Hafertage für den Stoffwechsel |
Der ursprüngliche Hafertag nach von Noorden ist streng: Es dürfen den Tag über drei Mahlzeiten (mit Abstand von mindestens vier Stunden) mit je 75 g Haferflocken, in 500 ml Wasser oder Brühe aufgelöst, gegessen werden. Frische Kräuter und Gewürze (kein Zucker) sind erlaubt.
Die meisten Diabetologen empfehlen heute gemäßigtere Varianten: Der Patient nimmt an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im Monat drei Hafermahlzeiten zu sich. Sie bestehen aus 60 bis 80 g Haferflocken, aufgelöst in 300 bis 500 ml Brühe oder Wasser. Gewürze, 50 g Gemüse, 50 g Beeren oder zu einer Mahlzeit am Tag 50 g Nüsse sind erlaubt. Wichtig ist es, über den Tag ausreichend energiefreie Getränke zu trinken. Brückentage vor und nach den Hafertagen machen den Übergang zu den normalen Mahlzeiten verträglicher. An ihnen sollte man auf zucker- und fettreiches Essen verzichten.
Keuthage hält auch weitere Lockerungen für zulässig: Wem es leichter falle, der könne auch einmal pro Woche einen Hafertag einlegen und die Hafermahlzeiten individuell zusammenstellen, dabei zwei bis drei Zutaten aus 100 g Gemüse, 50 g Beeren, 20 g Nüssen, 5 g Zartbitterschokolade (70 Prozent Kakaogehalt) und 100 ml Haferdrink wählen.
Aufgepasst: Die Hafertage können bei gleichzeitiger Therapie etwa mit Insulin oder dem Antidiabetikum Glimepirid eine Unterzuckerung begünstigen. Daher sollte ein Arzt den Patienten während seiner ersten Hafertage unbedingt begleiten und der Patient die Insulinmenge halbieren, empfiehlt Keuthage. Auch an den Folgetagen und -wochen könnten die Zuckerwerte noch gesenkt sein.
»Wer bei Typ-2-Diabetes die Hafertage regelmäßig durchführt, kann möglicherweise die notwendige Insulinmenge dauerhaft auf bis zu drei Viertel der sonst üblichen Menge senken. Der Blutzucker sollte aber engmaschig kontrolliert und die Insulindosis gegebenenfalls angepasst werden«, sagt der Mediziner. Bei Typ-1-Diabetikern funktioniert dies in der Regel nicht, weil hier ein Insulinmangel die Hauptursache der Krankheit ist, nicht die Insulinresistenz.
Verantwortlich für die positiven Effekte des Hafers sind Beta-Glucane, verschiedene hochmolekulare Beta-D-Glucose-Polysaccharide. Sie kommen in den Zellwänden von Getreide, Bakterien und Pilzen oder in freier Form als Paramylone in Algen vor. Glucane mit beta-glycosidischer Bindung sind zudem Cellulose und Chitin.
»Das im Hafer enthaltene Beta-Glucan ist in dieser Form einzigartig«, sagt Keuthage. Es hat neben dem blutzuckersenkenden auch einen nachweislich cholesterol- und blutdrucksenkenden Effekt, reduziert eine Fettleber und mindert Symptome des polyzystischen Ovarialsyndroms, das häufig mit einer Insulinresistenz verbunden ist.
Mithilfe von Hafer-Beta-Glucan vermehren sich »gute« Laktobazillen des Darmmikrobioms. Zudem bindet es im Körper Flüssigkeit, wodurch im Magen-Darm-Trakt eine zähflüssige Masse entsteht. Diese schützt die Darmschleimhaut. Der Nährstoffabbau im Dünndarm wird dadurch verlangsamt. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf den Blutzucker- und Cholesterolspiegel aus, sondern verlängert das Sättigungsgefühl. Hafer und seine Produkte machen also lange satt. Für viele dieser Effekte des Hafer-Beta-Glucans bestehen durch Studien nachgewiesene und von der Europäischen Union genehmigte Gesundheitsversprechen, sogenannte Health Claims. Hersteller von Haferprodukten dürfen sie auf der Verpackung abdrucken.