Hilfe bei Ohrenschmerzen |
Ohrenschmerzen sind äußerst unangenehm und können Kinder regelrecht quälen – hier ist schnelle Hilfe gefragt. / © Adobe Stock/andrey
Winterzeit ist Erkältungszeit und damit steigt auch bei Kindern die Zahl der akuten Mittelohrentzündungen wieder deutlich an. Bis zu viermal häufiger als in den Sommermonaten tritt sie jetzt auf und erwischt mehr als die Hälfte aller Kinder bis zum Ende des dritten Lebensjahres mindestens einmal. Knapp ein Viertel der Kinder hat in diesem Alter bereits mehr als drei akute Mittelohrentzündungen durchgemacht.
Die Mittelohrentzündung gilt damit als typische Kleinkinderkrankung, die spätestens im jungen Erwachsenenalter nur mehr selten auftritt. Grund dafür sind zum einen anatomische Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen. So ist im Kindesalter die Eustachische Röhre kürzer, weiter und gerader als bei Erwachsenen. Infektionen der Nase und Nasennebenhöhlen können sich dadurch schneller bis in das Mittelohr ausbreiten. Zum anderen sind Atemwegsinfektionen mit einer deutlichen Behinderung der Nasenatmung notwendige Voraussetzung für das Entstehen einer Mittelohrentzündung. Sie treten bei Kindern wesentlich häufiger auf als bei Erwachsenen. Über den äußeren Gehörgang kann eine Mittelohrentzündung nur entstehen, wenn das Trommelfell eine Öffnung aufweist, zum Beispiel durch das Einlegen von Paukenröhrchen oder eine Verletzung.
Eine akute Mittelohrentzündung verursacht starke Schmerzen, die von älteren Kindern meist als stechend oder pulsierend beschrieben werden. Viele Kinder halten dadurch den Kopf leicht schief und tolerieren keine Berührungen mehr am Ohr. Das Aufsetzen einer Mütze oder Untersuchungen am Ohr können unmöglich werden. Bei Babys ist eine Mittelohrentzündung oft schwieriger zu erkennen. Sie wirken jedoch meist deutlich krank, sind unruhig, weinen viel, trinken schlecht und leiden häufig auch unter Durchfall und Erbrechen. Das oft zitierte Anzeichen, dass sich Babys mit Ohrenschmerzen verstärkt an die Ohren fassen, wird von Kinderärzten hingegen nicht als sicheres Indiz gewertet. Sie raten deshalb, kranke Babys immer rasch kinderärztlich untersuchen zu lassen.
Bei den meisten Kindern sind die Ohrenschmerzen bei einer Mittelohrentzündung in den ersten 24 Stunden am stärksten und klingen in den folgenden drei bis sieben Tagen langsam ab. Klagt ein Kind über starke Ohrenschmerzen, können Eltern schnell und bereits vor einem Kinderarztbesuch ein Schmerzmittel geben. Das lindert nicht nur den akuten Schmerz, sondern verkürzt auch die Gesamtzeit der Schmerzen.
In den aktuellen Leit- und Richtlinien im europäischen Raum wird der Einsatz von Paracetamol oder Ibuprofen empfohlen. Eine Überlegenheit eines der beiden Wirkstoffe bei Ohrenschmerzen existiert nach derzeitigem Wissenstand nicht. Eltern können auf das zurückgreifen, was sie zu Hause vorrätig haben. Achtung: Für Kinder nicht geeignet ist Acetylsalicylsäure, da sie bei ihnen das seltene Reye-Syndrom auslösen kann.
Anders als in US-amerikanischen Leitlinien wird die Gabe von lokal wirksamen schmerzstillenden Ohrentropfen bei Kindern mit einer Mittelohrentzündung hierzulande derzeit nicht empfohlen. Begründet wird das mit der Möglichkeit, dass Ohrentropfen bei einem Trommelfellriss in das Mittelohr gelangen und dort eine sogenannte Labyrinth-Anästhesie mit Schwindel auslösen können. In der Fachwelt wird dies unterschiedlich bewertet. So argumentieren Befürworter des Ohrentropfen-Einsatzes, dass die Schleimhautschwellung das Eindringen in das Innenohr erschwert bis gänzlich verhindert. Darüber hinaus bleibt ein Trommelfellriss nicht unbemerkt. Es kommt zu einem plötzlichen und vollständigen Nachlassen des Schmerzes, wodurch eine weitere Schmerzbehandlung nicht mehr erforderlich ist. Zudem wirkt das austretende Sekret dem Eintritt von Ohrentropfen in das Innenohr entgegen. Einen deutlichen Mehrwert bieten schmerzstillende Ohrentropfen beim Faktor Zeit. Ihr Wirkeintritt ist im Vergleich zu oralem Paracetamol oder Ibuprofen deutlich schneller, wovon gerade Kinder profitieren. Derzeit befindet sich die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde in Überarbeitung, es bleibt somit abzuwarten, ob hier künftig eine Änderung eintritt.