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Restless-Legs-Syndrom

Hilfe bei »Zappel-Beinen«

Ruhelose Beine lassen die Nacht zur Qual werden. Grunderkrankungen wie Parkinson, ein starker Eisenmangel und einige Medikamente können der Störung zugrunde liegen. Die Therapie richtet sich nach den Ursachen, auch eine Umstellung der Lebensgewohnheiten kann helfen.
AutorKontaktNicole Schuster
Datum 07.06.2021  12:30 Uhr

Schätzungen zufolge spüren drei bis zehn von 100 Menschen regelmäßig einen unkontrollierbaren Bewegungsdrang der Beine. Frauen sind häufiger als Männer betroffen, auch Kinder können unter ruhelosen Beinen leiden. Experten sprechen dabei vom Restless Legs Syndrom (RLS), einer neurologischen Erkrankung. Leitsymptom ist ein unangenehmes, teilweise sogar schmerzendes Unruhegefühl in den Extremitäten, das vor allem abends und nachts in Ruhe auftritt. Kommen die Patienten dem starken Bewegungsdrang nach oder dehnen sich ausgiebig, bessern sich die Beschwerden. Nachts können die Symptome so quälend sein, dass sie vom Schlafen abhalten und Betroffene ruhelos in der Wohnung umherwandern. Am nächsten Tag sind sie dann unausgeruht, müde und angespannt. Bei längerer Krankheitsdauer treten die Beschwerden auch bei Ruhepausen tagsüber auf und können eine lange Autofahrt, Besprechungsmarathons oder einen Kinobesuch zur Qual oder gar Unmöglichkeit werden lassen. »Die Symptomatik führt dazu, dass die Krankheit gerade bei Kindern oft nicht erkannt und zum Beispiel fälschlicherweise ein Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert wird«, sagt Professor Dr. med.

Claudia Trenkwalder, Chefärztin und Leiterin der Paracelsus-Elena-Klinik Kassel, gegenüber PTA-Forum.

Vererbung wahrscheinlich

Welche Ursachen dem RLS zugrunde liegen, ist noch nicht restlos geklärt. Vermutlich spielt eine genetische Disposition eine Rolle. Pathophysiologisch nehmen Wissenschaftler ein Ungleichgewicht verschiedener Neurotransmittersysteme, insbesondere des Dopaminstoffwechsels, an sowie eine gestörte Sauerstoffversorgung der betroffenen Extremitäten. »Auch der Eisenstoffwechsel ist beteiligt«, sagt die Neurologin aus Kassel. »Bei einem starken Eisenmangel können Patienten ein RLS entwickeln.« Fortgeschrittene Nierenschwäche, Schädigungen von Nerven oder Gelenken oder bestimmte Grunderkrankungen wie Parkinson können ebenfalls ein sekundäres RLS auslösen. »Wichtig ist auch zu wissen, dass das RLS als vorübergehende Schwangerschaftserscheinung auftreten kann«, sagt die Expertin. Frauen, die erstmalig in der Schwangerschaft darunter leiden, werden die Beschwerden nach der Entbindung meist spontan wieder los. Einige Medikamente aus der Gruppe der Antidepressiva und Neuroleptika können ebenfalls ein RLS mit sich bringen.

An Ursache orientieren

Kann der Arzt eine Ursache für das RLS feststellen, kann er sie adäquat behandeln. Bei einem Eisenmangel bedeutet das zum Beispiel, das Spurenelement zuzuführen. Nehmen die Betroffenen Medikamente ein, die ein RLS auslösen oder verstärken können, ist zu klären, ob diese ersetzt oder abgesetzt werden können.

Da die Pathophysiologie der Erkrankung noch weitgehend unbekannt ist, sind die zugelassenen Therapiemöglichkeiten begrenzt. Die medikamentöse Therapie ist bei hohem Leidensdruck der Patienten indiziert. Typischerweise erfolgt die Behandlung mit Arzneimitteln, die auch gegen Parkinson zum Einsatz kommen. RLS ist wahrscheinlich ebenso wie das Parkinson-Syndrom eine neuronal bedingte Bewegungsstörung. Erleichterung verschaffen können L-Dopa sowie Dopamin-Agonisten, die dafür sorgen, dass der Dopamin-Stoffwechsel im Gehirn normalisiert wird. L-Dopa ist in Kombination mit Benserazid (Restex®) zur Therapie des RLS zugelassen, auch einige Dopaminagonisten haben eine Zulassung in Deutschland für diese Indikation. Bei RLS reicht anders als bei Parkinson in der Regel die Einnahme einmal am Tag abends. Bei der Abgabe von L-Dopa ist der Hinweis wichtig, dass es nicht zusammen mit proteinreicher Nahrung eingenommen werden sollte, um die Resorption nicht zu beeinträchtigen. Auch sollten Patienten das Präparat nicht abrupt absetzen, wenn sie es in hoher Dosis eingenommen haben, da sonst ein malignes L-Dopa-Entzugssyndrom mit extremer Muskelsteifigkeit und Hyperthermie bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen auftreten kann. Wegen den zahlreichen Neben- und Wechselwirkungen ist L-Dopa heute nicht mehr Mittel der ersten Wahl beim RLS.

