist oft eine kleieartige Schuppung zu beobachten. Nach rund einer Woche sinkt das Fieber und der Ausschlag verschwindet allmählich. Da Masernviren bevorzugt Zellen des Immun- und Nervensystems befallen, besteht nach der Erkrankung häufig eine Immunschwäche von mindestens sechs Wochen. Bakterielle Superinfektionen wie eine Mittelohrentzündung, Bronchitis, Lungenentzündung oder Durchfall sind möglich.
Eine schwerwiegende Komplikation der Masern ist die akute postinfektiöse Enzephalitis, zu der es in etwa 1 von 1000 Fällen kommt. Sie tritt vier bis sieben Tage nach Beginn des Exanthems mit Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma auf. Bei 10 bis 20 Prozent der Betroffenen endet sie tödlich, bei bis zu 30 Prozent bleiben Schäden des zentralen Nervensystems zurück.
Eine sehr seltene Masern-Spätkomplikation ist die Subakute Sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), die etwa sechs bis acht Jahre nach Infektion auftritt. Sie beginnt mit psychischen und intellektuellen Veränderungen, im Verlauf kommt es zu neurologischen Störungen und Ausfällen bis zum Verlust aller zerebralen Funktionen, der fast immer tödlich endet. Im Schnitt treten vier bis elf SSPE-Fälle pro 100.000 Masernerkrankungen auf. Kinder unter fünf Jahren haben ein höheres Risiko, bei ihnen sind es 30 bis 60 SSPE-Fälle pro 100.000 Masernfälle.