Angemessen dosieren

Von den Dopaminagonisten sind für das RLS in Deutschland drei zugelassen: Pramipexol (Sifrol®), Ropinirol (Adartrel®) und Rotigotin (Neupro®). Rotigotin steht als transdermales therapeutisches System zur Verfügung und setzt den Wirkstoff kontinuierlich über den ganzen Tag frei. Es eignet sich somit besonders für Menschen, die den ganzen Tag über Symptome haben. Die geeignete Dosis ist für jeden Patienten individuell zu finden. »L-Dopa und Dopamin-Agonisten in so niedriger Dosierung wie möglich verabreichen«, empfiehlt Trenkwalder. »Bei zu hoher Dosierung werden die Nebenwirkungen stärker und es entsteht eine sogenannte Augmentation. Dabei verschlechtern sich paradoxer Weise die ursprünglichen Symptome.«

Zu den unerwünschten Wirkungen zählen Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen und in seltenen Fällen Blutdrucksenkungen. Bei einigen Patienten können sie in einer höheren Dosis auch zu Verhaltensänderungen führen und die Impulskontrolle senken. Süchte wie Spiel-, Kauf- oder Sexsucht können die Folge sein und erfordern in der Regel einen Therapieabbruch.

Weitere Optionen

Vertragen Patienten diese Medikamente nicht oder verschaffen sie ihnen keine ausreichende Linderung, kann der Arzt einen Therapieversuch mit anderen Arzneimitteln unternehmen, etwa mit Pregabalin, Gabapentin oder Opioiden.

Bei den Opioiden liegen die besten Erfahrungen mit Oxycodon und Tramadol vor, wobei Oxycodon kombiniert mit dem peripheren Opioid-Antagonisten Naloxon (Targin® Retardtabletten) auch zur Behandlung von Patienten mit schwerem bis sehr schwerem RLS zugelassen ist. Für andere Opiate liegen nur wenige Daten vor, obwohl die stark wirksamen Schmerzmittel in der Praxis bei RLS häufig verwendet werden und insbesondere nützlich sind, um eine Augmentation zu behandeln.

Auch stellen sie eine Behandlungsalternative zu Dopaminergika dar. Alternativ sind Pregabalin und Gabapentin-Enacarbil in kontrollierten Studien bisher am besten untersucht. Gabapentin-Enacarbil ist ein Prodrug von Gabapentin in retardierter Form und in Deutschland nicht zugelassen. »Bei Gabapentin und Pregabalin gilt im Gegensatz zu den Dopamin-Agonisten, dass die Dosis durchaus hoch gewählt sein sollte«, erklärt die Neurologin. »Auch bei Einschlafstörungen im Zusammenhang mit RLS hilft Pregabalin gut.«

Bevor diese stark wirksamen und nebenwirkungsreichen Medikamente zum Einsatz kommen, sollten Patienten versuchen, das Problem durch eine gesündere Lebensweise in den Griff zu bekommen, was bei leichten Symptomen auch möglich ist. »Bewegung hilft«, weiß Trenkwalder. »Wer sich nachmittags bewegt, sorgt für eine bessere Durchblutung der Beine und kann der nächtlichen Ruhestörung dadurch vorbeugen.«

Auch diese Tipps kann die PTA Betroffenen mitgeben: auf eine ausreichende Eisenzufuhr in der Ernährung achten, Vitamin C fördert die Aufnahme; beim Arzt regelmäßig die Eisenwerte (Ferritin) kontrollieren lassen; den Konsum an Alkohol reduzieren, da das Genussmittel das RLS verschlechtert. Wechselduschen, Fußbäder, Massagen oder Bürsten der Beine können ebenso guttun wie Gymnastikübungen und Dehnen.

Zu empfehlen sind auch möglichst feste Schlafenszeiten. Koffeinreiche Getränke nicht zu spät am Tag konsumieren, da sie sonst den Nachtschlaf beeinträchtigen können. Beruhigend wirkende Phytopharmaka mit Baldrian, Passionsblume, Hopfen, Melisse oder Lavendel/Lavendelöl können helfen, abends zur Ruhe zu kommen. 

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